Kommunales

Eine gasisolierte Erdverkabelung in Tunnelbauweise – diese Bauart soll Wartungsarbeiten erleichtern. Foto: Siemens

08.02.2019

Der schwierige Weg unter die Erde

In zahlreichen Orten blockieren Anwohner und Lokalpolitiker oberirdische Stromtrassen – der Freistaat will ihnen beispringen, doch der Bund bremst sie aus

In einer Vielzahl von Gemeinden im Freistaat gibt es Proteste gegen oberirdische Trassen. Auch das FW-geführte Landeswirtschaftsministerium will sich nach eigener Aussage weiter für Erdverkabelungen in „sensiblen Bereichen“ einsetzen. Doch in der Praxis werden Befürworter solcher Projekte in Bayern bislang offenbar vom Bund ausgebremst. Das Beispiel Simbach zeigt, wie schwer es Erdkabel-Befürworter haben.

Bisweilen dauert es, bis Bewegung in die Sache kommt. So sehen das manche im niederbayerischen Simbach. Seit anderthalb Jahren wehrt sich dort eine Initiative gegen eine Stromtrasse. Ohne Erfolg. Trotzdem herrscht Hoffnung. Als man sich vor knapp zwei Wochen an einem Montagabend in einem Gasthaus traf, sei der Raum „bumpvoll“ gewesen, sagt ein Teilnehmer. Ein Grund: Auf dem Treffen wurde ein neues Gutachten präsentiert. Es soll zeigen, dass die bisherigen Planungen nicht ausreichen – und die Freileitung auch unter der Erde verschwinden könnte. Wenn sie denn darf.

„Der Bund müsste ein Pilotprojekt ausweisen“

Am Projekt mit der Leitungsnummer B 153 zeigt sich, wie kompliziert Energiepolitik sein kann. Die 380-Kilovolt-Leitung soll von Altheim bei Landshut nach Österreich führen. Dass sie nötig ist, wird nicht bestritten. Anders sieht es beim Wie aus. Die Planungen der Firma Tennet sehen vor, die Leitung oberirdisch um Simbach herumzuführen. Die Trassengegner sähen sie lieber unterirdisch auf direktem Weg verlegt, um die Landschaft zu schonen.

Eine Erdverkabelung wiederum hat Tennet in den Planungen erörtert, aber verworfen – auch weil das rechtlich nicht zulässig sei. Auch das FW-geführte bayerische Wirtschaftsministerium verweist darauf, dass eine Erdverkabelung im Drehstrombereich nur möglich sei, wo der Bund ein Pilotprojekt ausweise. Ein solches gebe es in Bayern nicht. „Der jeweilige Vorhabenträger hat damit keine Möglichkeit, eine Erdverkabelung zu planen“, heißt es beim Ministerium.

Aus Sicht der Simbacher wurde eine Erdverkabelung trotzdem nicht ausreichend geprüft. Ein Argument sieht sie in jenem Gutachten von Rolf Witzmann, Professor an der Technischen Universität München. Das Bündnis hat es in Auftrag gegeben. Das Papier greift Punkte der bisherigen Planungen auf, darunter die Kosten. Der Bau von Erdkabeln ist geschätzt um den Faktor vier bis zehn teurer. Dafür wäre im Fall Simbach die Erdleitung kürzer als die Freileitung, nämlich fünf statt 13 Kilometer. So relativiere sich der Kostenfaktor, schreibt Witzmann. Weitere Vorteile von kurzen Erdkabelstrecken: eine geringere Anfälligkeit gegenüber Störungen sowie die „geringe Wahrnehmbarkeit und damit meist höhere Akzeptanz in der Bevölkerung“.


Es werden auch mögliche Nachteile aufgezählt wie längere Reparaturzeiten. Witzmann empfiehlt weder das eine noch das andere, sondern: dass „ergebnisoffen“ geprüft werde.


Die Tennet konnte das Gutachten noch nicht auswerten. Ein Unternehmenssprecher verweist aber auf die unveränderte Rechtslage. Und auf Dörpen am Niederrhein. Nahe der niederländischen Grenze setzt die Tennet derzeit ein Pilotprojekt zur Erdverkabelung um. Auf Bildern ist zu sehen, dass die Türme der Kabelübergangsanlage bereits gesetzt wurden. Solche Anlagen sind laut einer Tennet-Broschüre dort nötig, wo die Kabel zwischen Erd- und Freileitung wechseln. Dafür werde jedes Mal „eine relativ große Fläche“ benötigt, je nach Ausstattung zwischen einem halben bis einem Hektar.


In Simbach kennt man das niedersächsische Projekt. In dem neuen Gutachten sieht man sich bestätigt, dass so etwas auch in Niederbayern möglich sein könnte. 

Auch in Schwandorf gibt
es massive Diskussionen


Für die Initiative wäre es indes schon ein Erfolg, würden die Planungen neu aufgerollt. An jenem Montagabend richtete sie eine entsprechende Verwaltungspetition an die Regierung von Niederbayern. Zudem haben Vertreter im Wirtschaftsministerium vorgesprochen, die Gesprächsatmosphäre soll konstruktiv gewesen sein. Der neue Amtschef Hubert Aiwanger (Freie Wähler) gilt als Stromtrassenskeptiker. Vor Kurzem besuchte er Wurmannsquick, wo Bauern ebenfalls für eine Erdverkabelung kämpfen. „Hier muss etwas vorwärtsgehen“, sagt er anschließend gegenüber der Passauer Neuen Presse.

Worte, die die benachbarten Simbacher aufhorchen ließen. Vergleichbare Bemühungen gibt es auch andernorts in Bayern, etwa in Schwandorf. Trotzdem wirkt die Situation festgefahren. Laut Wirtschaftsministerium seien Vorstöße beim Bund bislang erfolglos verlaufen. Man werde sich weiter für Erdverkabelungen in „sensiblen Bereichen“ einsetzen. In Simbach haben sie trotzdem Hoffnung auf Erfolg. Die Chancen, sagt ein Sprecher, seien noch nie so gut gewesen. (Maximilian Gerl)

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