Kommunales

Mehr Waffen, mehr Soldaten: Der neue Kalte Krieg der Nato mit Russland fordert seinen Tribut. (Foto: dpa)

14.10.2016

Die US-Army rüstet wieder auf in Mittelfranken

Die Bürgermeister freuen sich über die mit der massiven Truppenverstärkung verbundene zusätzliche Kaufkraft, doch die Einwohner haben Angst vor dem Fluglärm

Bislang wollte die US-Army noch nicht sagen, wo genau ihre rund 2000 zusätzlichen Soldaten in Mittelfranken genau stationiert werden. 1700 GI’s, der Löwenanteil der Einheiten, wird wohl nach Illesheim im Landkreis Neustadt a. d. Aisch-Bad Windsheim verlegt. Nach Ansbach kommen dagegen nur 100 neue Soldaten.

Ukraine-Konflikt, Cyber-War im Internet: Gut 25 Jahre Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem Ende des Ost-West-Konflikts ist der Kalte Krieg zurückgekehrt nach Europa, die Nato und ganz speziell die USA sieht Russland inzwischen wieder mehr als Gegner denn als Verbündeten – und verstärkt dementsprechend ihre Truppen, auch und vor allem in Bayern.

Unter Friedensaspekten mag das weniger schön sein – doch für die Kommunen, in denen die Soldaten stationiert werden, freut man sich in den Rathäusern – bedeuten die Uniformierten doch auch zusätzliche Kaufkraft. Nicht zuletzt könnten damit – zumindest teilweise – die mit der im Zuge der Wehrpflichtaussetzung verbundenen Schließungen zahlreicher Bundeswehrstandorte kompensiert werden.

Neue Aufgaben in Osteuropa


Auch als Bundeslandwirtschaftsminister ist der aus der mittelfränkischen Gemeinde Obernzenn stammende Christian Schmidt (CSU) nach wie vor in der Verteidigungspolitik, seinem früheren Tätigkeitsgebiet als außen- und sicherheitspolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, zuhause. Sogar der Wahlkreis des Vorsitzenden der renommierten Deutschen Atlantischen Gesellschaft liegt in direkter Nachbarschaft zu den beiden US-Kasernen in Franken, die 2000 zusätzliche Soldaten als sogenannte rotierende Einheiten für neue Aufgaben in Osteuropa bekommen sollen.

Gegenüber der Staatszeitung hat der Minister das Geheimnis gelüftet. Demnach verlegen die USA den Großteil des neuen Truppenkontingents nach Illesheim bei Bad Windsheim. Dort sollen laut Schmidt rund 1700 Soldaten stationiert werden. Lediglich rund 100 zusätzliche Soldaten sollen dagegen in die US-Kaserne nach Ansbach-Katterbach entsendet werden. Auf Nachfrage wollte der Sprecher der dort stationierten 12. Heeresflieger-Brigade die Zahlen allerdings offiziell nicht kommentieren.

Ob bei der Entscheidung der Amerikaner die Akzeptanz der Bevölkerung – anders als jene der Kommunalpolitiker – berücksichtigt worden ist, darf jedoch bezweifelt werden. Speziell in Ansbach wehrt sich eine Bürgerinitiative gegen die angekündigte Truppenerhöhung. In der mittelfränkischen Bezirkshauptstadt gibt es seit fast zehn Jahren viel Kritik an der US-Kaserne.

Bürgerinitiative fordert strengere Auflagen


Die dortige Bürgerinitiative „Etz langt’s“ hat, wenig überraschend, auch die geplante Truppenverstärkung wegen einer befürchteten „massiven Mehrbelastung für die Bevölkerung durch Fluglärm und Abgase“ kritisiert. Zusätzlich zu den Soldaten soll nämlich auch neues Fluggerät nach Franken verlegt werden. Die Bürgerinitiative fordert deshalb strengere Auflagen – beispielsweise für Nachtflüge für die Hubschrauber vom Typ „Apache“ oder „Black Hawk“.

Im kleinen Illesheim mit seinen nur knapp 900 Einwohnern freut man sich dagegen offensichtlich über die Pläne der US-Armee. „Bei uns ist die Bevölkerung nicht so negativ eingestellt wie in Ansbach. Unser Bürger wissen, dass der US-Standort ein großer Wirtschaftsfaktor für unsere Gemeinde ist“, sagt Bürgermeister Heinrich Förster (parteifrei) im Hinblick auf die erhöhte Kaufkraft und zusätzliche Schlüsselzuweisungen.

Seit Kriegsende 1945 vor 70 Jahren würde Illesheim „gut von und mit den Amerikanern“ leben. Der 1000-Seelen-Ort habe dadurch viele finanzielle Vorteile. „Goldene Wasserhähne“ gebe es freilich trotzdem nicht. „Wir haben das Geld in die Infrastruktur gesteckt“, versichert der Bürgermeister. Durch die zusätzlichen Mittel könnten beispielsweise erschlossenes Bauland günstiger angeboten werden. Derzeit sei eine Helikopter-Einheit mit rund 450 US-Soldaten in der ehemaligen Kaserne der Wehrmacht in Illesheim stationiert.

In Illesheim wohnen keine Familien mehr


Hintergrund: Seitdem US-Präsident Barack Obama das Prinzip der rotierenden Einheiten im April letzten Jahres in Übersee eingeführt hat, wohnen in Illesheim keine Familien mehr. Auch aus Ansbach sind zahlreiche Angehörige der Truppe nach Amerika zurückgegangen. Insgesamt sollen aus Franken bislang rund 2800 Familienmitglieder wieder in die Heimat geflogen sein. Regelmäßig geöffnet habe in dem kleinen Ort nur noch eine Pizzeria.

Wohl auch deshalb sieht der Bürgermeister der massiven Truppenerhöhung freudig entgegen. „Ich fahre lieber an einer beleuchteten als an einer dunklen Kaserne vorbei.“ Die meiste Zeit seien die zusätzlichen Soldaten mit ihren rotierenden Einheiten sowieso auf Truppenübungsplätzen in Osteuropa unterwegs, ist sich der Bürgermeister sicher.

Probleme mit der Kaserne gibt es freilich auch in Illesheim. Der Bürgermeister setzt deshalb auf einen „guten Draht“ zu den Streitkräften vor Ort, um „kleinere Problemchen“ zu lösen. „Wenn man ein gutes Verhältnis hat, kann man viel auf dem kleinem Dienstweg klären“, ist Heinrich Förster überzeugt.

Viele Soldaten müssten sich erst an die kleineren Maßstäbe in Franken gewöhnen. Neuankömmlinge flögen manchmal mit ihren Hubschraubern zu nah an oder über kleine Ortschaften im idyllischen Aischgrund hinweg. Auch auf dem Boden müssten sich die Soldaten erst an die kurvenreichen, kleinen Landstraßen gewöhnen.
Bundesminister Christian Schmidt kennt die Konflikte zwischen Armee und Bevölkerung gut und fordert daher die zuständigen amerikanischen und deutschen Behörden auf, dass sie „die Bevölkerung im Vorfeld der zunehmenden Flugtätigkeiten ausreichend informieren und die Lärmbeeinträchtigungen auf das Notwendigste minimieren“. Transparenz sei das Gebot der Stunde. „Über diese Fragen werde ich als zuständiger Wahlkreisabgeordneter Gespräche auch mit den US-Streitkräften führen“, kündigt Schmidt an.
(Nikolas Pelke)

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