Kommunales

Neuerdings muss Hausmüll komplett den Kommunen überlassen werden. (Foto: DAPD)

13.07.2012

Diffuse Rechtslage in einem umkämpften Markt

Das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz stößt auf breite Kritik

Das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz steht in der Kritik. Fünf Wirtschafts- und sechs Umweltverbände haben bei der Europäischen Kommission in Brüssel Beschwerden gegen das Regelwerk eingelegt. Vor allem die private Wirtschaft ärgert sich darüber, dass Kommunen künftig überdurchschnittlich stark begünstigen würden.
Gegen das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz ist vor allem der Bundesverband der deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE). Sein Präsident, Peter Kurth, warnt, mit dem neuen Gesetz habe man „eine Chance für den Recyclingstandort Deutschland vertan“. Er wie auch der Deutschland-Chef des Entsorgers Veolia, Thorsten Grenz, beklagen, dass die Abfallrahmenrichtlinie der Europäischen Union nicht konsequent umgesetzt worden sei. Diese, so ihre Kritik, räume dem Recycling Vorrang ein gegenüber dem Verbrennen von Abfällen. Und Grenz wird noch deutlicher. Das manager magazin zitiert ihn mit der Einschätzung, das Kreislaufwirtschaftsgesetz, schütze die kommunalen Verbrenner. Die könnten ihre „überdimensionierten“ Anlagen jetzt weiter „bequem auslasten“.


Zu viel wird verbrannt


Dabei ist privaten Entsorgern selbst das Verbrennen nicht unbekannt. Sie bringen einen schwer bezifferbaren Anteil der eingesammelten Abfälle zu diversen Öfen. Experten der Kommunen zitieren eine Studie, derzufolge 80 Prozent der über die gelben Säcke eingesammelten Kunststoffe im Feuer lande. Ein Sprecher des Dualen System Deutschland (DSD) räumte 2011 in der Frankfurter Rundschau ein, dass ein „Sortierrest“ von 20 bis 30 Prozent des eingesammelten Mülls verbrannt werde.
Bleibt der Vorwurf der unausgelasteten Verbrennungsanlagen. Überkapazitäten habe es früher gegeben, sagt der zweite Werksleiter des Abfallwirtschaftsbetrieb Stadt Nürnberg (ASN), Reinhard Arndt. Was die Anlage der ASN angehe, habe man „längst die Kirchturmpolitik überwunden“. Dort wird Müll aus Fürth, Schwabach und des Landkreises Nürnberger Land verfeuert.
Helmut Schmidt, zweiter Werkleiter des Abfallwirtschaftsbetriebs München (AWM), stellt fest, dass die kommunalen Verbrennungsanlagen ausgelastet wären, wenn die nicht mehr anders verwertbaren Gewerbeabfälle dort landen würden. Das mit den Müll aus den Betrieben sei eine „längst geschlagene Schlacht“, welche die Unternehmen klar gewonnen hätten. Die könnten bestimmen, wo sie ihren Müll entsorgen lassen und ihn zu der jeweils günstigsten Verbrennungsanlage fahren lassen, kritisiert Arndt, viele Betriebe hätten sich „weitgehend aus der Verantwortung“ gestohlen.
Dabei ist die Entsorgung von Gewerbeabfällen ein umkämpfter Markt. Bei der Produktion würde ein größerer Anteil sortenreiner Kunststoffe anfallen als bei den Haushalten, erklärt Schmidt. Dieses Marktsegment blieb bei der Neuregelung durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz unberührt. Neu ist sein Paragraph 17. Er regelt, dass Hausmüll grundsätzlich den Kommunen zu überlassen sei.
Der BDE sieht darin die privaten Entsorger in ihrer weiteren Entwicklung gebremst. Die Kommunen finden, dass damit die „Rosinen-Pickerei“ ein Ende habe. Unternehmen hätten bisher die Anteile der Entsorgung übernommen, die lukrativ waren, und falls das nicht mehr der Fall gewesen sei, habe man das Geschäftsfeld wieder aufgegeben. So sei „eine ökologisch hochwertige Entsorgung auf Dauer nicht möglich“, findet Schmidt. Das neue Gesetz regelt auch eine „Abfallhierarchie“. Paragraph 6 bestimmt die Reihenfolge der Maßnahmen. Ganz oben steht die Müllvermeidung und erst die letzte ist die Verbrennung. Der BDE bemängelt, dass dieser Reihenfolge keine klare Priorität eingeräumt werde. Schmidt verweist darauf, dass das Gesetz mit seiner Regelung für alle gelte, – „auch für die Kommunen“. Dabei sind die Vertreter der Städte und Gemeinden auch nicht glücklich mit dem Gesetz. Sie stören unbestimmte Rechtsbegriffe wie etwa jenen, was eine „hochwertige Verwertung“ genau sei.


Unklarheiten


Der Münchner Schmidt wird aufgrund der Unklarheiten des Gesetzes keine langfristigen Investitionen etwa in neuartige Sortieranlagen vorschlagen. Sein Nürnberger Kollege Arndt sieht bereits Probleme bei der Beschaffung neuer Müllfahrzeuge. „Es ist nicht geregelt, wer das in Zukunft macht“. Der BDE kritisiert ebenfalls Formulierungen des neuen Gesetzes. Nicht definiert sei, wann ein privater Anbieter „wesentlichen leistungsfähiger“ als ein kommunaler sei, wie es das neue Regelwerk für den Fall fordert, dass er statt der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz die Entsorgung übernehmen darf.
In einer Hinsicht sind sich die verschiedenen Seiten also einig: Das Gesetzes lässt zu wünschen übrig. (Peter Oberstein)

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