Kommunales

Das neue Sportschwimmbecken mit fünf Bahnen im Geretsrieder Hallenbad steht ab sofort zur Verfügung. (Foto: Schwenger)

22.10.2021

Ein Hallenbad, sieben Kommunen

Das von der Gemeinde Geretsried im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen angestoßene Projekt könnte zum Vorbild für ganz Bayern werden

Immer häufiger schließen in kleineren Kommunen aus Geldmangel Hallenbäder – zuletzt gab es bundesweit rund 80 Fälle im Jahr. Vielfach sind die Kosten für eine Stadt nicht mehr zu tragen. Gleichzeitig müssen Kommunen ab einer bestimmten Größe Schwimmunterricht anbieten. Die Lösung: Man teilt die Kosten – interkommunal.

Vor allem Instandhaltung, Sanierung oder gar Neubauten und die dauerhaften Defizite machen den Betrieb eines Hallenbads für viele Kommunen heute schwierig. Sich den Aufwand und Betrieb aber zu teilen wie in Geretsried im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, könnte eine langfristige und tragbare Lösung sein.

Insgesamt sieben Gemeinden finanzieren gemeinsam mit dem Landkreis in Geretsried das sogenannte interkommunale Hallenbad. Das auf den Schul- und Sportbetrieb ausgerichtete Bad wird betrieben von den Geretsrieder Stadtwerken. Das Bad wurde pünktlich zum Schulanfang Mitte September durch den Bürgermeister Geretsrieds, Michael Müller (CSU), feierlich eröffnet.


Für Schwimmsport, nicht als Spaß- und Erlebnisbad


Das Ergebnis sei ein „echtes Schmuckstück“, so Müller. „Dank an die Firma Bauconzept, die das Bad entworfen und das Projekt geleitet hatte. Gewinner sind die Bürger, Schüler und Vereine.“ Es sei eine Herausforderung gewesen, das Bad zu bauen, jedoch sei es eine noch größere, es zu betreiben. Er betonte, es sei „kein Freizeit- oder Erlebnisbad“. Schulen seien die Hauptzielgruppe. Allerdings wolle sich die Stadt noch Optionen für eine Sauna und die Gestaltung der Außenflächen offenlassen.

Mehr als 4100 Tage sind seit der grundsätzlichen Entscheidung zum Neubau des interkommunalen Hallenbads vergangen. 2010 hatte sich der Stadtrat erstmals für einen Schwimmbadneubau ausgesprochen. 2011 folgte der Vorschlag von Landrat Josef Niedermaier (FW) für ein interkommunales Hallenbad im Norden des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen.

Nach umfangreicher Information und ausgiebiger Diskussion sagten die Gemeinden eine finanzielle Beteiligung zu. Erster Spatenstich war im April 2018, die Eröffnung war für 2020 vorgesehen.
Doch Insolvenzen, Corona und auf der Zielgeraden auch noch ein Brand im Edelstahlbecken verzögerten das Großvorhaben. Dies trieb die Kosten in die Höhe: Von 2017 noch geschätzten 15,3 Millionen Euro sind sie auf rund 18,8 Millionen Euro (Stand Juli 2021) gestiegen.

Partner bekommen Belegungszeiten


Die Partnerkommunen bekommen für ihre Investition Belegungszeiten für ihre Schüler*innen an Grund- und Mittelschulen zur Verfügung gestellt. Die Hälfte der Schulnutzung ist für die Kreisschulen reserviert, also Realschulen und Gymnasien. Geretsried selbst belegt als größte Stadt im Landkreis 17 Prozent der Schulschwimmzeiten. Rund ein Drittel der Belegungszeiten steht der Öffentlichkeit zur Verfügung, der Rest wird von Vereinen gebucht.

Insgesamt elf Mitarbeitende stehen für den Betrieb des Bades zur Verfügung. Die vier Becken haben zusammen 1400 Kubikmeter Wasser: das 25 Meter lange Schwimmer- und Wettkampfbecken mit einer Tiefe von zwei Metern (Hubboden), das Springerbecken mit Sprunghöhen von ein und drei Metern sowie 3,8 Metern Tiefe, das Nichtschwimmerbecken mit 0,80 bis 1,25 Metern Tiefe sowie das Kinderplanschbecken. Das Schwimmer- und das Springerbecken werden am Tag sechsmal umgewälzt und gefiltert. Im Nichtschwimmerbecken sind sechs Sprudelplätze und mehrere Massagedüsen integriert.

Das Hallenbad ist vorbildlich nach neuesten energetischen Kenntnissen konzipiert: LED-Beleuchtung mit automatischer Steuerung, entwärmtes abgebadetes Wasser mit Filterrückspülung, geregelte Zu- und Abluftanlagen mit Wärmetauscher, Abwasser-Wärmerückgewinnung, wassersparende Armaturen mit Selbstschluss, Umwälzpumpen der Heizung mit Frequenzregelung, Badewasserpumpen mit Frequenzregelung (gesteuert durch Hygieneparameter); eine Photovoltaikanlage mit 80 kWp kommt auch dazu.


Parkdeck mit 231 Plätzen auf acht Ebenen

Der Eintritt fürs Hallenbad wird gestaffelt: Die Einzelkarte beträgt von 3,50 Euro (eine Stunde) bis sechs Euro (drei Stunden) für einen Erwachsenen, die Einzelkarte für Kinder von fünf bis zwölf Jahren kostet von 1,50 Euro (eine Stunde) bis vier Euro (drei Stunden). Es gibt auch günstigere Zehner-Karten. Um diese Preise zu halten, tragen die Partnerkommunen das Betriebskostendefizit mit – aus Steuergeldern natürlich. Würde man wirtschaftlich planen, müsste der Badbesuch in Geretsried 17 Euro pro Person kosten.

Für den Vereinssport und sogenannte Drittnutzer gelten grundsätzlich ab 1. Januar 2022 folgende Regelungen: Nutzung aller vier Becken 360 Euro, das fünfbahnige Schwimmerbecken kostet pro Stunde 180 Euro (eine Bahn 36 Euro), das Sprungbecken und das Lehrschwimmbecken je 90 Euro pro Stunde. Die vier Geretsrieder Wassersportvereine (DLRG, WSV, Reha-Sportfreunde und Tauchclub Oberland) erhalten ein freies Grundkontingent. Einen Förderantrag kann jeder gemeinnützige Verein stellen.

Für Badbesucher hat die Stadt Geretsried direkt daneben gleichzeitig ein Parkdeck mit acht Ebenen und 231 Stellplätzen (davon zwölf mit E-Ladesäulen) errichtet. Ob nun Schulkinder, Sportfreunde oder Familien: „Die Besucher werden in diesem Bad ihre Freude haben“, ist sich der Geretsrieder Bürgermeister sicher.

Auch für behinderte Menschen nutzbar


Das Schwimmbad ist auch für behinderte Menschen gut zu nutzen, denn von der Kasse aus ist ein rollstuhlgerechter Zugang in den Nassbereich möglich. Außerdem gibt es einen hydraulischen Hebesitz für Körperbehinderte.

Beteiligt an den Investitionskosten sind der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen sowie die Städte und Gemeinden Geretsried, Wolfratshausen, Dietramszell, Egling, Eurasburg, Icking, Königsdorf und Münsing. An den Betriebskosten – das jährliche Defizit, abzüglich der Eintritte und Gebühren, wird geschätzt auf 641 000 Euro – beteiligt sich Icking nicht, das trägt die Stadt Geretsried mit.

Der Freistaat fördert das Hallenbad mit rund 4,2 Millionen Euro, die Stadt Geretsried trägt als Bauherrin und Eigentümerin den größten Teil und investiert rund 13 Millionen Euro. Die Anteile der Investitionskosten der kommunalen Partner betragen insgesamt knapp 1,4 Millionen Euro. Die Betriebskosten werden fix auf zehn Jahre auf alle Träger verteilt. Im Detail betrifft das den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen mit 825 000 Euro, die Stadt Wolfratshausen mit knapp 250 000 Euro, ferner die Gemeinden Dietramszell mit knapp 72  000 Euro, Egling mit 70 000 Euro, Königsdorf mit 58 000 Euro, Eurasburg und Münsing mit je 39 000 Euro und Icking mit 37 000 Euro. (Sabrina Schwenger)

 

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