Kommunales

Dauert meist etwas länger: das Volltanken eines Elektroautos. (Foto: dpa)

16.02.2018

Ein Megaproblem für Kommunen

Elektroautos werden als Zukunftslösung propagiert – doch die Stromnetze sind darauf längst nicht vorbereitet

In 20 Jahren wird jedes dritte Auto in Bayern ein E-Mobil sein – worauf das Netz aber nicht ausgelegt ist. Die Stadtwerke haben ein Problem.
Rund 80 000 Elektroautos rollen derzeit durch Bayern – weniger als ein Prozent aller Pkw zwischen Aschaffenburg und Garmisch. Doch angeblich sollen es kontinuierlich mehr werden. Die Technische Universität (TU) München hat ausgerechnet, dass 2035 jedes dritte Auto im Freistaat über einen E-Antrieb verfügt. Das wären dann mehr als 2,5 Millionen Pkw. Ökologisch klingt das gut – doch schickt die TU in ihrer Studie eine hinterher: Wenn ein Großteil dieser Fahrzeuge gleichzeitig auflädt – beispielsweise zum Wochenende oder vor Ferienbeginn – dann sind die meisten städtischen Stromnetze auf diese Belastung nicht vorbereitet. Sie könnten zusammenbrechen: Blackout.

Der norwegische Städtebund – das Land ist europaweit Vorreiter bei der E-Mobilität – warnte aus genau diesem Grund übrigens kürzlich die Bürger vor dem Kauf neuer Elektroautos. Obwohl es die größte Herausforderung beim Umstieg auf E-Mobilität sein dürfte, wird das derzeit kaum thematisiert. Kritiker der Mobilitätswende beanstanden eher den vergleichsweise hohen Preis eines E-Autos, die geringe Reichweite und das unzureichende Netz an Ladestationen.

Doch diese Front bröckelt. Einige Hersteller, vor allem außereuropäische, bieten inzwischen Modelle an zum Preis von weniger als 20 000 Euro. Die Reichweite liegt mittlerweile bei rund 500 Kilometern, das ist von München nach Würzburg und wieder zurück. Und Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU) hat versprochen, an allen Behörden ein Netz von zusätzlich 190 Ladestationen zu installieren.

Bleibt das Problem der Netzkapazität. Das Aufladen dauert an der heimischen Steckdose zehn bis zwölf Stunden, an öffentlichen Ladestationen zwei bis drei Stunden. Nur an einem sogenannten Tesla-Supercharger ist man nach rund 20 Minuten fertig, aber davon gibt es nur wenige. Doch wenn eben die meisten Menschen zwischen 18 und 20 Uhr nach Hause kommen und dann ihr E-Auto anstöpseln, gibt es ein Problem. Die Ladeleistung beträgt rund 20 Kilowatt, die Batteriekapazität beträgt etwa 80 Kilowattstunden. Was das bedeutet, kann man sich am Beispiel von Augsburg ausrechnen. Im Jahr 2016 verbrauchte die Fuggerstadt mit ihren gut 280 000 Einwohnern insgesamt etwa 1,7 Milliarden Kilowattstunden Strom. Treten die Prognosen der TU München ein, würden die Augsburger 2035 etwa 80 000 E-Autos fahren – also so viele, wie sich heute auf ganz Bayern verteilen.

Natürlich bereite man sich technologisch auf diese Herausforderung vor, versichert Jürgen Fergg, Pressesprecher der Augsburger Stadtwerke. Aber für die kommunalen Unternehmen allein sei eine solche Herausforderung nicht zu bewältigen. Ob es tatsächlich in wenigen Jahren schon so viele E-Autos geben wird wie von der TU München prognostiziert, bezweifelt der Stadtwerkevertreter. Zum einen seien viele Bestandteile der Batterien knapp und teuer, zum anderen gebe es auch andere vielversprechende Antriebsformen. Beispielsweise Gas, hier gehört Augsburg mit seiner ÖPNV-Flotte zu den bayernweiten Vorreitern.

Grundsätzlich für Lösungen im Bereich der Netzkapazität herausgefordert, so Jürgen Fergg, seien vor allem die Übertragungsnetzbetreiber. Wie die in Bayern dominierende Firma Tennet TSO mit Sitz in Bayreuth, das Tochterunternehmen eines niederländischen Konzerns. Man habe im vergangenen Jahr bereits ein Pilotprojekt gestartet, versichert Firmensprecher Markus Lieberknecht. Die Idee: Regionalen Netzbetreibern durch intelligente IT-Systeme den permanenten Zugriff auf die Batterien der Elektroautos zu ermöglichen. „So können Sie Ihr Auto eben nicht nur daheim aufladen, sondern auch, wenn es von 9 bis 17 Uhr auf dem Firmenparkplatz steht“, erläutert Lieberknecht. „Am Ende hätten wir in Bayern riesige virtuelle Kraftwerke“, schwärmt der Tennet-Sprecher. (André Paul)

Kommentare (1)

  1. alexander p. am 16.02.2018
    Was für Fantasten. Ladestationen beim Arbeitgeber......
    Ich habe mal bei meinem Arbeitgeber (große gesetzliche Krankenkasse in München) angefragt, wie es denn mit Ladestationen für Elektroautos in unserer riesigen Tiefgarage aussehen würde. Antwort:"Gibts nicht". Thema für mich erledigt. Also weiterhin mit dem Sozialschlauch pendeln. Ich kann die Antwort ja auch verstehen. Wir sind nur zur Miete in einem riesigen Bürokomplex. Da müsste der Vermieter die Tiefgarage umrüsten. Noch dazu sind hier mehrere Firmen vertreten. Die haben ja Extra-Parkplätze. Das wäre für den Vermieter eine riesige Investition ohne Mehrwert.
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