Kommunales

Das Risiko für die Bevölkerung in Bayern, sich mit dem neuartigen Coronavirus zu infizieren, wird derzeit als gering erachtet. (Foto: dpa)

28.01.2020

Erster Fall des Corona-Virus in Bayern

Patient wird medizinisch überwacht und ist isoliert. Ob sich im Umfeld des Betroffenen weitere Menschen infiziert haben, ist noch unklar

Der erste bestätigte Coronavirus-Patient in Deutschland ist ein 33-Jähriger aus Bayern. "Es geht ihm recht gut, gestern Vormittag hat er noch gearbeitet", sagte der Präsident des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Andreas Zapf. Der Mann habe sich bei einem chinesischen Gast seiner Firma angesteckt. Er liegt derzeit auf der Isolierstation im Münchner Klinikum Schwabing in einem Zimmer mit Schleuse. "Er ist fieberfrei, hat auch derzeit keine Atemwegssymptomatik mehr", sagte Clemens Wendtner, Chefarzt im Klinikum.

Zunächst gab es keine weiteren Verdachtsfälle, bei denen Menschen bereits Symptome zeigten. Die Behörden seien damit beschäftigt, herauszufinden, mit wem die beiden Mitarbeiter der Firma Webasto Kontakt hatten. Das müsse jetzt "ganz rasch" gehen. Enge Kontaktpersonen wie Familienmitglieder und Kollegen des 33-Jährigen sind aufgerufen, zu Hause zu bleiben.

Derzeit würden 40 Kontaktpersonen in der Firma und der Familie überprüft, sagte der Leiter der Taskforce Infektiologie, Martin Hoch. "Die Zahl kann noch steigen." Unter Beobachtung steht auch ein Kindergarten: Der Erkrankte stamme aus dem Landkreis Landsberg am Lech und hat den Angaben zufolge Kinder in dem Kindergarten.

Kontakt mit einer Chinesin

Der 33-Jährige habe an einer Schulung seiner Firma Webasto teilgenommen, an der auch eine Kollegin aus dem Werk des Unternehmens in Shanghai teilgenommen habe, hieß es weiter. Die Frau habe vor ihrer Reise nach Deutschland Besuch von ihren Eltern gehabt, die aus der besonders betroffenen Region Wuhan stammen. Sie sei am 23. Januar wieder zurückgeflogen und habe sich auf dem Heimweg krank gefühlt. Sie befindet sich nach Angaben von Webasto ebenfalls in stationärer Behandlung.

Die Chinesin und der deutsche Mitarbeiter hätten im Rahmen der Schulung in einer kleinen Gruppe zusammengearbeitet, sagte Martin Hoch. Die Ansteckung habe "in einem Intervall, in dem die Chinesin noch symptomfrei war", stattgefunden, sagte Landesamtspräsident Zapf. Das neuartige Coronavirus 2019-nCoV kann eine Lungenkrankheit auslösen, an der im Hauptverbreitungsland China bereits mehr als 100 Menschen gestorben sind - die meisten davon waren ältere Patienten mit schweren Vorerkrankungen. Übertragungen, bevor Symptome auftreten, gelten als sehr selten.

Besonders an dem Fall in Bayern ist auch, dass es einer von bisher erst drei bekannten Nachweisen weltweit ist, bei denen die Ansteckung außerhalb Chinas geschah. Bisher handelte es sich bei fast allen der rund 50 erfassten Infektionen in Frankreich, den USA, Thailand und anderen asiatischen Ländern um importierte Fälle. Die Betroffenen hatten sich bei einer Reise nach China infiziert. In Vietnam gab es den Behörden des Landes zufolge eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung außerhalb Chinas zwischen Vater und Sohn. In Japan wurde am Dienstag ein erster Fall einer Übertragung im Land gemeldet. Der Busfahrer in seinen 60ern habe Anfang des Monats zwei Gruppen chinesischer Touristen aus Wuhan gefahren, gab Gesundheitsminister Katsunobu Kato bekannt.

Dienstreisen nach China abgesagt

Den Mitarbeitern in der Stockdorfer Zentrale hat das Management von Webasto für diese Woche freigestellt, ob sie ins Büro kommen wollen, oder lieber zuhause arbeiten. Schon zuvor hatte das Unternehmen sämtliche Dienstreisen nach China für die nächsten zwei Wochen abgesagt.

Webasto ist ein großer Zulieferer für die Autoindustrie mit 13 400 Mitarbeitern und einem Umsatz von 3,4 Milliarden Euro im Jahr 2018. Weltweit hat das Unternehmen aus dem oberbayerischen Stockdorf mehr als 50 Standorte. In Deutschland gibt es laut Unternehmenswebsite noch weitere Standorte in den bayerischen Orten Gilching, Utting, Schierling, Hengersberg, Regensburg und Nürnberg sowie in Wörth (Rheinland-Pfalz) und Neubrandenburg in Mecklenburg-Vorpommern. In China gibt es demnach zwölf Standorte. Die wichtigsten Produkte des Unternehmens sind Panorama-, Schiebe- und Cabrio-Dächer sowie Standheizungen, Heizsysteme für Hybrid- und Elektrofahrzeuge sowie Klimasysteme.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) betonte am Morgen, der Fall zeige, "dass wir gut vorbereitet sind". Die Gefahr für die Gesundheit der Menschen in Deutschland bleibe auch nach Einschätzung des RKI weiterhin gering, sagte Spahn laut Mitteilung seines Ministeriums. In Europa waren zuvor drei Infektionen mit dem neuartigen Virus nachgewiesen worden. Alle betrafen Menschen in Frankreich, die zuvor in China gewesen waren.

Zahl der bekannten Erkrankungen weltweit: 4500

Die Gesamtzahl der weltweit bekannten Erkrankungen ist inzwischen auf mehr als 4500 gestiegen, nachdem das chinesische Staatsfernsehen am Dienstag einen Sprung um mehr als 1700 Fälle im Vergleich zum Vortag meldete. Allein in der besonders schwer betroffenen Provinz Hubei habe es auch 24 weitere Todesopfer gegeben, so dass landesweit mindestens 106 Menschen an der Lungenkrankheit gestorben seien.

Das neue Virus 2019-nCoV stammt ursprünglich vermutlich von einem Markt in der chinesischen Millionenstadt Wuhan, wo es wohl von dort gehandelten Wildtieren auf den Menschen übersprang. Eine schützende Impfung oder eine spezielle Therapie zur Behandlung der Erkrankung gibt es nicht. Die Symptome - darunter trockener Husten, Fieber und Atemnot - können aber mit Medikamenten abgemildert werden.

Nach derzeitiger Einschätzung von Experten verläuft die neuartige Lungenkrankheit offenbar in den meisten Fällen mild, möglicherweise sogar ohne Symptome. Der neue Erreger ist dem Virus hinter der Sars-Epidemie 2002/2003 sehr ähnlich. Damals hatte es nach Daten der Weltgesundheitsorganisation zwischen November 2002 und Juli 2003 neun Nachweise in Deutschland gegeben. Todesfälle gab es hier nicht.
(Britta Schultejans und Elke Richter, dpa)

Der Text wurde fortlaufend aktualisiert.

Chronologie des bayerischen Coronavirus-Falls 
In Bayern hat sich ein 33 Jahre alter Mann aus dem Landkreis Landsberg am Lech mit dem neuartigen Coronavirus infiziert. Er liegt auf der Isolierstation des Klinikums Schwabing in München. Hier der Infektionsweg nach bisherigen Erkenntnissen der bayerischen Gesundheitsbehörden.

- 16. Januar 2020: Eine chinesische Mitarbeiterin der Firma Webasto bekommt in Shanghai Besuch von ihren Eltern aus der vom neuen Coronavirus besonders betroffenen Region Wuhan.

- 19. bis 23. Januar: Die Chinesin (Alter unbekannt) hält sich im Hauptsitz ihrer Firma in Stockdorf im Landkreis Starnberg auf.

- 21. Januar: Die Frau nimmt an einem Seminar ihrer Firma teil, an dem auch der 33-Jährige aus Landsberg teilnimmt. Sie soll dabei noch keine Symptome gehabt haben.

- 23. Januar: Sie fliegt wieder zurück nach China und entwickelt auf dem Rückflug Symptome.

- 25./26. Januar: An diesem Wochenende entwickelt der 33-Jährige Symptome, ist krank.

- 27. Januar: Der 33-Jährige fühlt sich wieder fit und geht zur Arbeit. Am gleichen Tag bekommt die Firma in Stockdorf die Nachricht von der Coronavirus-Erkrankung ihrer Mitarbeiterin in China. Daraufhin wendet sich der Mitarbeiter an das Tropeninstitut, wo er positiv auf Coronavirus getestet wird. Um 20.30 Uhr erfährt der Präsident des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Andreas Zapf, vom ersten bestätigten Coronavirus-Fall in Deutschland. Um kurz vor Mitternacht informiert das Gesundheitsministerium die Öffentlichkeit.
(dpa)

Schutzmasken in einzelnen Apotheken Bayerns ausverkauft
Auch wenn Mediziner ihren Einsatz in Deutschland nicht für sinnvoll halten: In Bayern sind Atemschutzmasken in einzelnen Apotheken bereits ausverkauft. Er habe Entsprechendes von Betrieben in Unterfranken und München gehört, sagte ein Sprecher des bayerischen Apothekerverbandes am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Derzeit gebe es angesichts des Coronavirus eine verstärkte Nachfrage. Zudem sei es bei einigen Großhändlern schwierig, Nachschub zu bekommen. Auch der Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels bestätigte, dass einzelne Großhändler die Nachfrage aus den Apotheken nicht bedienen könnten.

Der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie, Bernd Salzberger (Universitätsklinikum Regensburg), hält nichts von der Anwendung der Masken: "Persönlicher Schutz ist im Augenblick vollkommen unsinnig", sagte er. Sogenannte chirurgische Gesichtsmasken sind dem Experten zufolge zudem eigentlich nicht zum Schutz vor Ansteckungen gemacht, sondern sollen verhindern, dass möglicherweise infektiösen Tröpfchen aus dem Atemtrakt von Chirurgen in das Operationsgebiet gelangen. Es ergebe Sinn, zum Beispiel als Grippekranker eine Maske zum Schutz anderer Menschen zu tragen. "Aber der Schutz vor einer Infektion von außen ist sehr, sehr schlecht damit", sagte Salzberger.
(dpa)

Kommentare (1)

  1. Alexander am 13.02.2020
    Schutzmasken helfen hier sehr wenig, da eine Übertragung durch
    Kontakt von Mensch und Material nicht ausgeschlossen ist.
    Ich selbst werde daher in den nächsten paar Wochen mich
    weniger unters Volk mischen.
    Die mögliche Ansteckungsgefahr bei Veranstaltungen u.a.
    bei Wahlen ist mir einfach zu groß.
    Spätestens zu Sommerbeginn dürfte der Spuk hoffentlich ein
    Ende haben.
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