Kommunales

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann präsentiert das künftige Ortseingangsschild der neu ernannten Großen Kreisstadt Erding. (Foto: STMI)

01.02.2013

Extra-Aufgaben, aber kein Extra-Geld

Erding ist die sechste bayerische Kommune seit der Gebietsreform 1972, welche den Titel "Große Kreisstadt" erringt

Zuletzt konnten sie sich in Erding freuen: Seit 1. Januar 2013 darf sich die 34 000 Einwohner starke Kommune im gleichnamigen Landkreis „Große Kreisstadt“ nennen. Noch als „1. Bürgermeister“ reiste Max Gotz (CSU) zu seinem Parteifreund, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und kehrte mit seinem neuen Titel „Oberbürgermeister“ zurück nach Hause. Das ist das sichtbarste Zeichen der neuen Würde. Außerdem empfängt die Autofahrer am Ortseingang künftig ein Schild mit der Bezeichnung „Große Kreisstadt“. Erding ist politisch aufgewertet und eine Reihe weiterer Städte vor allem in Oberbayern stehen dafür in den Startlöchern, hier wächst die Bürgerschaft aufgrund des Zuzugs in den wirtschaftlich prosperierenden Bezirk.
Denn der Titel tut zwar nicht primär der Eitelkeit der Lokalpolitiker gut. Eine Große Kreisstadt besitzt aber Kompetenzen, die normalen kreisangehörigen Städten und Gemeinden verwehrt bleiben. So sind sie unter anderem ihre eigene Baugenehmigungsbehörde und nehmen auch die Gewerbeaufsicht selbstständig wahr. Beides zählt üblicherweise zu den Obliegenheiten des Landratsamts.
Erding erfüllte die wichtigste Voraussetzung für die Erhebung, wie sie in Artikel 5, Absatz 3 der Bayerischen Gemeindeordnung festgelegt ist: eine Einwohnerzahl größer als 30 000 Bürger. Erst dann darf die Kommune einen Antrag beim Innenminister stellen. Vorher muss zwar noch der Kreistag angehört werden – der Landkreis verliert schließlich Kompetenzen –, verhindern kann dieser den Gang der Dinge aber nicht.

Der Titel darf nicht aberkannt werden


„Das Ministerium prüft dann eine Reihe weiterer Faktoren“, erläutert Wilfried Schober, Direktor beim Bayerischen Gemeindetag, der unter anderem auch die derzeit 29 Großen Kreisstädte in Bayern vertritt. „Wichtig ist unter anderem noch die Höhe der Verschuldung, ob die Stadt ausreichend Gewerbesteuer einnimmt, also genügend Wirtschaftskraft hat, ob sie ein eigenes Rathaus besitzt und eventuell eigene Stadtwerke.“
Vieles davon trifft auf einige Große Kreisstädte in Nord- und Ostbayern schon lange nicht mehr zu, sie würden die Latte heute sofort reißen. So haben Marktredwitz und Selb – beide im vom demografischen Wandel innerhalb Bayerns am heftigsten betroffenen Landkreis Wunsiedel gelegen – nur noch 17 000 beziehungsweise 15 000 Einwohner und Rothenburg ob der Tauber im Landkreis Ansbach schafft als kleinste Große Kreisstadt mit Mühe und Not noch 10 000 Einwohner.
„Der Titel kann aber, wenn einmal verliehen, nicht mehr aberkannt werden“, erläutert Wilfried Schober, „selbst wenn eine Stadt irgendwann nur noch 2000 Einwohner hätte.“ Aber spätestens dann sollten die Stadtväter darüber nachdenken, ob sie sich mit dem Titel nicht eher lächerlich machen.
In Bayern gab es vor der Kommunalgebietsreform 1972 viel mehr kreisfreie Städte als heute, nur 25 von ehemals 48 überstanden die Flurbereinigung des damaligen Innenministers Bruno Merk. Sie galten ihm als zu schwach, um sämtliche Aufgaben einer Kreisbehörde und einer Kreisverwaltungsbehörde – dazu gehören Aufgaben der allgemeinen und inneren Verwaltung, der Bauverwaltung und der Sicherheitsverwaltung – im Auftrag des Staates und zusätzlich zu ihren normalen Gemeindeaufgaben bewältigen zu können.
Um den Schmerz und die Empörung über den Verlust der Eigenständigkeit in jenen Städten zu lindern, verlieh ihnen allen die Staatsregierung damals den Titel „Große Kreisstadt“ – egal wie viele Einwohner sie zählten. Zuvor hatte für diesen rechtlichen Sonderstatus seit 1956 in Bayern eine Mindesteinwohnerzahl von 20 000 Bürgern gegolten. Sechs weitere Städte im Freistaat erwarben seit 1972 den Titel „Große Kreisstadt“. Außer Erding waren das Dachau (1973), Dinkelsbühl und Donauwörth (1998), Germering (2004) und Fürstenfeldbruck (2006).
Finanzielle Vorteile hat der Titel für den künftigen Oberbürgermeister und seine Stadträte allerdings nicht, ihr Einkommen richtet sich streng nach der Einwohnerzahl. Und so gibt es mehrere „normale“ 1. Bürgermeister in Bayern, die deutlich besser verdienen als etwa der OB von Rothenburg ob der Tauber.
(André Paul)

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