Kommunales

80 Feuerwehrfrauen trafen sich an der Staatlichen Feuerwehrschule in Geretsried – ein paar Männer und Bayerns Familienministerin Kerstin Schreyer durften dann aber auch noch auf das Foto. (Foto: Goetsch)

29.03.2019

Frauen an den Schlauch!

Bislang ist die Feuerwehr eine reine Männerdomäne – doch das beginnt sich langsam zu ändern

Immer mehr Frauen wollen zur Feuerwehr. Ihr Anteil unter den Ehrenamtlichen stieg seit 2004 um gut 50 Prozent. In der Jugendfeuerwehr sind sogar schon 35 Prozent der Mitglieder Mädchen. Doch was fasziniert sie? Eine Spurensuche im bayerischen Oberland.

Feuerwehrmann werden: Das ist noch immer ein Kindheitstraum. Dass es auch Feuerwehrfrauen gibt, wissen die Wenigsten. Wie auch? Helm und Uniform lassen Geschlechtsunterschiede verschwinden. Und überhaupt: Für Jahrhunderte waren Feuerwehrleute einfach Männer. Das Bild ändert sich darum nur langsam. Rund 29 000 von 327 000 ehrenamtlichen Feuerwehrleuten in Bayern sind Frauen. Das ist ein Anteil von neun Prozent. Immerhin: 2004 waren es noch sechs Prozent. Ein Anstieg von gut 50 Prozent. Und die Jugendfeuerwehr zeigt einen deutlichen Trend. Dort sind schon 35 Prozent Mädchen mit dabei.

Fast keine Frau an der Spitze

Das ist wünschenswert, nicht allein deshalb, weil jeder und jede die Chance haben sollte für sich selbst zu entscheiden, welcher Job am besten passt. Sondern schlicht, weil die ehrenamtliche Feuerwehr auch in Bayern ausblutet. Und damit sogar die beliebtesten Ehrenämter an Sogkraft verlieren. Ungewohnt ist es allerdings immer noch, auf Feuerwehrfrauen zu treffen, noch dazu: auf so viele auf einmal. Zum jährlichen Seminar finden sich an diesem sonnigen Märztag aber immerhin gleich über 80 Feuerwehrfrauen an der Staatlichen Feuerwehrschule in Geretsried ein. Alle in Uniform, viele mit dunkler Krawatte. Häufig langes Haar, blond, braun oder gefärbte und frisierte Köpfe. Ab und zu Strumpfhosen und Pumps.

Eine Handvoll Männer. Und: zwei Kinderwägen mit Babys darin. Eins davon die kleine Mara, gerade mal fünf Monate alt und Tochter von Katharina Hanke, die schon als Zwölfjährige zur Jugendfeuerwehr kam. Mutter und Kind sind sechs Stunden von Höhengrabfeld angereist und haben die Nacht in der Feuerwehrschule verbracht. Während Schwangerschaft und Stillzeit hat Hanke für die Feuerwehr Büroarbeiten gemacht. Inzwischen rückt sie auch nachts wieder aus – weil ihr Baby so schön durchschläft. Familienphasen, das lehrt das Beispiel der beiden, sind zwar aufreibend. Aber wer die nötigen Freiräume aufbringt, findet bei der Feuerwehr auch dann den Job, der passt. Und das könnte für Frauen ganz allgemein ruhig auch häufiger ein Führungsposten sein. Wie überall besetzen die höheren Ränge vor allem Männer. Nur ein Prozent der Posten bei der Freiwilligen Feuerwehr bekleiden Frauen, 16 000 männliche Führungskräfte stehen in Bayern 181 weiblichen gegenüber. Im Spagat zwischen Beruf und Familie bleibt für ein Ehrenamt häufig nicht die Zeit – und Frauen trauten sich selbst nicht genug zu.

Doch es geht. Wie das der Landesfrauenbeauftragten Andrea Fürstberger, 46, Mutter, Atemgeräteträgerin, eine Frau mit viel Energie und fröhlichem Temperament, die auch bei härteren Einsätzen ganz vorn mit dabei ist. Oder Kerstin Schmidt, 46 Jahre alt, Kreisbrandinspektorin des Landkreises Bayreuth und damit die ranghöchste ehrenamtliche Feuerwehrfrau Bayerns. Über ihr gibt es nur noch den Kreisbrandrat. Neben sich, auf gleicher Höhe, hat sie drei Männer. Deutschlandweit ist sie zudem Bundesbeauftragte für Gleichstellung. Sie war Mitte zwanzig, als sie durch ihren Freund zur Feuerwehr kam. Die Gemeinschaft, die Möglichkeit, Gutes zu tun: beides lockte sie. 200 Termine hat sie im Jahr, Übungen, Einsätze, Sitzungen oder Inspektionen etwa.

Sie ist eine zarte Person, die von sich behauptet, weder groß noch besonders kräftig und eher normal sportlich zu sein, allerdings schon als Jugendliche Handball spielte und gern schwimmt und radelt. Atemschutzgeräteträgerin zu werden, hat sie jedoch gar nicht erst versucht, das erfordert mehr Kraft. Und wenn jemand von 80 Kilo gerettet werden soll, braucht sie Unterstützung. „Aber Männer können auch nicht alles“, sagt sie. Schließlich gibt es auch Männer, die kein Blut sehen können und lieber den Verkehr absichern, als ganz vorn im Geschehen dabei zu sein. „Jeder hat Stärken und Schwächen.“ Klar ist für Schmidt: Frauen können deeskalierend und beruhigend wirken in einem Einsatz, sagt die Feuerwehrfrau.

Aber all solchen Unterschieden zum Trotz gebe es natürlich auch Unterschiede innerhalb einer Männergruppe – und solche von Frau zu Frau. Man sieht: Das Genderthema mit all seinen Tücken hat die Feuerwehr längst erreicht. Man brauche gute Nerven auf so einem Posten, sagt Schmidt: „Aber das Kreuz wird breiter.“ Frauen rät sie, mutiger zu sein und auch mal eine Niederlage einzustecken. Das sieht Bayerns Familienministerin Kerstin Schreyer (CSU) ähnlich: „Frauen müssen frecher und forscher werden“, findet sie – und erhält dafür Applaus. (Monika Goetsch)

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