Kommunales

Der öffentliche Nahverkehr ist für die meisten Menschen keine Alternative - zu ausgedünnt ist das Netz. (Foto: dpa)

24.09.2018

Funklöcher und Leerstand

Wahlkampf abseits der Metropolen

Zum Beispiel die Kleinstadt Waischenfeld in der Fränkischen Schweiz: Eigentlich steht die Kommune nicht schlecht da, junge Mediziner haben kürzlich Hausarzt- und Zahnarztpraxis übernommen, es gibt Bäcker, Metzger und einen Supermarkt. Die Kita ist erst vor wenigen Jahren erweitert worden, Touristen schätzen die Wanderwege und das Bier kleiner Brauereien. Das Wahlkampfgetöse vor dem 14. Oktober allerdings scheint hier weit weg zu sein - bis auf die obligatorischen Plakate am Straßenrand.

Ebenso das, was sich viele Wahlkämpfer auf die Agenda geschrieben haben: Wohnungsnot und horrende Mieten, wie sie etwa die SPD anprangert? Auf dem Land kein Thema, gerade wenn die nächsten größeren Städte weit weg sind. Viele Kommunalpolitiker zwischen Rhön und Freilassing beklagen eher das Gegenteil - zu viel Leerstand, gerade in den Ortskernen.

Überfüllte Busse und Bahnen, verstopfte Straßen? Waischenfelds Bürgermeister Edmund Pirkelmann sieht vielmehr Schlaglöcher statt Staus: Er findet, der Staat mache nicht genug, um die Straßen instandzuhalten. "Doch die Verkehrswege müssen in Ordnung sein", sagt er. Denn: Waischenfeld setzt auf vergleichsweise günstiges Bauland, um die Menschen hier zu halten oder auch Zuzug anzulocken. Es gebe nur wenig Arbeitsplätze vor Ort, die Menschen müssten pendeln, etwa nach Bayreuth, Bamberg oder in den Ballungsraum Nürnberg-Erlangen.

Wohnqualität spricht für Waischenfeld


"Aber die Wohnqualität spricht für Waischenfeld", sagt Pirkelmann. Deshalb habe man sich in den vergangenen Jahren sehr darum bemüht, die Stadt, aber auch die umliegenden Dörfer attraktiv zu halten - und dafür vor allem Mittel der Städtebauförderung und der Dorferneuerung abgerufen. Aber die staatlichen Straßen müssten eben in einem einwandfreien Zustand sein, wenn die Menschen täglich viele Kilometer zur Arbeit pendeln.

Der öffentliche Nahverkehr ist für die meisten Menschen keine Alternative - zu ausgedünnt ist das Netz. Dazu passt die Forderung des Bayerischen Gemeindetags an die wahlkämpfenden Parteien: "Der öffentliche Personennahverkehr, gerade in den ländlichen Räumen, muss verbessert werden. Dazu sollte das Schienenwegenetz erhalten und bedarfsgerecht ergänzt werden. Streckenstilllegungen und der Rückbau der bestehenden Schieneninfrastruktur dürfen kein Thema (mehr) sein", heißt es im Forderungskatalog des Verbandes.

Früher, da schienen die Rollen der Parteien in Bayern klar verteilt: Die CSU war gerade auf dem Land fest verwurzelt, ob kirchliches Umfeld oder Landwirtschaft - für die Christsozialen waren die ländlichen Regionen eine sichere Bank. In den Großstädten hatte die SPD leichte Vorteile, später profilierten sich hier die Grünen. Und die CSU bekam auf dem Land Konkurrenz von den Freien Wählern.

Mobilitätsgarantie


Doch die Grenzen sind längst fließend. Mit ihrem Kampf gegen den Flächenfraß zum Beispiel sammelten
die Grünen durchaus Sympathiepunkte auf dem Land, wo Bauern um Ackerland fürchten. Zudem werben sie mit einer "Mobilitätsgarantie": öffentliche Verkehrsmittel sollen auch in ländlichen Regionen mindestens einmal stündlich fahren.

Umgekehrt hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erst kürzlich eine Metropolstrategie eigens für das boomende München vorgestellt. Die Kernbotschaft: Die Landeshauptstadt müsse bezahlbar bleiben und dürfe keine abgehobene Mega-City werden. Er versprach mehr Kita-Plätze, ein besseres Verkehrskonzept und den rascheren Bau neuer Wohnungen.

Auf dem Land dagegen ist es meist kein Problem, an bezahlbaren Wohnraum oder an einen Betreuungsplatz fürs Kind zu kommen - dafür versagt oft der Handyempfang oder die Internetverbindung ist zu schwach, um effektiv im Homeoffice arbeiten zu können.

Weite Wege


Wer einen Facharzttermin haben möchte oder in eine Spezialklinik muss, muss weite Wege auf sich nehmen. Der Gemeindetag warnt deshalb: "Der Staat muss die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse entsprechend dem Verfassungsauftrag durchsetzen. Bayern darf kein Land der zwei Geschwindigkeiten sein." Wenn die neuen 5G-Mobilfunklizenzen vergeben werden, dürfe es keine Lücken in der Netzabdeckung geben. Bestehende Funklöcher müssten beseitigt werden.

Dürfte sich Waischenfelds Bürgermeister etwas von den Wahlkämpfern wünschen, so wäre das mehr Spielraum für die Kommunen. Wenn Geld nicht zweckgebunden an die Gemeinden und Städte gegeben werde, sondern generell die Schlüsselzuweisungen erhöht würden, könnten die Kommunalpolitiker vor Ort mehr selbst gestalten. In den vergangenen Jahren sei er aber mit der Arbeit der Staatsregierung weitgehend zufrieden gewesen, sagt Pirkelmann, der zu keiner der großen Parteien, sondern zum Bürgerblock Breitenlesau-Siegritzberg gehört. Söder habe als Finanz- und Heimatminister erkannt, dass man den ländlichen Regionen unter die Arme greifen muss: "Die Stabilisierungshilfe war ein Segen für uns."
(Kathrin Zeilmann, dpa)

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