Kommunales

Ein Montageleiter verbindet ein Glasfaserkabel zu einer neuen Leitung. Foto: dpa

02.08.2019

Glasfasernetz: Das kann der Staat besser

Ein Kommentar von Tobias Lill

Für die digitale Gesellschaft ist schnelles Internet, das, was für jeden Maler der Pinsel ist – ohne sie kann selbst der kreativste Selbstständige seine Ideen nicht umsetzen. Doch in den vergangenen Jahren dürfte sich so mancher IT-Pionier, wenn er auf dem bayerischen Land zuhause war, angesichts von Internetverbindungen im Schneckentempo wie ein Salvador Dali ohne Pinsel gefühlt haben.

Schuld war der unter Edmund Stoibers Zeit als Ministerpräsident auch in der CSU umgreifende Irrsinn, der Markt könne alles regeln. Man setzte naiv darauf, die Telekommunikationskonzerne würden wider ihres natürlichen Interesses als Aktienkonzerne auch ohne ordentliche Renditen das flache Land mit schnellem Internet versorgen. Erst unter Horst Seehofer revidierte die damals noch rein christsoziale Staatsregierung diesen fatalen Irrtum. Über eine Milliarde Euro investierte der Freistaat alleine seit 2015 in Verbindungen mit mehr als 30 Megabit pro Sekunde – mehr als jedes andere Bundesland. Das Problem: Nur ein sehr geringer Teil fließt bislang in das auch über einige Jahre hinaus zukunftsfähige Glasfasernetz.

Die Staatsregierung ist zwar mittlerweile bemüht, auch das Glasfasernetz auszubauen. Es gibt im südlichsten Bundesland bereits eine Förderung des Glasfaserausbaus. Und der Freistaat hat gerade erst eine bayernweite Gigabit-Förderrichtlinie entworfen. Eine baldige Genehmigung seitens Brüssel gilt als wahrscheinlich. Ziel der laut Finanzministerium „EU-weit bislang einmaligen Initiative“ sei der Aufbau von Breitbandnetzen mit Übertragungsraten von mindestens einem Gigabit pro Sekunde für alle gewerblichen Anschlüsse – und das nicht nur in Gewerbegebieten. Ein löblicher Schritt, auch wenn viele einfache Bürger hier außen vor bleiben.

Freistaat und Kommunen fehlt oft der Partner vor Ort

Doch Kommunen fragen sich, wer vor Ort tatsächlich die Bagger anschmeißt und die nötigen Leitungen baut. Die Telekom, die lange ein treuer Partner der Gemeinden beim Netzausbau war, habe zuletzt mangels Rentabilität immer öfter abgewinkt, monieren sie. Und viele private Anbieter – von einzelnen löblichen Ausnahmen einmal abgesehen – interessieren sich von jeher nur für den lukrativen Ausbau in Städten. Der Glasfaserausbau droht so im internationalen Vergleich auf der Strecke zu bleiben. Selbst in einigen Golfstaaten haben dagegen längst fast alle Bürger einen solchen Turboanschluss.

Doch wie kann hier Abhilfe geschaffen werden? Die Kommunen sind meist nicht in der Lage oder willens, in die Bresche zu springen. Es bleiben also zwei Lösungen: Entweder der Bund zwingt die Telekommunikationskonzerne zum Ausbau. Dann muss er ihnen innerhalb unserer marktwirtschaftlichen Grundordnung etwaige Verluste kompensieren, damit deutsche Netzanbieter sonst am Ende wegen mangelnder Rendite ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit nicht verlieren. Deshalb wäre es weit besser, der Bund gründet gleich selbst eine staatliche Glasfaseragentur. Denn sonst würden, wie bereits in anderen privatisierten Geschäftsfeldern oft üblich, Gewinne an Privatkonzerne gehen, Verluste aber sozialisiert werden – also ergo auf Kosten des Steuerzahlers gehen.

Beim Mobilfunk hat sich die Große Koalition gerade erst auf die Schaffung einer staatlichen Gesellschaft geeinigt: Diese soll in Zukunft für flächendeckende Handynetzanbindung auf dem Land sorgen. Auch in Sachen Internetanschluss sollte sich der Staat wieder mehr trauen. Denn nicht alles, wie etwa Autos oder Handys bauen, kann die Privatwirtschaft tatsächlich besser.

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