Kommunales

Iris Lippert-Harder zeigt den Einzugsbereich ihrer Krebsberatungsstelle, der das gesamte östliche Mittelfranken umfasst. Foto: André Paul

09.09.2011

Hilfe in schwerer Zeit

Pilotprojekt in Hersbruck will helfen, die Betreuung von Krebspatienten im ländlichen Raum zu verbessern

Die medizinische Versorgung im ländlichen Raum ist bereits heute in vielen Regionen unzureichend, und diese Tatsache wird sich wegen der sinkenden Zahl der Ärzte und der Überalterung der Bevölkerung in den nächsten Jahren noch verschlimmern. Doch was bei einem grippalen Infekt oder einem verstauchten Fuß meist nur lange Wege und Wartezeiten mit sich bringt, kann für Krebspatienten rasch zur persönlichen Tragödie werden. Und die Zahl der Betroffenen steigt. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums erkranken fast eine halbe Million Deutsche alljährlich an einer der zahlreichen Varianten der heimtückischen Krankheit.
Vielfältiger Stress
Natürlich findet die eigentliche Behandlung, vor allem die Chemotherapie, meist in den großen Kliniken der Ballungsräume statt. Aber die Diagnose „Krebs“ wirft bei den Betroffenen meist eine Vielzahl von Fragen und Problemen auf, für die sie rasch und kompetent Antworten und Hilfestellungen benötigen. Und die Sorgen sind vielfältig: Angst um den Arbeitsplatz, Stress in der Familie, Auswirkungen der Medikamente, Streit mit der Krankenkasse. Das alles wohlgemerkt zusätzlich zu den Schmerzen und übrigen Symptomen der Krankheit. Die meisten Menschen stoßen dadurch an ihre physischen und psychischen Grenzen. Doch wer abseits der großen Städte wohnt, für den bestanden kaum Betreuungsangebote – bisher!
Denn in Hersbruck startete jetzt unter dem Namen „Krebspunkt“ ein Pilotprojekt. Bisher mussten Betroffene aus dem östlichen Mittelfranken sich teilweise bis Nürnberg oder Bayreuth orientieren, wenn sie Rat benötigten. Finanziert wird die neue Einrichtung über die „Glücksspirale“ der ARD, die Räume stellt das Diakonische Werk Altdorf-Hersbruck-Neumarkt zur Verfügung. Die Leitung hat Iris Lippert Harder, eine 47-jährige Sozialpädagogin, die weiß, wovon sie spricht. Vor sieben Jahren erkrankte sie selbst an Eierstockkrebs und war dem Tode nah. Wenn man die rotwangige, lebensfrohe Frau heute erlebt, mag man das kaum glauben. „Andere stiften nach der Genesung eine Kapelle, ich wollte Leidensgenossen helfen“, erklärt sie ihre Motivation.
Die begann zunächst mit einem Ehrenamt, seit diesem Sommer ist daraus eine halbe professionelle Stelle geworden. Trotz der alltäglichen Schrecklichkeiten hat sie das Lachen nicht verlernt. „Es bringt den Patienten ja nichts, wenn ich mit einer Leichenbittermiene herumlaufe“, sagt Iris Lippert-Harder. Jeden Dienstag von 14 bis 17 Uhr und jeden Donnerstag von 10 bis 12 Uhr bietet sie nun im Gebäude der Diakonie in Hersbruck am Nikolaus-Selnecker-Platz 2 in hellen, freundlichen Räumen eine offene Sprechstunde an, zu erreichen unter der Telefonnummer 09151/83 77 33.
Wichtig ist ihr, den Leuten handfest zu helfen, „also ihnen nicht den hundertsten Flyer in die Hand zu drücken, sondern mit ihnen gemeinsam zum Telefonhörer zu greifen und bei der jeweiligen Krankenkasse, Klinik oder beim Arbeitgeber anzurufen.“ Und es sind gerade die vielen vermeintlichen Kleinigkeiten, deren Klärung den Krebspatienten weiterhilft.
Unkenntnis der Patienten
Iris Lippert-Harder erzählt vom Fall der 52-jährigen Edith Erichsen (Name geändert). Niemand hatte der Frau beispielsweise verraten, dass sie mit einer anerkannten Schwerbehinderung Anspruch auf fünf Tage zusätzlichen bezahlten Urlaub hat, dass sie die Fahrten zur Lymphdrainage bei der Steuer anrechnen lassen kann, dass ihr Mann, wenn er sie zur Chemotherapie fährt, Verdienstausfall und Kilometergeld über die Krankenkasse abrechnen lassen kann. Von Ansprüchen wie dem „Nahtlosigkeitsgeld“ – das wird übergangsweise gezahlt, wenn sich Arbeitsamt, Krankenkasse und Rentenversicherungsträger mit Verweis auf die jeweils andere Seite fies gegenseitig zulasten der Kranken selbst blockieren – hatte Edith Erichsen erst recht nichts gehört. Die Diagnose „Krebs“ kann jeden treffen, weis Iris Lippert-Harder und hofft, dass ihr Beispiel in Bayern Schule macht. „Wenn morgen etwa ein Anruf aus dem Allgäu kommt, dass ich Aufbauhilfe leisten soll, dann bin ich da.“ (André Paul)

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