Kommunales

Gelungener Auftakt: Zum ersten Mal erleben Drittklässler aus Deggendorf eine Exkursion im Fach Alltagskompetenz. Dabei lernen die Kinder unter anderem, dass man Mehl erst sieben muss, bevor man damit backen kann. (Foto: Bäumel-Schachtner)

29.04.2022

Kinder lernen auf dem Bauernhof

Das neue Unterrichtsfach „Schule fürs Leben“ soll dem Nachwuchs Alltagskompetenz vermitteln

Woher kommt unsere Milch? Wie baut der Landwirt Getreide an, sodass Mehl zu Brot gebacken wird? Und welche Geräte braucht er auf seinen Feldern? Es ist genau dieses Basiswissen, das vielen Kindern in der heutigen Zeit fehlt. Deshalb gibt es in Bayern ein neues Schulfach in Kooperation mit dem Bauernverband. Es heißt „Schule fürs Leben“ und soll Kindern Alltagskompetenz vermitteln.

„Ich glaub, jetzt ist es so weit.“ Mit einer feierlichen Geste öffnet Christiane Zeintl den Backofen auf dem Erlebnisbauernhof Zeintl im niederbayerischen Schöfweg. Ein köstlicher Duft macht sich breit. Die Kinder schnuppern und eilen herbei. Die Erlebnisbäuerin zieht vorsichtig das heiße Backblech heraus – und da liegen sie, in Reih und Glied und mit appetitlicher Bräune: Die Semmeln, die jeder kleine Gast selber hergestellt hat und die er nun in einer Papiertüte mitnehmen und daheim knuspern darf.

Heute sind zwei dritte Klassen der Grundschule Theodor Eckert von der Außenstelle Seebach gemeinsam mit Förderkindern der St.-Notker-Schule aus Deggendorf und ihre Lehrerinnen per Bus in den Nachbarlandkreis Freyung-Grafenau gefahren, um zu lernen, wie unsere Lebensmittel produziert werden. Das Konzept, welches das Kabinett vor zwei Jahren ins Leben rief, wird an den allgemeinbildenden Schulen, den Wirtschaftsschulen und den Förderschulen innerhalb einer Schulwoche umgesetzt.

Wichtig: Unterschied von Weiß- und Vollkornmehl

„Wir hätten uns mehr als eine Projektwoche gewünscht, freuen uns aber dennoch sehr, dass unsere langjährige Forderung nun doch geklappt hat und es losgeht“, sind sich die Bezirksbäuerin von Niederbayern, Irene Waas, und Deggendorfs Kreisbäuerin Rosmarie Mattis beim Projektstart einig. Die glücklichen Gesichter der Kinder zeigen, dass sie das auch so sehen.

Die eine Gruppe hat Christiane Zeintl unter ihre Fittiche genommen. Sie zeigt ihnen anhand von Bildern, Produkten und Spielzeug, welche Getreidesorten es gibt und wie diese kultiviert werden. Besonders wichtig ist ihr der Unterschied zwischen Weißmehl und Vollkornmehl. Aus letzterem wird schließlich das gesunde Vollkornbrot, aus dem anderen ernährungstechnisch nicht ganz so gesunde Produkte wie zum Beispiel Brezeln oder Krapfen; auch wenn diese manchem Buben oder Mädchen eventuell besser schmecken.

Eselchen wird ausgiebig gekrault

Die Kinder quetschen das Getreide mit großen, grauen Steinen, mahlen es von Hand mit der Kaffeemühle, sieben es mehrmals und backen dann mit dem gewonnenen Mehl und weiteren Zutaten unter kundiger Führung der Erlebnisbäuerin eine Vollkornsemmel, die als gesundes i-Tüpfelchen noch Körner obendrauf bekommt.

Die zweite Gruppe erkundet in der Zwischenzeit mit Manfred Zeintl den Bio-Bauernhof samt Milchkühen. Sie locken die kleinen Kälbchen, die schon bald Zutrauen fassen und mit ihrer rauen Zunge über die zarten Kinderhände streichen. Ganz weich dagegen ist das Maul von Esel Joschi, der ausgiebig gekrault werden darf und sich nebenbei wie auch die Pferde das Heu aus Kinderhand schmecken lassen darf.

Es wird aber nicht nur gekuschelt und gestreichelt – es gibt auch jede Menge Fachwissen vom Bauern. Manfred Zeintl erzählt, wie die Tiere gefüttert und gehalten werden müssen und präsentiert auch seinen Fuhrpark. Auf den Bulldogs Platz zu nehmen – das macht den Drittklässlern einen Heidenspaß.

Rund 1000 Höfe machen in Bayern bei dem Schulprojekt mit, den Kindern Alltagskompetenzen zu vermitteln. Kreisbäuerin Rosmarie Mattis blickt zurück auf die riesige Unterschriftenaktion der Landfrauen, dieses Schulfach zu etablieren – was letztlich zum Erfolg geführt hat. Wie die Projektwoche gestaltet wird, das darf jede Schule vor Ort selbst entscheiden. Jedoch ist Herzstück des Konzepts die Zusammenarbeit mit externen Fachleuten und die Durchführung von Exkursionen – zum Beispiel auf landwirtschaftliche Betriebe.

Fünf Millionen Euro aus dem Staatshaushalt

Im bayerischen Staatshaushalt wurden knapp fünf Millionen Euro dafür bereitgestellt. Die teilnehmenden Landwirt*innen müssen eine Schulung absolvieren, erhalten aber auch ein Honorar – für viele ein zusätzliches wirtschaftliches Standbein.

Einen Besuch bekam die Deggendorfer Schülerschaft auch von Theresa Müller, und zwar schon vorher in ihrem Klassenzimmer. Die Ernährungsfachfrau hat mit den Kindern unter anderem gesunde Power-Balls aus Datteln, Nüssen und Honig gebacken und viel über gesunde Ernährung verraten. „Den Kindern macht das total Spaß, weil sie kreativ mitgestalten können. Ich spreche alle Sinne an und gehe bis zur Seele“, sagt die Expertin.

Mit den Kindern, die heute zu ihm gekommen sind, ist auch Landwirt Manfred Zeintl hochzufrieden. „Die Kinder haben super mitgemacht und waren sehr aufgeschlossen“, sagt er. „Es war eine sehr gute Gruppe.“ Es gebe manchmal durchaus auch Schüler*innen, die sich zieren, den Kuhstall zu betreten, „weil sie finden, dass das so furchtbar stinkt.“ Nach zehn Minuten sind aber die meisten dann so weit, mit ein wenig Geduld und Überredungskraft, schmunzelt er. Glücklich von dem Tag heim kommt auch die neunjährige Romy. „Es war toll, am meisten Spaß hat mir das Backen gemacht“, versichert die Kleine. (Melanie Bäumel-Schachtner)

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