Kommunales

Die zweitägige Messe Kommunale 2013 in Nürnberg lockte rund 5000 Besucher an. (Foto: Messe Nürnberg)

25.10.2013

Kommunale 2013: eine positive Studie zur Akzeptanz von Kommunalpolitik, ein kooperationsbereiter Verbandschef und zufriedene Veranstalter

"Bassd scho!"

Die Feuerwehrkapelle im Foyer der Nürnberger Messehalle West spielte zum Auftakt der 8. Kommunale, der weltgrößten Fachmesse für Kommunalbedarf, A wonderful world von Louis Armstrong. Wenn man mal unterstellt, dass der Veranstalter, also der Bayerische Gemeindetag, bei der Musikauswahl mit eingebunden war, dann kann das nur bedeuten: Rein gefühlsmäßig scheinen Bayerns Gemeinden also den Freistaat auch schon so wahrzunehmen wie Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) es gern tut - als „Vorstufe zum Paradies“.
Bestärkt wurden sie darin unter anderem von einer aktuellen Studie des Meinungsforschers Professor Manfred Güllner, Leiter des Instituts Forsa. Er stellte im Rahmenprogramm die Ergebnisse einer Untersuchung vor, für die er im Juli dieses Jahres – also noch vor den Landtagswahlen – rund 1000 Bürger kreisangehöriger Gemeinden zwischen Aschaffenburg und Garmisch befragt hatte. „Im bundesweiten Vergleich sind die Bewohner außerordentlich zufrieden“, erläutert Güllner, der unter anderem für mehrere private Fernsehsender regelmäßig Wahlergebnisse prognostiziert. „Auch sehen sie in überdurchschnittlich hohem Anteil keinerlei Probleme vor Ort – und wenn doch, dann vor allem bei Verkehr und Infrastruktur.“
Über die vor Ort – also in den Rathäusern – betriebene Politik äußerten nur wenige Bürger Unmut, in die Gemeindeverwaltungen und vor allem in die Bürgermeister besteht großes Vertrauen. Und um die Labsal für die anwesenden Rathauschefs perfekt zu machen: „Eine Ausweitung der Mitwirkungsrechte oder eine Förderung des bürgerschaftlichen Engagements hat im Vergleich für die Befragten eine eher untergeordnete Priorität“, ergänzt der Wissenschaftler. „Über die Hälfte meint, dass bei politischen Entscheidungsprozessen in der Gemeinde die Interessen aller Schichten und Gruppen in ausreichendem Maße berücksichtigt werden.“ Im Klartext: Saturierte Wutbürger à la Stuttgart 21 – die mal eben ganze Infrastrukturprojekte kaputt demonstrieren und das als Wille der Mehrheit verkaufen – sind in Bayerns Gemeinden kein Thema.
Doch Louis Armstrong und Manfred Güllner hin oder her – Uwe Brandl, Präsident des Bayerischen Gemeindetags, sieht die Staatsregierung trotzdem weiter in der Pflicht und hielt mit seinen Forderungen auch nicht hinter dem Berg. „Die flächendeckende technische Aufrüstung in ganz Bayern mit schnellen Internetverbindungen wird eine Hauptaufgabe des neuen Heimatministeriums sein müssen“, mahnte der Verbandschef. „Im Vergleich zu anderen Bundesländern hat der Freistaat hier Nachholbedarf.“
Es hakt vor allem bei den Genehmigungsverfahren. Sage und schreibe 29 Einzelschritte müssen Gemeinden absolvieren, bis es endlich den begehrten Förderbescheid gibt. Doch bis zur letzten Stufe sind bisher erst zwei Gemeinden vorgedrungen, weitere drei sind schon unterwegs gescheitert, der Rest – und das sind Hunderte – hängt noch in der Warteschleife. „Konkret abgerufen wurde bisher noch kein einziger Cent“, schimpft Brandl. Verantwortlich dafür sei vor allem die „Beamtenebene im Wirtschaftsministerium, die hat ein Eigenleben entwickelt“. Aber auch einige Bezirksregierungen, so Brandl – ohne jedoch konkret werden zu wollen – verhielten sich über die Maßen bürokratisch.
Eigentlich müsste das ganze Verfahren bei der EU neu notifiziert werden, so die Einschätzung von Verbandsvertretern und Ministerialen. Nur wären für diesen Zeitraum – und der kann bis zu zwei Jahre dauern – alle Genehmigungsverfahren auf Eis gelegt. Ein möglicher Ausweg aus dem Dilemma: Breitbandversorgung solle als Teil der Grundversorgung (vergleichbar dem Rechtsanspruch auf einen Telefonanschluss) mit ins Grundgesetzt aufgenommen werden.
Außer Meinungsforscher Güllner gab in Nürnberg noch ein zweiter prominenter deutscher Wissenschaftler aktuelle Studienergebnisse zum Besten: der Hamburger Zukunftsforscher Horst W. Opaschewski. Er hatte sich mit der Frage beschäftigt, wie sich die typische bayerische Gemeinde 2030 – das Jahr, in dem Horst Seehofer den Freistaat schuldenfrei haben möchte – darstellen wird.
Die wichtigsten Trends, die allerdings nicht fundamental überraschen: Sicherheit wird den Menschen wichtiger als Freiheit (schlechte Perspektiven also schon mal für ein Comeback der FDP), vor allem Vertrauen erweckende Kommunalpolitiker werden beim Wähler punkten können, die Spaßgesellschaft (auch bei jungen Menschen) wird sich auf dem Rückzug befinden, und die Lebensqualität soll vor dem materiellen Erfolg rangieren. „Außerdem müssen sich die Politiker etwas einfallen lassen, wenn sie die Menschen weiter für ein Ehrenamt begeistern wollen“, mahnt Opaschewski. Nur Gotteslohn dürfte da nicht ausreichen. „Die Freiwilligenarbeit braucht eine neue Anerkennungskultur, wenn sie langfristig Bestand haben soll.“
(André Paul)

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