Reiner Knäusl (65) war vor seiner Tätigkeit beim Städtetag unter anderem Sozialamtsleiter in München, Stadtdirektor für Straßenverkehr und stellvertretender Kreisverwaltungsreferent der Landeshauptstadt. (Foto: BSZ)
Reiner Knäusl, scheidender Geschäftsführer des Bayerischen Städtetags, über Finanzausgleich, Gewerbesteuer und interkommunale Kooperation
Nach sechs Jahren an der Spitze des Bayerischen Städtetags geht Hauptgeschäftsführer Reiner Knäusl zum Jahresende in den Ruhestand, ihm folgt sein langjähriger Stellvertreter Bernd Bukenhofer. Im Gespräch mit der Staatszeitung lässt Knäusl die wichtigsten Probleme und Herausforderungen der Kommunen Revue passieren.
BSZ Herr Knäusl, fast unmittelbar nach der Verkündung des kommunalen Finanzausgleichs stichelte Gemeindetagspräsident Uwe Brandl in Richtung Städtetag, dass die zugunsten der kreisfreien Städte verschobene Steuerkraftentwicklung 2012 korrigiert werden müsse.
Knäusl Das hieße alle Städte über einen Kamm zu scheren, die Vielfalt der Aufgaben der Landeshauptstadt München lässt sich nicht mit anderen Städten vergleichen. Der Ausgleich über die Schlüsselzuweisungen ist angemessen. Und: 2008 stellte ein Gutachten fest, dass die zentralen Orte eher noch zu wenig dafür bekommen, dass sie regionale Aufgaben übernehmen.
BSZ Im Gegensatz zu seinen drei Präsidentenkollegen von Gemeinden, Bezirken und Landkreisen, zeigte sich Städtetags-Chef Ulrich Maly eher gedämpft.
Knäusl Die Kreis- und Bezirksumlagen sind immer noch zu hoch. Und die anderen drei Verbände hätten sich auch deutlich mehr Geld vorstellen können.
BSZ Finanzminister Markus Söder hat zu Nikolaus auch die Rute gezeigt und weitere Sparanstrengungen in den Kommunen angemahnt.
Knäusl Dann soll er konkrete Vorschläge machen, wo noch gespart werden kann. Von unserer Seite liegt seit über einem Jahr eine Vorschlagsliste vor, dass man viele Leistungsstandards absenken könne – bis jetzt haben wir dazu noch keine Reaktion erhalten. Statt dessen bekommen wir weitere Aufgaben wie die Krippenfinanzierung zugeteilt.
BSZ Sind die damit verbundenen Aufwendungen überhaupt zu bewältigen?
Knäusl Das wird nicht nur ein finanzielles Problem beim Bau von Krippen und den jährlichen Betriebskosten. Es fehlt auch, gerade in Ballungsräumen, an geeigneten Räumen, es herrscht Mangel an qualifiziertem Personal, die Ausstattung mit den Betriebskosten reicht ebenfalls nicht.
BSZ Nicht nur Kassenwart Söder, auch Innenminister Joachim Herrmann will Einsparleistungen in den Städten sehen, er möchte die interkommunale Zusammenarbeit vorantreiben.
Knäusl Bei der Energiewende passiert hier schon eine ganze Menge. Der Städtetag fordert außerdem zum Beispiel mehr Möglichkeiten für die wirtschaftliche Betätigung über kommunale Grenzen hinweg.
BSZ Ein ewiges Thema auch in Ihrer Amtszeit: die Gewerbesteuer. Fällt sie doch irgendwann?
Knäusl Das Thema wird wieder hochkommen, auch in den nächsten Jahren, wie das Ungeheuer von Loch Ness. Das Verrückte daran ist ja, dass die Betriebe vor Ort die Gewerbesteuer gar nicht abschaffen wollen, das bestätigen die Bürgermeister aus vielen Gesprächen mit den örtlichen Betrieben. Es sind eher die Wirtschaftsverbände, die das Thema immer wieder forcieren.
BSZ In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Streit zwischen dem Städte- und dem Gemeindetag. Wird das durch den Wechsel an der Spitze jetzt besser?
Knäusl Ich hoffe, dass sich die gute Zusammenarbeit auf Geschäftsführer-und Arbeitsebene bei den Präsidenten fortsetzt. Wir betreiben für die zentralen Orte keine „Einwohnerveredelung“, wie uns vorgehalten wird, aber ein sachgerechter Zuschlag für die zusätzlichen Aufgaben ist notwendig. Auf der anderen Seite akzeptieren es die Städte, dass auch im ländlichen Raum größere Einzelhandelsflächen bis 1200 Quadratmeter entstehen sollen, wenn diese Waren des täglichen Bedarfs anbieten. Wir sind uns einig, dass niemand riesige Factory Outlets auf der Grünen Wiese braucht, die nicht zu integrieren sind. Und die Notwendigkeit, dass Maßnahmen gegen die drohende demografische Entwicklung in strukturschwachen Räumen erforderlich sind, sehen Städtetag und Gemeindetag gleichermaßen.
BSZ Hat sich auch das Verhältnis von kommunalen Spitzenverbänden und Freistaat gewandelt?
Knäusl Ja. Die kommunale Ebene wird ernster genommen als früher, auch auf Bundesebene. Auch die Durchsetzung des Konnexitätsprinzips ist dafür ein Beleg. Bei Bundeskanzlerin Angela Merkel finden wir Kommunen ein offenes Ohr, dass war bei ihrem Vorgänger Gerhard Schröder nicht immer der Fall. Trotzdem ist die Arbeit oft wie der Kampf David gegen Goliath, ein Referent bei uns entspricht bei Bund und Land einem ganzen Ministerium.
BSZ Sie gehen zum Jahresende in den Ruhestand – sind Sie mit den Arbeitsergebnissen insgesamt zufrieden?
Knäusl Ja, wir haben einiges zusammen erreicht: den Erhalt der Gewerbesteuer, die Durchsetzung der Konnexität und die gute finanzielle Ausstattung der Kommunen. Als Erfolg verbucht werden kann auch die Einführung der Ganztagsschule, für die wir zehn Jahre gekämpft haben, der Erhalt der Daseinsfürsorge und der Bau von neuen Krippenplätzen.
(Interview: André Paul)
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