Kommunales

Energetische Sanierung ist eine der vorrangigen Aufgaben. (Foto: Bilderbox)

23.12.2011

Landkreise wollen Vorreiter sein

Verbandschef Jakob Kreidl: „Die Energiewende wird in den ländlichen Regionen entschieden, nicht in den Städten“

Die bayerischen Landkreise wollen dafür Sorge tragen, dass erneuerbare Energien sich durchsetzen. Nicht die Städte, sondern die ländlichen Regionen seien der Ort, an dem die Energiewende entschieden werde, sagte der Präsident des Bayerischen Landkreistags, Jakob Kreidl. Er will für seinen Verband hier eine Vorreiterrolle durchsetzen.
„Auf die Landkreise kommt eine besondere Verantwortung zu und wir werden uns dieser Aufgabe stellen“, so Kreidl. Er forderte, dass die Landkreise dafür zuständig sein sollten, Anlagen für erneuerbare Energien zu genehmigen. Um den Einfluss der Landkreise zu stärken, sei der Landkreistag künftig beim Lenkungsausschuss der Energieagentur zugegen. Außerdem sitze er mit den Geschäftsführern im Beirat. Zudem sollten Agenturen auf Landkreisebene vor Ort die verschiedenen Projekte koordinieren, forderte Kreidl. Nur so könne verhindert werden, dass einzelne lokale Initiativen der Gemeinden aneinander vorbei liefen. Dafür extra eine neue Behörde einzusetzen, lehnte er jedoch ab.
Auch die Energieeffizienz sei ein wichtiges Ziel. Kreidl kündigte an, dass alle öffentlichen Gebäude der Landkreise energetisch saniert werden sollen. Wände und Dächer müssten gedämmt, Fenster saniert werden. Dazu forderte er den Bund auf, ein neues Konjunkturpaket aufzulegen. So sollten nicht nur Kommunen und Kreise unterstützt werden, sondern auch private Hausbesitzer. Das vorherige Konjunkturpaket von 2009 sei zu 80 Prozent den Gemeinden zugute gekommen, während insbesondere die Schulen in den Landkreisen dringend einer Sanierung bedürften. „Da sind Energieeinsparungen in nennenswertem Umfang möglich“, sagte Kreidl. In seinem Landkreis Miesbach etwa gebe es eine Schule, die vor ihrer Sanierung so schlecht isoliert war, dass im Winter Schnee und Eis auf dem Dach geschmolzen seien.

Frage nach der Finanzierung bleibt offen


Kreidl versprach, sich für die Verbreitung von erneuerbaren Energien einzusetzen. Fernstromleitungen, die den Strom von Windmühlenparks an Nord- und Ostsee nach Bayern bringen, müssten ebenso unterstützt werden wie der Ausbau von Speicheranlagen. Dafür solle es ein Investitionsprogramm geben. Aus welchen Mitteln dieses Programm finanziert werden soll, ließ er aber offen. Außerdem sei es notwendig, den sogenannten Windatlas des bayerischen Wirtschaftsministeriums zu überarbeiten. Dieser bietet einen Überblick, wo in Bayern welche Energie aus Windkraft zu erwarten ist. Kreidl forderte, die Standorte genauer zu ermitteln und besondere sowie nicht geeignete Gebiete zu bestimmen. Zudem müssten die Bestimmungen für Tiefflugzonen überprüft werden, um dort gegebenenfalls Windräder aufstellen zu können.
Kreidl betonte, dass viele Landkreise schon vor der Reaktorkatastrophe von Fukushima auf erneuerbare Energien gesetzt hätten. Viele Projekte, darunter in seinem Landkreis Miesbach, seien schon 2009 und früher angestoßen worden. Wichtig sei nun, die verschiedenen Initiativen zu koordinieren und neue anzustoßen. Gerade genossenschaftliche Anlagen erwiesen sich gleich dreifach als effizient, meinte der Verbandschef. Es komme genug Geld zusammen für den Bau, die Bürger verdienten und würden zudem von Betroffenen zu Beteiligten. „Es kommt darauf an, die Betroffenen vor Ort in die Entscheidungs- und Umsetzungsprozesse einzubinden“, sagte Kreidl.
Die aktuelle finanzielle Lage der Landkreise lässt auch Raum für solche Ambitionen, und man kann sich hier auch großzügig zeigen. Das zusätzliche Geld soll vor allem kleinen, finanzschwachen Gemeinden zugutekommen, erklärte der Finanzreferent des Landkreistags, Emil Schneider. So wird die Mindestpauschale, die Kommunen für Investitionen erhalten, von 26 000 Euro auf 68 000 Euro angehoben. Kleine Gemeinden mit Steuereinnahmen, die unter 55 Prozent des Durchschnitts liegen, profitieren sogar noch mehr: Sie erhalten künftig 98 600 Euro.
Das Magazin Focus Money hat in einer aktuellen Untersuchung festgestellt, dass die zweite kommunale Ebene im Freistaat Vorbild für ganz Deutschland ist: Bayerische Landkreise stellen fast die Hälfte der 30 erfolgreichsten deutschen Landkreise im Jahr 2011, darunter die ersten vier Plätze. Dennoch gebe es keinen reinen Grund zur Freude, betonte Kreidl. Den höheren Einnahmen stünden kommendes Jahr auch höhere Ausgaben gegenüber. Kreidl und Schneider rechneten damit, dass die Sozialausgaben im kommenden Jahr um 250 Millionen Euro steigen könnten. Grund sei, dass immer mehr Menschen Anspruch auf Hilfe anmelden könnten. Der Landkreistagspräsident sagte voraus, dass im kommenden Jahr auch die Bezirks- und Kreisumlagesätze steigen werden. Er forderte den Bund auf, sich stärker an den gestiegenen Kosten zu beteiligen: „Wenn der Bund uns Aufgaben überträgt, soll er uns auch finanziell unter die Arme greifen.“ Bei Erwerbsminderung sowie im Alter übernimmt der Bund bereits mehr Verantwortung. In den kommenden Jahren wird er einen immer höheren Anteil an der Grundsicherung zahlen – 2012 sind es 144 Millionen Euro – bis er 2014 schließlich die komplette Summe von 480 Millionen Euro übernimmt.
Doch der Landkreistag fordert noch mehr Unterstützung. So sollten Bund und Freistaat etwa im Bereich der Behindertenhilfe mehr zahlen. Der Landkreistag wünscht sich ein Bundesleistungsgesetz, nach dem Bund, Land und Kommunen je ein Drittel der Kosten von 1,6 Milliarden Euro übernehmen. „Ich werde alles daransetzen, dass die Kosten auch auf andere Schultern verteilt werden“, sagte Kreidl. Er regte an, dass sich Behinderte mit hohem Einkommen selbst finanziell beteiligen sollten. Ähnliches gelte für die Kinder- und Jugendhilfe: Um den Anstieg der Sozialausgaben zu bremsen, sollten gutverdienende Eltern mitbezahlen. Kreidl betonte, dass er niemanden benachteiligen wolle: „Es geht uns nicht um sozialen Kaltschlag, sondern um soziale Gerechtigkeit.“
(K. Antonia Schäfer)

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