Kommunales

Die Idylle rund um die Seilbahnstation und das Naturinformationszentrum trügt. (Foto: Alpenwelt Karwendelbahn)

17.12.2021

Neuer Krach auf der Karwendelspitze

Die Gesellschafter – die Gemeinde Mittenwald und die Konsortium AG aus Heidenheim an der Brenz – haben ein weiteres Streitthema gefunden

Auf der Karwendelspitze sollen jetzt eine Schnapsbrennerei und eine Brauerei Besucher anlocken. Damit geht der Streit zwischen den Mehrheitsgesellschaftern aus Baden-Württemberg und der ebenfalls beteiligten Gemeinde Mittenwald in eine neue Runde.

Bereits in den 1950er Jahren entwickelte sich die 2385 Meter hohe Karwendelspitze bei Mittenwald zu einem Sehnsuchtsort für viele Münchner Wintersportler. Die Bahnfahrt bis Mittenwald und der Aufstieg über das Dammkar waren ein alpiner Klassiker; man sprach vom Dammkarwurm, wenn die vielen Skifans in langen Schlangen durch den Schnee bergauf stapften. Das war bis 1967 so, als dann die Seilbahn eröffnet wurde.

Heute ist zwar der Skibetrieb von eher bescheidenem Umfang, da keine Pisten präpariert werden – aber touristisch ist der Berg samt Gastronomie und dem Naturinformationszentrum, das 2008 in der Form eines Fernrohrs gebaut wurde, eine wichtige Attraktion. Als alpiner Aussichtspunkt beziehungsweise Startort für den Mittenwalder Höhenweg ist die Bergstation auf der Karwendelspitze ein beliebtes Ziel. Eine Idylle ist sie jedoch nicht, denn seit etlichen Jahren läuft eine heftige Auseinandersetzung zwischen den Besitzern der Karwendelbahn AG, die mit aktuellen Expansionsplänen oben am Berg neu befeuert wird.

Kontrahenten sind auf der einen Seite die Konsortium AG aus Heidenheim an der Brenz in Baden-Württemberg, die knapp die Hälfte der Anteile an der Karwendelbahn AG hält und auf der anderen Seite die Gemeinde Mittenwald, der knapp ein Drittel gehört sowie dem Landratsamt Garmisch-Partenkirchen, das von Amts wegen involviert ist.

Hinter der Konsortium AG stehen Wolfgang Wilhelm Reich und sein Vater Wolfgang Erhard Reich, ein Anwalt und Wirtschaftprüfer. Über die Jahre gab es eine Vielzahl an Strafanzeigen, Klagen und Prozessen, Vorwürfen und heftigen verbalen Attacken – wobei sich die Rivalität speziell zwischen Reich junior und senior sowie dem ehemaligen Mittenwalder Bürgermeister Adolf Hornsteiner (CSU) abspielte.

Heuer wurde oben am Berg die Gastronomie renoviert und eine Schnapsbrennerei eingerichtet. Für die nächste Saison plant man eine Bierbrauerei. „Damit haben wir ein Alleinstellungsmerkmal, sind einzigartig in ganz Deutschland und erwarten uns neben einem deutlichen Besucherzuwachs auch eine erhebliche Umsatzsteigerung,“ meint Reich.

Landratsamt verhängt eine Baueinstellung

Problematisch ist dabei nur, dass es recht unterschiedliche Ansichten darüber gibt, ob diese Innovationen auch genehmigungspflichtig sind. Und darum wird jetzt wieder gestritten. Eine Brauerei mit einer Kapazität von fünf Hektolitern brauche keine Baugenehmigung, meinen die Betreiber. In Mittenwald sieht man das anders. „Es ist normal, dafür einen Bauantrag zu stellen oder eine Nutzungsänderung zu beantragen“, sagt Bürgermeister Enrico Corongiu (SPD) und verweist darauf, dass dies gerade in einem alpinen Naturschutzgebiet ein sensibles Thema sei. Da oben bereits verschiedene Bautätigkeiten stattgefunden haben, wurden seitens des Landratsamts bereits eine Baueinstellung verfügt, der aber nicht eingehalten wurden, so Corongiu.

Nicht der erste Problemfall in Sachen Baugenehmigung. Unten bei der Talstation wurden auf dem Parkplatz Mobil Homes ohne Genehmigung aufgestellt, die direkt mit dem Boden verbunden sind.

Doch für die Gemeinde Mittenwald gibt es wenig Handlungsspielraum. Die Genehmigungsbehörde ist das zuständige Landratsamt Garmisch-Partenkirchen. Wegen der Brennerei wurde bereits eine Betriebsuntersagung erteilt, sagt Pressesprecher Stephan Schwarz. Zur Brauerei liege noch kein Antrag vor.

Dass während der im Spätherbst üblichen Revision der Seilbahn und der damit verbundenen Stilllegung mehrere Hubschrauberflüge zur Bergstation durchgeführt wurden, begründete die Karwendelbahn damit, dass dies nicht für Bautätigkeiten, sondern für elektrische Arbeiten im Sinne der Bestandspflege geschah.

Es deutet sich also einmal mehr ein Kleinkrieg zwischen den betroffenen Parteien an. Etwas skurril wird die Angelegenheit mit einem aktuellen Detail. Sowohl dem Personal der Gemeinde Mittenwald wie auch des Landratsamts wurde ein Verbot ausgesprochen, die Gondeln der Seilbahn zu benützen. Da es keine Straßenverbindung zur Bergstation auf 2244 Metern Höhe gibt, bleiben also nur noch Hubschrauberflüge oder stundenlange Aufstiege zu Fuß, um eventuelle Bautätigkeiten und deren Ergebnisse zu kontrollieren. Dass Ruhe einkehrt auf der Karwendelspitze, wie es sich Bürgermeister Corongiu erhofft, das scheint derzeit in weiter Ferne. (Georg Weindl)

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