Erstmals seit Jahren nimmt Bürgermeister Thomas Schwarzenberger das berühmte Weißbierglas aus dem Rathausschrank. Daraus nippte 2015 beim G7-Gipfel der damalige US-Präsident Barack Obama ein wenig Weißbier - alkoholfrei, wie später bekannt wurde. Die Bilder aus Krün vom Weißwurst-Frühstück von Obama und Kanzlerin Angela Merkel inmitten Einheimischer in Lederhose und Dirndl gingen um die Welt. Das Glas Obamas und das der Kanzlerin hütet der Rathauschef des Ortes im Landkreis Garmisch-Partenkirchen seither im Schrank seines Amtszimmers.
Jetzt bereitet sich der Bürgermeister wieder auf den Gipfel vor. Zu seiner Gemeinde gehört Schloss Elmau, wo vom 26. bis 28. Juni die Staats- und Regierungschefs von sieben führenden Industrienationen erneut zusammenkommen. Mancher Einheimische ist nicht begeistert über die Einschränkungen, die das für die Region bringt. Auf die Frage, ob er selbst sich freue, zitiert Schwarzenberger gern Karl Valentin: "Ich freue mich, wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch." Das Treffen sei angesichts des Krieges in der Ukraine wichtiger denn je. Seine größte Hoffnung sei, dass es Ergebnisse für einen Frieden bringe.
Ob Gipfelteilnehmer erneut einen Ausflug nach Krün machen und entspannt zusammen Weißwurst essen werden? Schwarzenberger glaubt nicht, dass es ein Frühstücks-Revival in bayerischer Idylle mit US-Präsident Joe Biden und Kanzler Olaf Scholz geben könnte. Corona, Ukraine, anderer Zeitplan: "Die Rahmenbedingungen sind andere."
Wie ein Souvenir aus unbeschwerter Zeit
Obwohl 2015 die Annexion der Krim schon Schatten warf und aus dem geplanten G8 Gipfel einen G7-Gipfel werden ließ: Das Weißbierglas scheint wie ein Souvenir aus unbeschwerter Zeit. "Das ist ein ganz normales Weißbierglas", sagt Schwarzenberger. "Spektakulär ausschauen tut das nicht." Die Brauerei Karg in Murnau habe Bier und Glas geliefert - nichts Besonderes an sich, sagt Schwarzenberger bescheiden. Damals allerdings hatte er geistesgegenwärtig dafür gesorgt, dass das eben doch besondere Glas in Obhut genommen wurde, noch ehe Obama an jenem 7. Juni 2015 den Rathausplatz verlassen hatte.
Der umtriebige Bürgermeister, seit 20 Jahren Rathauschef, hatte Ende Februar souverän die erste Bürgerversammlung mit Vertretern von Bundespresseamt, Staatskanzlei, Landräten und Bürgermeistern aus der Region für den Gipfel geleitet. "Mr G7" nannte ihn der "Münchner Merkur". Der CSU-Mann sitzt im Kreistag und im Bezirkstag, ein Vollblut-Kommunalpolitiker mit durchaus staatsmännischem Auftreten. Gemunkelt wird, er könnte einmal höhere Ämter bekleiden. Als einziger Ort in Deutschland bekommt das 2000-Seelen-Dorf den G7-Gipfel ein zweites Mal. Bei Heiligendamm 2007 gab es Randale. Das G20-Treffen 2017 in Hamburg endete mit Ausschreitungen. In Krün blieb 2015 alles weitgehend friedlich - ein Bilderbuch-Gipfel.
Der Plan eines Museum ist vom Tisch
Vor dem Rathaus in Krün erinnert an das Treffen und den Obama-Besuch eine Kopie der Bierbank von damals, auf der Tischplatte ein Foto Obamas inmitten seiner Gastgeber und ein Text. Im Winter wird die Bank abgebaut. Inzwischen nehmen dort wieder Brautpaare Platz - als Fotokulisse sei die Bank weiter beliebt, sagt Schwarzenberger. Aus dem ursprünglichen Plan, in der Gemeinde ein G7-Museum mit Erinnerungsstücken einzurichten, wurde nichts - zu teuer. "Es wäre defizitär gewesen, da haben wir das verworfen", sagt Schwarzenberger. Es fehle an Räumlichkeiten; das Museum hätte eine hohen fünfstelligen oder sogar sechsstelligen Betrag verschlungen, plus laufende Kosten.
Es wäre ein Platz gewesen auch für die Dankesschreiben aus Washington, die nach dem Treffen vor sieben Jahren ankamen. Er habe eine "kleine Brieffreundschaft" mit Obama gehabt, zwei Mal gingen Briefe hin und her, sagt Schwarzenberger, darauf angesprochen. Mit Absender "The White House Washington" und schwungvoll unterzeichnet von US-Präsident Obama, bedankt sich dieser beim "Dear Mayor Schwarzenberger". Besuche wie diese machten ihm große Hoffnung auf "eine Zukunft voller Chancen für alle Menschen", schrieb der US-Präsident. Wenn im Juni die Welt wieder den Blick auf die Region richtet, dann ist diese Hoffnung - auf eine Zukunft voller Chancen für alle - bei vielen freilich stark gesunken. (Sabine Dobel, dpa)
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