Kommunales

Rechtsextreme marschieren durch die Schweinfurter Innenstadt, ängstlich beobachtet von den Anwohnern - für bayerische Bürgermeister ein unerträglicher Zustand. (Foto: dpa)

23.07.2015

Bayerische Oberbürgermeister fordern neues Konzept im Kampf gegen Rechtsextreme

Im Brief an Innenminister Joachim Herrmann (CSU) plädieren die Rathauschefs für eine Ergänzung der sicherheitspolitischen Maßnahmen um pädagogische, kultur- und sozialpolitische Konzepte

Die der SPD angehörenden Oberbürgermeister Dieter Reiter (München), Ulrich Maly (Nürnberg), Joachim Wolbergs (Regensburg), Florian Janik (Erlangen) und Andreas Starke (Bamberg) sowie ihre CSU-Amtskollegen Kurt Gribl (Augsburg), Harald Fichtner (Hof/Saale) und Karl-Willi Beck (Wunsiedel i. Fichtelgebirge) haben in einem offenen Brief an den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) eine teilweise Neuausrichtung und konzeptionelle Erweiterung der Politik gegen Rechtsextreme in den Kommunen gefordert.

Man begrüße das Handlungskonzept der Staatsregierung aus dem Jahr 2009, heißt es in dem Schreiben, zu dem im vergangenen jahr ein mit 54 Seiten "beeindruckend umfassende" Umsetzungsbericht vorliege. Das Konzept nehme einen "wichtigen Bestandteil" des Rechtsextremismus in den Blick: den organisierten und strafrechtlich relevanten Bereich. Bei dem vorliegenden Konzept handele es sich somit "im Kern um ein staatliches Sicherheitskonzept. Das allein aber, so die Rathauschefs, sei aus Sicht der betroffenen Kommunen aber leider nicht ausreichend.

Die Oberbürgermeister verweisen auf die jüngst erschienene so genannte Mitte-Studie der Universität Leipzig. Diese habe – wie bereits andere Studien vor ihr – verdeutlicht, dass es gerade auch in Bayern neben den durch Rechtsextremisten begangenen Straf- und Gewalttaten Probleme im Bereich der „Einstellungen“ weiter Bevölkerungsteile gibt. So zeige sich, dass rassistische, antisemitische und islamfeindliche Einstellungen weit verbreitet sind (beispielsweise sind 33,1 Prozent der bayerischen Bevölkerung demnach ausländerfeindlich, beim Antisemitismus erreicht die bayerische Bevölkerung mit 12,6 Prozent sogar einen bundesweiten Höchstwert). "Gerade diese Ebene ist also zu bearbeiten, möchte man dem organisierten Rechtsextremismus dauerhaft die Grundlage entziehen", appellieren die Oberbürgermeister an den Innenminister und klagen: "Leider findet diese Ebene – bei der nicht nur der extremistische Rand eine Rolle spielt, sondern es vielmehr auch um die gesellschaftliche „Mitte“ geht – im Handlungskonzept der Staatsregierung keine Berücksichtigung." Da das Problem und die Notwendigkeit der Prävention allerdings deutlich über den Bereich des organisierten Rechtsextremismus hinausreichtenen, ist es auch Sicht der unterzeichnenden Kommunen nicht ausreichend, im Kern auf sicherheitspolitische Maßnahmen zu setzen.

"Pädagogische, kultur- und sozialpolitische Maßnahmen"


"Notwendig ist vielmehr ein gesellschaftspolitischer Diskurs in dem darauf geachtet wird, dass
menschenverachtende Ansichten keine Resonanz finden", heißt es in dem dreitseitigen Schreiben weiter. "Zudem sind im Rahmen eines umfassenden Handlungskonzepts auf Landesebene pädagogische, kulturpolitische, sozialpolitische und weitere Maßnahmen gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zu erarbeiten beziehungsweise auszubauen." Man vermisse bei der Staatsregierung etwa "die Auseinandersetzung mit dem Rechtspopulismus, den verschiedenen Spielarten des Rassismus und des Antisemitismus sowie mit konkreten Szenen, beispielsweise den extrem rechten Burschenschaften und den rechtsaffinen Fan-Szenen."

Bayern gehört aus Sicht der acht Unterzeichner "leider zu den Bundesländern, die die geringsten Eigenmittel zur Förderung der Zivilgesellschaft in diesem Bereich bereitstellen." Als Vorbereitung für die Entwicklung einer "optimalen Förderstruktur" auch in Bayern rege man an, im Rahmen von "konzeptionellen und organisatorischen Vorarbeiten den Erfahrungsaustausch mit anderen Bundesländern zu suchen", die Initiativen gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit bereits umfassend fördern.

Gegenüber dem Bayerischen Rundfunk lies der Innenminister mitteilen, man werde sich vorerst nicht öffentlich zu dem Schreiben äußern. Generell gelte aber, dass das Konzept der Staatsregierung im Kampf gegen Rechtsextreme "kontinuierlich fortentwickelt" werde. (APL)




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