Kommunales

Viele Berufstätige aus dem ländlichen Raum können sich das Pendeln aufgrund der ständig steigenden Spritpreise kaum noch leisten und werden näher an ihren Arbeitsplatz in den Metropolen ziehen müssen – die Dörfer sterben somit aus. Hier wollen die Landkreise mit einer finanziellen Entlastung gegensteuern. (Foto: DAPD)

11.05.2012

Sonthofener Wunschzettel an Seehofer

Inklusion, Breitband, Pendlerpauschale: Bayerns Landkreise haben bei ihrer Jahresversammlung viele Forderungen

Bayerns Landräte machen mobil. Bei ihrer Jahresversammlung am 14. und 15 Mai in Sonthofen wollen sie der Staatsregierung gleich einen ganzen Forderungskatalog präsentieren und kund tun, wo nach ihrer Sicht der Dinge der Schuh drückt. Neben Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) haben sich auch Innenminister Joachim Herrmann und Kultusminister Ludwig Spaenle (beide CSU) angekündigt.
Spaenle, das gab der Präsident des Bayerischen Landkreistags, der Miesbacher Landrat Jakob Kreidl (CSU) bekannt, wird sich vor allem kritische Fragen zum Thema Inklusion gefallen lassen müssen. Hintergrund: Die EU-Menschenrechtskonvention erzwingt bei entsprechendem Elternwillen, dass behinderte Kinder absolut gleichberechtigt den Unterricht an den Regelschulen besuchen dürfen.


Regelschule beibehalten


Hier sehen die Landkreise, die unter anderem für die Beförderung der Kinder verantwortlich sind, eine Kostenlawine auf sich zurollen – was Jakob Kreidl mit Zahlen belegen kann. Von 2009 bis 2011 haben sich die Ausgaben von zwei Millionen auf sechs Millionen Euro verdreifacht. Nahmen bayernweit vor drei Jahren noch 245 körperlich und geistig behinderte Kinder diese Leistung in Anspruch, so sind es inzwischen bereits 570. Der Freistaat zieht sich derweil auf eine für ihn unter finanziellen Gesichtspunkten angenehme Position zurück: Die Inklusion sei kein Konnexitätsfall, weil kein Wille der Landesregierung, also müssten die Kommunen die entsprechenden Ausgaben selbst tragen.
Vor diesem Hintergrund wollen die Landkreise darauf dringen, dass die Aufnahme von behinderten Kindern in die Regelschule lediglich ergänzend praktiziert wird und die Förderschulen beibehalten werden. Gestärkt sieht Kreidl diese Sicht der Dinge durch das Verhalten vieler Eltern in jüngerer Zeit. Nachdem diese zunächst darauf beharrten, dass ihre Kinder die Regelschule besuchten, meldeten sie diese nach einigen Wochen doch wieder für die Förderschule an – nicht zuletzt, weil sich die betroffenen Buben und Mädchen in der anderen Umgebung selbst nicht richtig wohl fühlten. „Grundsätzlich ist uns aber wichtig, dass in unsere Schullandschaft nach den Jahren der Reformen und des Umbruchs erst einmal Ruhe einzieht und die beschlossenen Maßnahmen wirken können“, fordert Kreidl.
Ein weiteres soziales Thema, dass in Sonthofen diskutiert werden soll, ist der Ärztemangel. „In Bayern beginnt inzwischen eine Entwicklung, wie wir sie bisher nur aus den neuen Bundesländern kennen“, warnt der Präsident des Landkreistags. Fehlt der Hausarzt, ziehen die Menschen weg, gibt Kreidl zu bedenken. Mögliche Lösungsansätze für den Freistaat vorstellen soll deshalb als Gast Max Kaplan, der Präsident der bayerischen Landesärztekammer. Zu den Vorstellungen der Landkreise in diesem Zusammenhang gehören die Beibehaltung einer kleinräumigen Krankenhausversorgung und eine verstärkte Kooperation der Kliniken mit den verbliebenen niedergelassenen Ärzten.
Ein Dauerthema der Infrastruktur darf in Sonthofen ebenfalls nicht fehlen: die Breitbandverbindung. Zwar loben die Landkreise grundsätzlich die Maßnahmen der Staatsregierung, aber im Detail üben sie weiterhin Kritik. So gefällt dem kommunalen Spitzenverband unter anderem nicht, dass die Förderung in Kumulationsgebieten von mindestens fünf Unternehmen abhängig gemacht wird. Für diese muss ein Bedarf nach Bandbreiten von mindestens 50 Mbit/s bestehen. Schulen und Behörden werden hingegen zur Erfüllung dieser Fördervoraussetzung nicht in Ansatz gebracht. „Die Anbindung von Behörden und Schulen an leistungsfähige Datennetze sollte nicht ein erwünschter Nebeneffekt bleiben“, lautet deshalb der Standpunkt des Bayerischen Landkreistags, „sondern muss eines der zentralen Ziele eines staatlichen Förderprogramms sein.“ Ansonsten würden staatliche Projekte wie das Digitale Bildungsnetz Bayern oder Rechenzentrumslösungen in der öffentlichen Verwaltung aufgrund fehlender Bandbreiten nicht umsetzbar sein, ist Jakob Kreidl sicher.


"Festgefahrene Position"


Etwas diffus bleibt der Landräte-Chef bei seiner Forderung, dass auch die Pendler im ländlichen Raum angesichts der dramatisch steigenden Spritpreise stärker entlastet werden müssten – sonst drohe eine weitere Landflucht. Nun kann natürlich, was auch Kreidl weiß, allein der Bund die Pendlerpauschale heraufsetzen und die Begeisterung für diese Maßnahme hält sich in Berlin derzeit noch in Grenzen. Wie genau aber die „Mobilitätsförderung“, für die sich Bayern über den Bundesrat stark machen soll, am Ende ausschaut, das sagte er nicht. Fest stehe lediglich: „Bei der Pendlerpauschale als solcher sind die Positionen zu festgefahren.“ (André Paul)

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