Kommunales

Freie Stellplätze vor Pendlerbahnhöfen sind heiß begehrt. (Foto: DPA)

26.10.2012

Teures Pendeln

Gemeinden wollen Ortsfremde auf Park+Ride-Stellplätzen abkassieren

Am 1. September setzte die Gemeinde Petershausen (Landkreis Dachau) einen Schlusspunkt unter eine lange Diskussion: Seither kostet jeder der knapp 1000 Park+Ride-Stellplätze für Bahnkunden einen Euro am Tag. Nur Bürger aus Petershausen – die allerdings lediglich sieben Prozent der Nutzer ausmachen – dürfen weiter umsonst parken. Die Münchner P+R Park & Ride GmbH ist beauftragt, die Gebühren zu erheben. Vor allem aus Reichertshausen, woher die meisten Pendler kommen, war der Unmut im Vorfeld groß. Das Beispiel könnte trotzdem Schule machen in Bayern.
Park+Ride-Anlagen zu bewirtschaften, das ist die Spezialität der P+R GmbH, einem Serviceunternehmen der Landeshauptstadt. An 36 S- und U-Bahnhöfen in München und dem Münchner Umland betreut die 1992 gegründete Gesellschaft Parkplätze, Parkhäuser und Tiefgaragen. So ist sie schon seit über zehn Jahren für die 600 Parkplätze umfassende Park+Ride-Anlage am S-Bahnhof Hallbergmoos im Kreis Freising zuständig. Anfangs kontrollierte sie dort nur die Höchstparkdauer. Seit 2009 werden Gebühren erhoben. Selbst Bürger aus Hallbergmoos, die aktuell knapp ein Drittel der P+R-Kunden ausmachen, müssen 25 Euro im Jahr fürs Parken zahlen.
Warum aber muss die Bahn nicht, wie jeder Supermarkt, Parkplätze vorhalten? Das fragt sich Klaus Burgstaller, Leitender Verwaltungsbeamter der Gemeinde Reichertshausen: „Bahnkunden zahlen erhebliche Kosten für die Fahrkarten. Dann sollten sie dafür auch einen kostenlosen Parkplatz erhalten.“ „Nein“, sagt dagegen Norbert Moy, Vorstand des Vereins Pro Bahn Oberbayern: „Die Deutsche Bahn sieht die Schnittstelle zu anderen Verkehrsträgern, also Busbahnhöfe, Fahrradabstellanlagen sowie P&R, als Aufgabe der Kommunen an.“ Problematisch dabei sei, dass eine regionale Planung der Verkehrsströme zu stark frequentierten Bahnhöfen wie jener in Petershausen fehle.


Bisher schlechter Service


Der Gebührenprotest aus Reichertshausen war kein Einzelfall – genau wie einst in Grafing-Bahnhof, der größte Park+Ride-Anlage, die von der P+R GmbH derzeit betreut wird. „Auch hier gab es einen extremen Parkdruck“, so Wolfgang Großmann, Geschäftsführer des Münchner Serviceunternehmens. Darum wurden vor zwei Jahren Parkgebühren eingeführt, was ebenfalls für großen Ärger sorgte. In Petershausen rollt derweil der Rubel: Von fast 1600 kontrollierten Autos hatten kürzlich nur vier Prozent kein Parkticket. 60 Prozent der Parkenden waren bisher bereit, sich eine Jahres- oder Monatskarte zu kaufen.
Eine interkommunale Vereinbarung hätte die Gebührenpflicht in Petershausen abwenden können. Im Juli 2007 wurde das Konzept für eine gemeindeübergreifende Finanzierung öffentlich präsentiert. Doch die Umlandkommunen lehnten es ab, sich an den jährlich rund 150 000 Euro hohen Kosten für Reinigung, Winterdienst, Beleuchtung, Grünschnitt, Abfallbeseitigung und Entwässerung zu beteiligen. Unter anderem mit dem Argument, dass ja nicht nur Park+Ride-Anlagen gemeindefremden Bürgern zugute kämen. „Für Schwimm- und Freibäder werden von den anderen Gemeinden auch keine Kosten oder Umlagen erhoben“, argumentiert der Reichertshausener Burgstaller.
Heuer wie auch im Vorjahr bringt die Betreuung von P+R-Anlagen außerhalb der Landeshauptstadt der Münchner P+R GmbH knapp fünf Prozent des Umsatzes ein. Insgesamt neun kostenpflichtige Parkeinrichtungen werden augenblicklich gemanagt. Dass Park+Ride an immer mehr Bahnhöfen etwas kostet, ist für Pro Bahn aufgrund der „enormen negativen Nebenwirkungen“ der Anlagen in Ordnung. Norbert Moy: „Aus unserer Sicht sollten Alternativen zum flächenverbrauchenden P&R wie Buszubringer oder Bike&Ride gefördert werden.“ Je größer die Stellplätze werden, desto mehr Menschen fahren auch mit dem Auto direkt bis zum Bahnhof, statt auf günstigere Anreisemöglichkeiten wie beispielsweise Buszubringer oder das Radl umzusteigen.
Die künftige Zustimmung zur Gebührenerhebung in Petershausen wird davon abhängen, wie gut darüber gewacht wird, dass der mit hohen Kosten ins Feld geführte Service für die Park+Ride-Anlage auch tatsächlich geboten wird. Denn zufriedenstelled war er in der Vergangenheit nicht. Klaus Burgstaller: „Auf gut bayerisch war er bisher unter aller Kanone“. So sei im Winter nicht geräumt oder gestreut worden, die Stellplätze seien „total vereist“ oder wegen hohem Schnee nicht befahrbar gewesen. Das sollten andere Gemeinden bedenken, die über eine Kostenerhebung auf ihren Parkplätzen nachdenken, wenn sie sich nicht den Zorn der Nachbarorte einhandeln wollen. (Pat Christ)

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