Kommunales

Maximale Transparenz dürfte nicht allen Verwaltungsmitarbeitern gefallen. (Foto: Bilderbox)

11.03.2011

Transparenz mit Hindernissen

Die neue Informationsfreiheitssatzung der Stadt München weckt ziemlich große Erwartungen

Mit öffentlichen Dokumenten und einer transparenteren Verwaltung möchte die Landeshauptstadt moderner und bürgernäher werden. Doch Kritikern gehen diese Schritte noch nicht weit genug. Sie fordern bereits ein bayernweites Gesetz für Informationsfreiheit. Inzwischen werden auch Bedenken laut. Thomas Pfeiffer wünscht sich eine transparente Stadt. Er will an den Prozessen teilhaben und nachverfolgen können, was geschieht. „Ich halte es für eine der vornehmsten Rechte, sich in einer Demokratie in die Politik einzumischen“, sagt der 34-Jährige. Pfeiffer beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema, er ist Medienpädagoge, kürzlich hat er ein Buch über Social Media herausgebracht. „Unsere Demokratie und Stadtgesellschaft leben von wirksamer Kontrolle.“
Die Stadt München ist Pfeiffers Ideal in den vergangenen Wochen ein großes Stück näher gekommen. Zunächst initiierte sie Ende 2010 den Tag der offenen Verwaltung, den so genannten MOGDy (Munich Open Government Day). Dabei konnten alle Interessierten auf einer Internet-Plattform Vorschläge erläutern, wie München transparenter werden könnte. Pfeiffer war einer von knapp 400 Nutzern, die auf der Seite mitmachten.


Akteneinsicht für die Bürger


Mit der Aktion wollte die Stadt vor allem Ideen für mögliche Anwendungen sammeln (landläufig Apps genannt). Mit Apps kann man sich etwa anzeigen lassen, etwa wo sich der nächste Spielplatz oder die nächste Bushaltestelle befindet. Bis Ende März läuft nun ein App-Wettbewerb, in dem Programmierer die gesammelten Ideen umsetzen können.
Am 21. und 22. Januar trafen sich interessierte MOGDy-Unterstützer im Münchner Alten Rathaus, um über die besten Ideen zu beraten. Eine Liste all jener Ideen mit den meisten Unterstützern übergaben sie dann dem Stadtrat. Der will nun wiederum bis Ende des Jahres beraten, welche Ideen tatsächlich umsetzbar sind. Doch ein Sprecher der Stadt räumt schon jetzt ein, dass viele der Vorschläge „aus technischen oder finanziellen Gründen wahrscheinlich nicht umsetzbar“ seien.
Thomas Pfeiffers Idee stand auf Platz 3 der Liste: eine Informationsfreiheitssatzung (IFS). Pfeiffer erklärt in seinem Vorschlag: „Die IFS soll das Recht einräumen, Informationen der Stadtverwaltung, einsehen zu dürfen und gleichzeitig Verwaltung verpflichten, diese Informationen auch zugänglich zu machen.“
Zumindest mit diesem Vorschlag dürfte die Stadtverwaltung keine Probleme haben, der Münchner Stadtrat hat am 26. Januar einstimmig einen entsprechenden Antrag der Grünen/Rosa Liste und der SPD angenommen. München ist damit die 13. Gemeinde in Bayern mit einer IFS. In Würzburg als bislang einziger großer Stadt ist am 1. Januar 2011 eine entsprechende Satzung in Kraft getreten.
Ab dem 1. April dürfen nun alle Münchner Bürger Einsicht in städtische Daten verlangen. Dann genügt ein formloser schriftlicher Antrag und die Stadt muss im Regelfall innerhalb eines Monats die Daten zur Verfügung stellen. Nur in begründeten Ausnahmen kann die Stadt die Daten unter Verschluss halten, etwa aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes. Grünen-Stadtrat Florian Roth feiert das als Erfolg. Er setzt sich seit mehreren Jahren für eine IFS ein. „Das ist eine Möglichkeit, endlich zu sehen, was der Staat alles im Auftrag der Bürger tut“, sagt Roth. So müssten die Bürger keine Bittsteller mehr sein. „Das ist eine Art Grundrecht.“ Pfeiffer sekundiert: „Es sind immerhin unsere Informationen, deshalb ist es nur selbstverständlich, dass wir einen Zugang zu diesen Informationen haben.“
Auch die CSU-Fraktion im Stadtrat spricht sich, anders als ihre Kollegen im Landtag, seit vorigem Jahr für eine IFS aus. „Wir sind für eine aufgeklärte Bürgergesellschaft und mehr Transparenz“, sagt Fraktionsvorsitzender Josef Schmid. Für die Bearbeitung kann die Stadt Gebühren erheben. Wie hoch die ausfallen werden, steht noch nicht fest. Ein Maximalbetrag von 500 Euro schwebt im Raum, doch beschlossen ist noch nichts. Pfeiffer kritisiert: „Die Stadt könnte theoretisch mit dem Kostenhammer alle unliebsamen Anfragen abwehren.“ Um das zu verhindern, haben die Grünen eine zusätzliche Forderung in den Antrag eingebaut, die vorsieht, dass die Kosten dem Aufwand entsprechen müssten. Nun soll eine Kommission festlegen, wie diese berechnet werden können.
München folgt mit der IFS einem bundesweiten Trend. Bereits 2006 schrieb der Bund die Informationsfreiheit in einem Gesetz fest, dem IFG. Das machte Bundesdokumente für alle Bürger zugänglich. Doch es gibt ein Problem: Das Gesetz bezieht sich ausschließlich auf Behörden des Bundes, die Länder müssen eigene Gesetze erlassen. In elf Bundesländern gibt es heute bereits IFGs, so etwa in Berlin, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Bayern gehört bislang nicht dazu – zu Roths Leidwesen. Denn nur ein Landesgesetz könnte alle Bereiche des städtischen Lebens umfassen.
Die aktuelle Satzung hingegen deckt nur die unmittelbaren städtischen Kompetenzen ab wie Verkehr, Ortsplanung oder Schulhygiene. So genannte übertragene Wirkungskreise fallen jedoch heraus, also Aufgaben, die die Stadt stellvertretend für Land oder Bund übernimmt. So können die Bürger auch weiterhin beispielsweise über die Bauaufsicht keine Informationen verlangen.
Pfeiffer sieht einen weiteren Kritikpunkt: Gemäß der aktuellen Fassung profitieren nur Münchner Bürger von der IFS, Pendler etwa bleiben außen vor. Er fordert, dass man anstatt „alle Münchner“ schlicht „alle“ schreibt. Auch Grünen-Politiker Roth kritisiert die Einschränkung. Er kündigt an, sich für eine Verallgemeinerung einzusetzen. Noch lieber wäre Roth allerdings ein bayernweites Gesetz. Dann würde jeder Bayer freien Zugriff auf Informationen der Verwaltung haben.
Deshalb haben Roth und seine Kollegen in den IFS-Antrag einen zweiten zusätzlichen Punkt aufgenommen: Sie fordern, dass der Landtag sich mit der Informationsfreiheit auseinandersetzt, damit bald auch Bayern ein landesweit gültiges Gesetz hat. Bereits mehrfach scheiterten die Grünen mit diesem Ansinnen im Landtag. Doch Roth ist optimistisch, dass die Ausgangslage nun besser sei. Die Opposition aus SPD, Grünen und Freien Wählern unterstütze den Vorschlag ohnehin und auch die FDP sei tendenziell dafür. Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) soll das Ansinnen nun an den Landtag herantragen.
Die CSU hingegen findet keine einheitliche Position. Die Landtagsfraktion sprach sich bislang stets gegen ein IFG aus – und bis auf Weiteres will sie auch dabei bleiben. „Uns ist nicht ersichtlich, welcher Mehrwert sich durch ein IFG ergeben sollte“, sagt die Abgeordnete Petra Guttenberger. Man wolle zwar das Gespräch suchen – doch an eine grundsätzliche Änderung der derzeitigen Position glaubt sie nicht. „Es müssten schon sehr gewichtige Argumente sein, um mich von der bisherigen Linie abzubringen.“ (K. Antonia Schäfer)

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