Kommunales

Besucher im Museum der Gedenkstätte KZ Flossenbürg. (Foto: DDP)

12.02.2010

Vom Stigma zum Standortfaktor

Wie die Kommune das ehemalige KZ Flossenbürg vermarkten will

Von der Vergangenheitsbewältigung zur Vergegenwärtigung des Vergangenen war es ein weiter Weg. Es dauerte lang, bis sich in der Öffentlichkeit die Erkenntnis durchsetzte, dass die Verbrechen der NS-Diktatur nicht zu bewältigen seien, sondern auch von den nachfolgenden Generationen erinnert und damit aufgehoben, also im Gedächtnis bewahrt werden müssen – nicht mit Schuldgefühlen, sondern im Bewusstsein der Verantwortung fürs Geschehene.
Bei der Vorstellung seines Buches Erinnerungsort Flossenbürg (Wallstein Verlag, Göttingen 2009, 389 Seiten, 39,80 Euro) reflektierte jetzt der Leiter der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, Jörg Skriebeleit, den Wandel der Erinnerungskultur am Beispiel dieser Gedenkstätte in der Oberpfalz. In seinem Vortrag „Vom Stigma zum Standortfaktor“ ging er auf diesen, in den Jahren nach dem Kriege vorherrschenden, Mythos des Schweigens ein, ein Schweigen, das in Flossenbürg erst nach und nach der Verarbeitung wich.
Das KZ, in dem der derzeit vor Gericht stehende Iwan Demjanjuk vom Oktober 1943 bis Dezember 1944 als Wachmann eingesetzt war, galt nach 1945 als „vergessenes Lager“. Allenfalls mit dem Namen des evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer, der dort ermordet wurde, verband sich der Name Flossenbürg, obwohl dort bis 1945 über 100 000 Häftlinge gefangengehalten wurden, von denen 30 000 zu Tode kamen.
In Flossenbürg wurde das NS-Erbe zunächst als belastendes Stigma empfunden, und die ersten Ansätze, sich der Vergangenheit zu stellen, sollten vor allem dazu dienen, die Erinnerung an das Gewesene zu mildern. Das lief nicht selten darauf hinaus, die Spuren der Vergangenheit durch eine Umnutzung des ehemaligen KZ-Geländes zu tilgen. Eine Erinnerungslandschaft der Sühne wurde angelegt, in der das tatsächliche Verbrechen in einer Art christlichem Heilskonzept wie in einem Friedhof aufgehoben wurde.
Erst Anfang der 1980er Jahre kam es zum Umdenken, das Stigma der Schande wich einer Selbst-Stigmatisierung des Ortes Flossenbürg, der sich zum Opfer stilisierte. Der Ausbau der KZ-Gedenkstätte mit Dauerausstellung in den letzten Jahren wird nun zwar das einstige Konzentrationslager nicht instrumentalisieren, wohl aber dessen Repräsentationsfunktion als Standortfaktor, nicht zuletzt für den Fremdenverkehr, bewusst pflegen. Und mit Stolz wird heute darauf hingewiesen, eine der ältesten KZ-Gedenkstätten in Europa zu sein. (Friedrich J. Bröder)

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