Kommunales

Beim gemeinsamen Montieren (von links): Bernd Obst, Erster Bürgermeister Markt Cadolzburg,Landrat Matthias Dießl und Sarah Guttenberger, Geschäftsführerin AGFK (Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen in Bayern). (Foto: Wraneschitz)

14.12.2018

Was bringt Tempo 30 wirklich?

Modellversuch in elf Kommunen zu Geschwindigkeitsbegrenzungen

Wie kann ein besseres, friedliches Nebeneinander radelnder und autofahrender Verkehrsteilnehmer auf vielbefahrenen Innenortsstraßen gelingen? Das soll ein bayernweiter Modellversuch klären. Die Staatsregierung unterstützt vier Varianten in insgesamt elf Städten. Die wissenschaftliche Begleitung übernimmt die Technische Hochschule Georg Simon Ohm aus Nürnberg.

Wo der Verkehrsraum eng ist, haben die Schwächeren automatisch schlechte Karten. Das wird beispielsweise in der Marktgemeinde Cadolzburg mit der stolzen Hohenzollernburg deutlich. Die zentrale Hindenburgstraße ist mit 15.000 täglichen „Fahrzeugbewegungen“ belastet. Nun wurden auf 700 Metern der Durchgangsstraße „Tempo 30“-Verkehrsschilder montiert.

Platz für Radwege fehlt


„Es fehlt der Platz für Radwege, hier können wir Radler also nicht anderweitig fördern“, erläutert Matthias Dießl (CSU), der Fürther Landrat und Vorsitzende der „Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen in Bayern e.V.“ (AGFK).

Anderswo gibt es die Chance, die „30 km/h“-Schilder durch weitere Maßnahmen zu ergänzen. So wuden beispielsweise in Gröbenzell Fahrradpiktogramme auf der Fahrbahn angebracht, in Regensburg Radwege ohne Benutzungspflicht gekennzeichnet, in Fürstenfeldbruck einseitige Schutzstreifen innerorts gekennzeichnet.

Unterstützung aus München


Insgesamt laufen nun elf Modellprojekte in Bayern an, alle „Teil der Gesamtstrategie für mehr Radverkehr in Bayern“, so AGFK-Vorsitzender Dießl. Großer Unterstützer dieser Ideen sei Innenminister Joachim Herrmann (CSU): Als Schirmherr der AGFK setze er sich schon seit Jahren für Modellvorhaben ein, lobt Dießl den aus Erlangen stammenden Minister. AGFK-Geschäftsführerin Sarah Guttenberger berichtet von zahlreichen Bewerbungen aus dem ganzen Freistaat, die Versuche ausrichten zu dürfen. Die vorgegebenen Auswahl-Kriterien sollen die Übertragbarkeit sichern. Sie geht deshalb davon aus, nicht nur die Cadolzburger Erfahrungen werden auch andernorts interessiert wahrgenommen.

Dabei ist Bürgermeister Bernd Obst (CSU) „gar nicht sicher, dass Tempo 30 bei uns nur positive Auswirkungen hat“. Denn im Ort wurde im Vorfeld des Projekts darüber spekuliert, die Beschilderung sei nur so etwas wie eine Beruhigungspille für die Innenortbewohner. Gerade mal ein Jahr ist es her, dass die Cadolzburger Bevölkerung per Bürgerentscheid eine Ortsumgehung abgelehnt hat. Die Nürnberger- und Hindenburgstraße sind deshalb weiter stark belastet. Auch Landrat Dießl erwartet vom dortigen Modellversuch gar nicht, dass der Ort erkennbar von Diesel- und Benzinabgasen entlastet wird. Es geht ihm schlicht um „mehr Radverkehr“. Wie Sarah Guttenberger hofft er, dass Radfahrer sich zum Beispiel wegen der geringeren Geschwindigkeit der Autos weniger gefährdet fühlen als jetzt.

Wissenschaftliche Begleitung


Das wollen die Wissenschaftler um TH-Professor Harald Kipke durch einen Vorher-/Nachher-Vergleich herausfinden. Im letzten Sommer haben sie überall das „Ist“ festgehalten. Nun dürfen sich die Pkw-Fahrer mehrere Monate an die neuen Vorgaben wie „Tempo 30“ gewöhnen. Und im vergleichbaren Zeitraum 2019 wollen die Forscher feststellen, ob und was sich verändert hat im Miteinander der Straßennutzer. 2020 wiederum sollen die Ergebnisse veröffentlicht werden, so Kipke.

In Cadolzburg mischen sich momentan tagsüber etwa zehn Radelnde pro Stunde, mehrheitlich Touristen, unter knapp 1000 Autos. Örtlich Verantwortliche hoffen, mehr Einheimische würden statt Diesel- oder Benzin- lieber Pedalantrieb zum Einkauf nutzen. Das Anschrauben des ersten rot-weißen Verkehrsschilds nutzte der Cadolzburger Ortschef Obst für eine Bitte sowohl an die Kommunale Verkehrsüberwachung als auch an die Polizei: Die sollen die herabgesetzte erlaubte Geschwindigkeit stärker als bisher kontrollieren. Das soll die Gewöhnung an Tempo 30 unterstützen.
(Heinz Wraneschitz)

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