Kommunales

Bus in Pfaffenhofen – seit kurzem fährt man dort ticketlos. Foto: Hollenberger

08.02.2019

Wo der Stadtbus nichts kostet

Das oberbayerische Pfaffenhofen ist beim Gratis-ÖPNV einer der bundesweiten Vorreiter

„Früher sind wir immer mit dem Auto zum Volksfestplatz gefahren und dann in die Stadt gelaufen!“ Die Rentnerin mit der kecken Ballonmütze schaut dem Reporter mit wachen Augen ins Gesicht und ergänzt, „jetzt fahren wir nur noch mit dem Bus, seit der nix mehr kostet.“ Der Ehemann der Frau nickt zustimmend, auch die anderen Fahrgäste lächeln und freuen sich über die Stadtverwaltung.

Ein Bus nach dem anderen stoppt an der Haltestelle am Hauptplatz, direkt gegenüber vom Landratsamt. Es dauert keine zwei Minuten, bis der nächste kommt. Hier in der Stadtmitte kommen sämtliche sieben Stadtbuslinien vorbei, die in Pfaffenhofen an der Ilm unterwegs sind.

Knapp 26 000 Einwohner zählt die „lebenswerteste Kleinstadt der Welt“. Diesen Titel konnte der Bürgermeister 2011 in Südkorea entgegennehmen. Eine internationale Jury hatte die Stadt damals auch für ihr vorbildliches Umweltmanagement geehrt. Diesem Ziel kommt die Kommune mit der Einführung des kostenlosen Stadtbusses jetzt wieder ein ganzes Stück näher.

Aber zu welchem Preis? Der stellvertretende Bürgermeister war anfangs skeptisch. Bei der ausführlichen Diskussion im Stadtrat sprach er sich gegen einen kostenlosen Stadtbus aus und warnte vor einem Schnellschuss. Doch die Mehrheit war für die Abschaffung der Fahrkarten. Albert Gürtner rechnet deshalb nun vor, wie viel das Ganze kostet. „Der Stadtbus hat bisher 600 000 Euro Defizit im Jahr verursacht.“ Mit dem neuen kostenlosen Angebot komme man auf eine Million Euro. „Ich denke, das ist es wert, wenn man die Bevölkerung dazu bringt, auf öffentlichen Nahverkehr umzusteigen.“

Seit dem 10. Dezember 2018 braucht man keinen Fahrschein mehr, um in Pfaffenhofen Bus zu fahren. Valide Zahlen liegen noch nicht vor, aber stellvertretender Bürgermeister Albert Gürtner schätzt, dass bis zu 30 Prozent mehr Menschen in den Bussen sitzen als vor der Einführung des kostenlosen Nahverkehrs. Die Stadtverwaltung zahlt ihren Bürgern sogar Gebühren für Jahreskarten zurück, damit die Stammgäste in den Bussen nicht auf ihre Investition in die Umwelt sitzen bleiben. Auch die Kleinstadt Pfaffenhofen erstickt im Verkehr.

Parkplätze sollen dafür künftig eine Gebühr kosten

1016 Fahrzeuge besitzen 1000 Bürger dieser Stadt im Durchschnitt, mehr als jemals zuvor. Fast die Hälfte der Arbeitnehmer pendelt nach München oder Ingolstadt zur Arbeit. Längst nicht alle mit dem Zug, aber es sollen eben mehr werden, auch durch den kostenlosen Stadtbus, der sie zum Bahnhof bringt. Dort herrscht oft Parkplatznot, weil schon immer viele lieber im Zug nach München sitzen als auf der Autobahn jeden Morgen auf´s Neue im Stau zu stehen.

Für die Parkplätze am Bahnhof werden demnächst Gebühren fällig. Drei Jahre lang werden die Stadtbusse in Pfaffenhofen jetzt gratis die Bürger befördern. Das ist die Frist, die der Stadtrat für seinen Versuch beschlossen hat. Davon profitieren auch Firmen, die sich hier angesiedelt haben und viel Gewerbesteuer in die Kassen der Stadt spülen. Ein japanischer Pharmakonzern musste seine Mitarbeiter bisher immer mit dem Sammeltaxi vom Bahnhof abholen lassen. Das ist jetzt nicht mehr nötig.

Schon im Sommer 2017 war der Stadtbus in Pfaffenhofen für Fahrgäste kostenlos. Solange wie die kleine Landesgartenschau „Natur in Pfaffenhofen“ stattfand. Die hat einen Besucherrekord aufgestellt, der mit viel Parksuchverkehr sicher schwieriger zu schaffen gewesen wäre. Die Anzahl der Passagiere stieg damals um 20 Prozent. Die weißen Fahrzeuge senken sich ab, wenn Menschen mit Rollatoren einsteigen wollen. Modernste Busse lässt die Stadt durch ihre Straßen fahren, die so wenig Abgase wie möglich ausstoßen. Eine Mutter mit Kinderwagen sagt, dass es viel einfacher sei, ihre beiden Kleinen in den Kinderwagen zu setzen und dann damit Bus zu fahren als die beiden nacheinander auf ihren Kindersitzen im Auto festzuschnallen – und dann wieder abzuschnallen, den Kinderwagen aus dem Kofferraum zu holen und sie wieder rein zu setzen, sobald man am Ziel ist. (Heinz Hollenberger)

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