Kultur

Leopold Bode: Pippin und Bertha (Die Sage von der Geburt und Ausschnitt aus Leopold Bodes dreiteiliger Bilderzählung "Pippin und Bertha" über Geburt und Kindheit Kaiser Karls des Großen: Abholung Berthas und Carls durch Pippin und Berthas Eltern (1876). (Foto: Bayerische Staatsgemäldesammlungen)

11.01.2019

Märchenhaft poetische Werke

Ausstellung „Erzählen in Bildern“ in der Schack-Galerie zeigt eindrucksvolle Bilderzyklen der Spätromantik von Edward von Steinle und Leopold Bode

Es wäre ein schöner Lohn für den Künstler, wenn es sich möglich machen ließe, in den nächsten Jahren eine Ausstellung seiner Werke zu veranstalten.“ So schloss 2011 ein kunstgeschichtlicher Beitrag von Ulf Stölter über Leopold Bode. Nun hat er sich diesen Wunsch selbst erfüllt: Zusammen mit Herbert W. Rott von der Bayerischen Staatsgemäldesammlung kuratiert er eine Ausstellung, in der – zunächst in München, dann in Neuss – nicht nur Werke von Bode, sondern auch von dessen ehemaligem Lehrer Edward von Steinle zu bewundern sind.
Für beide Künstler, Repräsentanten der spätromantisch-nazarenischen Kunstrichtung, ist es die erste Ausstellung, die nicht von ungefähr dort beginnt, wo es für sie sozusagen ein „Heimspiel“ ist: in der Schack-Galerie. Für den Kunstsammler, Dichter und Übersetzer Friedrich von Schack war ein sichtbarer künstlerischer Brückenschlag von Literatur zur Malerei immer wieder ein willkommenes Motiv, seine Sammlung mit solchen Bildern zu bereichern.
So begegnet der Betrachter schon im Treppenaufgang, noch vor der Ausstellung, dem Bild der Loreley von Steinle. Unter den dreißig Werken dieser ersten Sonderausstellung in den vor zweieinhalb Jahren neu eröffneten Räumen im ersten Stock findet er vier weitere bedeutende Bilderzyklen und Werke der beiden Künstler aus der Sammlung des Grafen von Schack.

Inspiration aus der Literatur

Gleich im ersten Raum wird der Besucher durch zwei großartige Werke von Lehrer und Schüler förmlich eingeladen, sich auf eine poetische, bildgewordene Stimmung der Literaturgattung Märchen einzulassen. Die beiden Künstler interpretieren den Spruch „Wer das Glück hat, führt die Braut heim“, eine im Mittelalter angesiedelte Liebesgeschichte, jeder auf seine Weise: Steinle entwirft mit seiner Kreidezeichnung eher eine abstrakte Märchenpoesie und Bode stellt in drei Aquarell-Bildfeldern eine Erzählungsfolge bis zum glücklichen Ende dar. Voreingestimmt kann der Betrachter die von zeitgenössischer Literatur – vielfach mittelalterlichen Ursprungs – inspirierten Kompositionen der beiden Künstler eingehend studieren.
In der Mehrzahl sind es großformatige Aquarelle, die mit ihrer lichten, zarten Farbgebung eine märchenhaft-poetische Atmosphäre am besten widergeben. Eine wichtige Dichter- und Erzählerquelle für beide Künstler wurde der mit Steinle gut befreundete Clemens von Brentano. Unter anderem sind hier Motive aus seiner Erzählung Chronicka eines fahrenden Schülers in unterschiedlichen Techniken zu bewundern. Die Präsentation in den beiden folgenden Räumen wird dann wie ein Gang durch das Who’s who der Literaturgeschichte. Ausschnitte aus Werken berühmter Dichter und Schriftsteller wurden von den beiden Künstlern bildhaft individuell erzählt.

Märchen bis Shakespeare

Es handelt sich dabei nicht um Illustrationen, sondern es sind eigenständige Kunstwerke, vielfach Auftragsarbeiten aus Kreisen des Adels und Großbürgertums. So begegnet man Grimms Märchen Schneeweißchen und Rosenrot und Schneewittchen in Aquarellen von Steinle, die einmal mehr seine phantasievolle Gestaltungsfreiheit aufzeigen. Beide Künstler haben sich, dem damaligen Trend folgend, auch intensiv mit Shakespeare künstlerisch auseinandergesetzt. Der Aquarellzyklus Sommernachtstraum von Bode bezeugt dies eindrucksvoll und in Vitrinen zeigen Fotoserien die Werke der Künstler zu Shakespeares Wintermärchen und Kaufmann von Venedig.

Mittelalter wiederentdeckt

Schillers Lied von der Glocke und zwei weitere Gedichte hat Bode in großformatigen Kreidezeichnungen und Gemälden künstlerisch aufgeschlüsselt. Die politisch und religiös motivierte Wiederentdeckung des Mittelalters im 19. Jahrhundert nahm auch und gerade in der nazarenisch orientierten Kunstrichtung einen hohen Stellenwert ein. Das wird dem Besucher im dritten Ausstellungsraum mit Bildern aus Sagen und Romanen dieser Zeit eindrucksvoll demonstriert: mit Steinles mystischem Parzivalzyklus, der auf das nazarenische Credo „die Kunst ist Dienerin der Religion“ hinweist, oder Bodes Ekkehard-Szene nach Viktor von Scheffels Roman.
Glanzpunkt der Präsentation ist Bodes Pippin und Bertha, eine dreiteilige Bilderzählung der Sage von der Geburt und Kindheit Karls des Großen. Der prunkvolle Eichenholzrahmen des Triptychons ist eine hier erstmals präsentierte perfekte Rekonstruktion des im Zweiten Weltkrieg verloren gegangenen Originals.
Den Besuchern bietet die von einem Katalog begleitete, hervorragend arrangierte Ausstellung die heute so seltene Gelegenheit, sich in eine wahrhaft märchenhaft entschleunigte Stimmungslage zu versetzen. (Reiner Oelwein)

Information: Bis 10. März. Mi. bis So. 10 - 18 Uhr. Sammlung Schack, Prinzregentenstr. 9, 80538 München.

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