Kultur

Harald Grill ist einer der wenigen Autoren, die noch Bairisch schreiben. (Foto: Mooser)

04.11.2011

Bairisch und weltläufig zugleich

Die 15. Landshuter Literaturtage sind Harald Grill gewidmet

Wir schreiben das Jahr 1978. Die Münchner Autorenvereinigung der „Turmschreiber“ ist noch nicht zerstritten, ihr Aushängeschild Helmut Zöpfl und seine Art der weiß-blauen Kitsch-Reimereien das Maß aller Dinge. Da erscheint im Ehrenwirth Verlag der Gedichtband Zündholzschachtel: beinharte, desillusionierende Mundarttexte von beträchtlichem Verstörungspotenzial. Verfasser dieses Erstlings ist Harald Grill, wohnhaft in Wald, nahe Regensburg, Luftlinie 25 Kilometer von Wackersdorf entfernt. Letzteres ist insofern wichtig, weil Grill kurz darauf die literarische Stimme des Widerstandes gegen die WAA werden wird, eine Rolle, die er sich nicht ausgesucht hat und mit der er nicht immer glücklich war.
Doch manchmal sucht sich eben ein Thema seinen Autor. Harald Grill ging damals beinahe völlig auf im Kampf gegen die WAA. Seinen Freunden sagte er immer wieder, werde die WAA tatsächlich gebaut, wandere er aus. Doch es kam anders: Franz Josef Strauß starb während einer Wildschweinjagd im Oktober 1988 – ein halbes Jahr später wurde der Bau der WAA offiziell eingestellt. Harald Grill konnte bleiben und vor allem: Er konnte seinen literarischen Themenkreis entscheidend erweitern (siehe das demnächst erscheinende Buch seiner Wanderung quer durch Europa).
Seither wurde er zu einer der prägendsten Stimmen der altbayerischen Literatur. Klassiker wird er schon genannt, was ihm nicht recht sein kann, weil Klassiker wenig gelesen werden. Er aber tut seit jeher alles dafür, dass er ein wahrer Volksschriftsteller ist, einer vom Schlage Oskar Maria Grafs. Das hat zur Konsequenz, dass er sich, auch in seinen beiden autobiografischen Romanen Hochzeit im Dunkeln und Gehen lernen, einer Sprache bedient, die ganz nah am mündlichen Erzählen und deutlich von der bairischen Mundart bestimmt ist. Zum anderen ist er ein so nimmermüder Vortragskünstler, vor allem auch in Schulen, dass es beinahe unmöglich ist, zumindest für Grundschulkinder, Harald Grill in seinem Wirkungskreis nicht erlebt zu haben.
All dem wird Rechnung getragen bei den 15. Landshuter Literaturtagen (7. bis 30. November). Normalerweise sind sie einem einzelnen, mit Landshut verbundenen Autor gewidmet, in der Vergangenheit etwa Heimito von Doderer, Günter Eich und Lena Christ. Dieses Jahr trägt die Veranstaltungsreihe den Zusatz: „Harald Grill und der bairische Dialekt“. Grill ist einer der wenigen, die noch Bairisch schreiben. Das schließt Weltläufigkeit ja nicht aus. Bestes Beispiel: der neue Gedichtband a glaander aus luft: Das sind Übertragungen internationaler Autoren wie Octavio Paz, Ji(r)i Wolker und Philippe Jaccottet ins Bairische. Dieser Band wird während der Literaturtage präsentiert, ebenso eine Ausstellung im Rathaus mit Fotografien und Zeitzeugnissen. Daneben gibt es Vorträge zu einer „kleinen bairischen Wortkunde“, eine Podiumsdiskussion „Wieviel Dialekt verträgt die Schule“, einen Spaziergang durch die Altstadt Landshuts mit dem Dichter und vieles mehr. (Bernhard Setzwein)

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