Kultur

Gerhard Polt sei „wie a Schwert in Butter“, charakterisiert der österreichische Kabarettist Josef Hader seinen bayerischen Kollegen. Polt feiert am 7. Mai seinen 80. Geburtstag. (Foto: BR)

29.04.2022

Bayerischer Buddha

„Der Mensch ist ein Viech, was lacht“: Die filmische Hommage zu seinem 80. Geburtstag zeigt einmal mehr die Schwierigkeit, Gerhard Polt zu fassen

Ob Fische Humor haben? – „Schwierig“, lautet Gerhard Polts Antwort. Zumal ja schon der alte Grieche Aristoteles laut Polt meinte, nur „Der Mensch ist ein Viech, was lacht“. Und so heißt auch der Film, in dem der größte lebende bayerische Komiker über den Humor sinniert – den der Fische, aber vor allem ganz generell. Humor ist nämlich nicht nur, „wenn er stattfindet“, wie Polts bekanntes Credo lautet, sondern Humor ist auch „die Kunst des Überlebens gegen Autoritäten“ – und wird „unterschätzt als Kitt für die Gesellschaft“. Das erfahren wir in diesen humorlosen Zeiten gerade schmerzlich.

Nun ist der Fundamentalhumorist Gerhard Polt natürlich ein solches Unikum, dass die filmische Form, die ihm gerecht würde, erst noch erfunden werden muss. Viele haben sich daran schon versucht, und alle sind gescheitert. Was allerdings ganz unvermeidlich ist, denn ein Film über Gerhard Polt kann eigentlich immer nur scheitern; aber das macht nichts, denn gerade dieses „Misslingen“ stellt, im Kontrast, die Einmaligkeit des Phänomens Polt eben heraus.

Moralische Instanz

Insofern passt es schon, wenn BR und ARD Gerhard Polt zu dessen 80. Geburtstag (7. Mai) mit dieser filmischen Hommage gratulieren, in der der Gefeierte persönlich auftritt. Nicht in einer Rolle, sondern als er selbst – aber bei Polt weiß man nie mit letzter Sicherheit, wo die Grenze zwischen Darsteller und Rolle verläuft. Das macht ja gerade den Reiz aus: So wie all die zwischen Täter und Opfer undefinierbar changierenden Gestalten, die er verkörpert, immer auch ein bisschen Polt sind, so erkennt man in ihnen auch immer einen kleinen Teil von sich selbst. „Tat Tvam Asi“ (das bist du): Im Grunde ist es diese altindische Weisheit, die uns Polt, dieser bayerische Buddha, seit gut einem halben Jahrhundert vermittelt.

Die Schwierigkeit, das Phänomen Polt zu fassen, zeigt sich auch an den redlichen, aber hilflosen Bemühungen einiger Komikerkollegen, die im Film zu Wort kommen. Einzig dem österreichischen Starkabarettisten Josef Hader gelingt es hierbei, mit einer poetischen Wendung zumindest das Staunen angesichts des Naturereignisses Polt zum Ausdruck zu bringen: „Wie a Schwert in Butter“, meint Hader, sei „diese vollkommen grade Ernsthaftigkeit, mit der da jemand komisch ist“. Und wie für viele andere Kolleginnen und Kollegen fungiert der Jubilar auch für Hader immer noch als eine Art Leitstern, an dem man sich orientiert: „Gerhard Polt is’ a moralische Instanz, weil er nie wem anderen sagt, was er tun soll, nie eine großartige Aussage macht, sondern weil jeder sich sei’ eigene Moral suchen muss, nachdem er Gerhard Polt angeschaut hat. Das ist das, wohin ich auch strebe.“

Aber so richtig das alles ist: Die „Singularität“ Polt (um es astrophysikalisch auszudrücken) bleibt begrifflich unfassbar. Wie auch anders bei einem Künstler, dessen Werk aus Tonfall, Gestik, Mimik besteht, aus einem Habitus, aus inneren Haltungen, die sich in verschiedensten Figuren gleichsam performativ inkarnieren.

Insofern fragt man sich manchmal, ob Polts Schaffen nicht eher in den Bereich der Aktionskunst fällt als in den der Schauspielerei. Aber andererseits sind es eben auch veritable Dramen, die sich da im Auftritt einer einzigen Person abspielen können, die als tragische und komische Figur zugleich fungiert.

Legendärer Nonsens

Dass Gerhard Polt auch als Mensch Größe besitzt, zeigt sich in dem Film ganz beiläufig und absichtslos. Nämlich darin, dass er einem Kollegen die beste, weil tiefste und ergreifendste Pointe überlässt: seinem langjährigen Freund, dem Tiroler Kabarettisten Otto Grünmandl (1924 bis 2000), mit dem Polt etwa die legendären, improvisierten Nonsens-Gespräche der Reihe Die ganze Welt und überhaupt im BR-Hörfunk führte (1980 bis 1984). Als er Grünmandl das letzte Mal im Spital besuchte, um sich zu verabschieden, habe der gesagt: „Woascht, Gerhard, i stirb jetz amol derweil, und dann schau mer weiter.“ (Alexander Altmann)

Information: Der Mensch ist ein Viech, was lacht. Film von Victor Grandits, 45 Minuten, vom 5. auf den 6. Mai 2022 um 0.20 Uhr, ARD. BR Fernsehen, 7. Mai, 21.35 Uhr, und 8. Mai, 1.05 Uhr.

 

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