Kultur

Europa als Glamour-Queen: James Nader stellte dem Stier Dita von Teese zur Seite. (Foto: Nader)

28.08.2014

Bei den Hörnern gepackt

In Etsdorf ist zu sehen, wie sich Künstler mit Europa auseinandersetzen

So, wie in München die Glyptothek steht und bei Donaustauf die Walhalla, so wollen Wilhelm Koch und seine Mitstreiter im oberpfälzischen Etsdorf ebenfalls eine Glyptothek in Form einer Neukonstruktion des griechischen Achaia-Tempels errichten, der im Original auf der Insel Ägina steht. Es geht bei dem Projekt darum, ein Symbol für 2500 Jahre Demokratie zu schaffen und den Europagedanken zu versinnbildlichen. Denn bei aller bürokratischen Mühsal, die ein vereintes Europa vielleicht auch zu schaffen vermag, ist die Union dennoch ein enormer historischer Fortschritt nach zwei heißen und einem kalten Krieg. Und deshalb ist in Etsdorf, im dortigen alten Schulhaus, jetzt auch unter dem Titel Rettet Europa III eine Ausstellung zum Thema zu sehen. Zu sehen sind Werke, in denen sich europäische Künstler mit ihrem Kontinent auseinandersetzen.
Und das tun sie in vielfältiger Weise. Stephan Us beispielsweise zeigt den Sternenkranz der EU als rostigen Stacheldraht: kantige Kritik am sich einigelnden Frontex-Europa, das Zuwanderung als Bedrohung betrachtet. Man sieht die fotografische und filmische Dokumentation europäischer Flüsse und Küsten, die Künstler mit einem Boot befuhren – sie wollen damit die Idee der Grenzenlosigkeit manifestieren. Gezeigt wird eine Kunstaktion der finnischen Groppe FinnFemFel, die die rückwärtsorientierten, europaverneinenden Populisten vom Schlage einer Marine Le Pen, eines Geert Wilders anprangern. Europäische Künstlerinnen wiederum haben in einer Gemeinschaftsaktion ihre Europa-Assoziationen in Dosen verpackt.
Aber es geht auch unpolitisch-ästhetisch. James Nader übersetzt einen klassischen Mythos in ein heutiges Glamour-Bild: Zeus nähert sich in Gestalt eines Stiers Europa – in deren Rolle ist die populäre Vaudeville-Diva Dita von Teese geschlüpft.
Wilhelm Koch, der auch das Amberger Luftmuseum betreibt, hat in Etsdorf eine erfreulich europabejahende Dependence geschaffen. Besonders deutlich wird dies, weil er auch den Geruch von Problemen in anderen Weltgegenden importiert: Der Münchner Künstler Christian Schnurer hatte unter dem Titel Transport a Smell of Revolution ein ausgebranntes Auto aus dem Tunesien zur Revolutionszeit in die Münchner Maximilianstraße gestellt und so eine Konfrontation zweier Lebenssituationen in zwei Regionen der Erde hinter allen Schlagzeilen geschaffen. Eine Dokumentation der Aktion ist in Etsdorf zu sehen, das Auto steht im Garten.
Man erfährt dort also von Mitstreitern im europäischen Geiste, etwa von der Regensburgerin Regina Hellwig-Schmid und dem von ihr inspirierten Europäischen Frauenparlament der Künste. Oder von der Wanderausstellung Europas Ursprung – in Malerei und Karikatur, die die Universität Regensburg im Jahr 2009 auf die Reise schickte.
In dem Haus, in dem jetzt nicht mehr Schulkinder, sondern Ausstellungsbesucher weitergebildet werden, geht es auch um das zentrale Thema „Tradition der Demokratie und Tempelbauprojekt“, dessen Träger eine Stiftung ist. Tempelpate ist Udo Lindenberg, der seinerseits den Bau eines „Panik-Palastes“ bei Warnemünde anstrebt: Bauherren helfen einander. (Christian Muggenthaler) Bis 5. Oktober. Tempelmuseum, Rangersgass 24, 92272 Etsdorf. Di. bis So. 10 – 17 Uhr. www.tempel-museum.de

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