Kultur

Klaus Schrenk verabschiedet sich nach sechs Jahren an der Spitze der Pinakotheken in den Ruhestand. (Foto: dpa)

02.10.2014

Diplomatischer Kunstmanager

Klaus Schrenk darüber, was ein Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen heute bewältigen muss

Wären da nicht die frechen Bilder von Martin Kippenberger an der Wand hinterm Schreibtisch, man könnte Klaus Schrenk fast für einen Diplomaten halten; so sorgfältig wägt er die Worte und so vorsichtig wählt er seine Formulierungen. Der gebürtige Hanseat mit der Neigung zu dezenten Anzügen ist keine barocke, extrovertierte Persönlichkeit. Darin unterscheidet er sich von manch anderem Museumsdirektor. Nach sechs Jahren an der Spitze der Pinakotheken wird Schrenk am 22. Oktober feierlich in den Altersruhestand verabschiedet.
Und diplomatisch fällt auch Schrenks Antwort aus, wenn man ihn nach einem Resumee seiner Zeit in München fragt: „Ausgesprochen interessant, aber auch herausfordernd“ seien diese sechs Jahre gewesen. Denn ihrem Rang entsprechend, sind die Bayerischen Staatsgemäldesammlngen „eine der ganz großen Aufgaben in Deutschland“, meint Schrenk: „Für mich war es eine besondere Situation, man kriegt da die Stafette übergeben zusammen mit Aufgaben, die schon definiert sind und die man dann zu lösen hat. Am Anfang ist mir gleich die wunderbare Möglichkeit in den Korb gefallen, das Museum Brandhorst zu eröffnen. Zusammen mit der Pinakothek der Moderne hatte München da innerhalb weniger Jahre zwei neue Museen bekommen, die der Stadt den Anschluss an die zeitgenösische Kunst gaben. Damit hat das Kunstareal eine Komplettierung erfahren, die beinahe einzigartig in der Welt ist.“

Mehr Geld fürs Sandwich

Zudem liege das Kunstareal auch noch „wie ein Sandwich“ zwischen den beiden Münchner Universitäten, sagt Schrenk, und dann folgt einer seiner Diplomaten-Sätze: Aus dieser Situation ergebe sich „ein ganz großes Potenzial, von dem man sich wünschen würde, dass die Unterstützung der Aufgaben auch im politischen Bereich die Aufmerksamkeit findet, die wir benötigen.“ Mit anderen Worten: Es geht ums Geld.
Und auch bei diesem Thema erweist sich Schrenk als Meister der Ausgewogenheit: „Die Aufgaben sind ja immens, und man muss natürlich sehen, dass der Kampf um einen ausgeglichenen Haushalt eine zentrale politische Aufgabe ist. Aber die Pinakotheken sind die Leuchttürme bayerischer Kulturpolitik, die Münchner Museen spielen in der obersten Liga. Wir sind die Träger der Kultur mit internationaler Bedeutung, unsere Häuser müssen intakt und wettbewerbsfähig sein.“
Einen großartigen Beitrag dazu leisten für Schrenk die Fördervereine der Pinakotheken und Institutionen wie etwa die Wormland-Stiftung. „Das ist ein ungeheures Glück in München und eine Situation, wie ich sie aus keiner anderen Stadt kenne.“ Aber trotz dieser Unterstützung seien die Staatsgemäldesammlungen „darauf angewiesen, Drittmittel einzuwerben.“
Einen der „Höhepunkte“ seiner Amtszeit sieht Schrenk folglich darin, dass es gelang, 2010 „mit Audi die erste große Partnerschaft zwischen einem bedeutenden deutschen Automobilunternehmen und einem bedeutenden Museum einzugehen“. Ähnlich positiv beurteilt er auch den durch die Allianz finanzierten „blauen Mittwoch“ mit freiem Eintritt in die Pinakothek der Moderne. In Schrenks Diplomatensprache: „Es ist ein wichtiger Schritt in die Zukunft, dass Wirtschaftsunternehmen im Bereich der Kultur eine gewisse Verantwortung übernehmen, die gesellschaftlichen Aufgaben der Kultur mitfinanzieren, um den Staat zu entlasten.“
In diesem Zusammenhang bestätigt Schrenk, was auch viele seiner Kollegen berichten: das Berufsbild des Museumsdirektors hat sich in den letzten Jahren stark verändert, weg vom „stillen Gelehrten“, wie Goethe sagt, hin zum Manager. „Man muss das Bild und Programm eines Hauses an anderer Stelle offensiv vertreten können und Unterstützung gewinnen. Und natürlich ist es wichtig, dass man Konservatoren hat, die sich weiterentwickeln, denn die Forderung, Drittmittel einzuwerben, muss nicht nur vom Museumsleiter, sondern auf allen Ebenen mitgetragen werden.“
Der scheidende Generaldirektor denkt nicht bloß an die Münchner Museen: Er hat die Zweiggalerien der Staatsgemäldesammlungen in ganz Bayern im Blick. Viele davon seien in sehr gutem Zustand und hätten eine gute Besucherresonanz. So etwa die Bamberger Galerie, die neu gehängt wurde, oder auch die neu eingerichteten Zweiggalerien in Bayreuth und Neuburg an der Donau.
Optimistisch zeigt sich Schrenk nach rund 40 Jahren Berufserfahrung aber auch, was die Zukunft der Institution Museum ganz generell angeht. „Seit den Siebzigerjahren ist das öffentliche Interesse an Museen gewaltig und steigt unverändert. Es kommen nicht mehr nur die klassischen Bildungsbürger, sondern das Publikum wurde heterogener. Aber auch die Wahrnehmung der Menschen ändert sich durch die Informationstechnologien, durch Videoclips und dergleichen. Angesichts dieser Reizüberflutung ist es eine Herausforderung, bei den Besuchern wieder Konzentrationsfähigkeit hin auf die Bilder zu entwickeln.“

Runterschalten lernen

Konzentrationsfähigkeit in anderer Hinsicht müsse er aber auch selbst erst wieder einüben, erzählt Schrenk. Denn im Ruhestand will er zur wissenschaftlichen Arbeit zurückkehren; Freunde in ähnlicher Situation hätten ihm berichtet, es sei nicht einfach, nach dem Ende der hektischen Managertätigkeit umzuschalten und „wieder aufmerksam ein Buch zu lesen“.
(Alexander Altmann)

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