Kultur

Evelyn Herlitzius als Isolde und Stephen Gould als Tristan (Probenfoto). (Foto: Bayreuther Festspiele/Enrico Nawrath/dpa)

26.07.2015

Ein Sturmtief und viel Lärm um nichts

Glänzende Eröffnung der Bayreuther Festspiele mit Katharina Wagners Inszenierung von "Tristan und Isolde"

Wer Aufmerksamkeit auf sich lenken will, muss vor allem im Gespräch bleiben. Bei den Bayreuther Wagner-Festspielen hat man damit bekanntlich beste Erfahrungen. Auf dem „Grünen Hügel" ist man geübt darin, im Vorfeld von großen Premieren viel Geschichten und noch mehr Skandälchen zu kredenzen. Ob damit die große Kunst von Richard Wagner gewürzt werden soll? Eigentlich braucht sie das ja nicht. Manchmal hat dieser Zirkus etwas Skurriles und vermag zu belustigen. In diesem Jahr gab es im Vorfeld der Neuproduktion von Wagners Lieblingsoper Tristan und Isolde, mit der das 104. Festival am gestrigen Samstag überaus erfolgreich eröffnet wurde, besonders viel Ratsch und Tratsch – bis hin zum handfesten Zoff. Viel wurde darüber diskutiert, dass Anja Kampe im Der Ring des Nibelungen nicht mehr die Sieglinde gestaltet. Als schließlich verbreitet wurde, dass Noch-Co-Intendantin Eva Wagner-Pasquier mit einem „Hügelverbot" rund um die Vorbereitungen der Tristan-Neuproduktion von Katharina Wagner versehen worden sei, war die Luft richtig dick. Angeblich soll Dirigent Christian Thielemann, der die jetzige Premiere von Tristan und Isolde leitete, das eingefordert haben – was er prompt dementierte. Für den Münchner Staatsopern-GMD Kirill Petrenko war das zu viel des Guten. Er drohte Anfang Juni damit, sein Bayreuther Ring-Dirigat mit sofortiger Wirkung niederzulegen – was er nicht tat. Dafür aber wurde in Bayreuth eigens für Thielemann ein neuer Job kreiert, nämlich die erstmalige Institution des Musikdirektors. Auch dies wurde leidenschaftlich und kontrovers diskutiert. Manche Feuilletonisten befürchteten, dass dies Thielemanns Sicht auf Wagner in Bayreuth zementieren könnte – ohne andere Deutungen. Wieder dementierte Thielemann öffentlich. Und schließlich war da noch die Neuinszenierung von Tristan und Isolde von Festspiel-Intendantin Katharina Wagner. Zuletzt hatte sie 2007 die Meistersinger von Nürnberg in Bayreuth gestemmt – bislang ihre einzige Regiearbeit auf dem „Grünen Hügel".Bis zum Schluss wurde diese Inszenierung ausgebuht. Als durchsickerte, dass in der jetzigen Tristan-Regie der Liebestrank weggekippt wird und Isolde nicht den Liebestod stirbt, rumorte es gewaltig in Kreisen der strengen, selbsternannten „Wagnerianer". Manche Vertreter dieses verknöcherten, obskuren Clans wollen Wagner „historisch korrekt" erleben. Für sie gelten einzig und strikt die „Intentionen des Meisters", ohne diese überhaupt umfassend studiert zu haben. Der Wirbel im Vorfeld der großen Tristan-Premiere war gewaltig - am Abend selber gab es aber kein einziges Buh für die Regie. Alle schienen sich im Festspielhaus einig gewesen zu sein, dass diese Neuinszenierung sehenswert ist. Die Tristan-Inszenierung von Katharina Wagner geht auf kritische Distanz zu manchen Vorstellungen. Jedenfalls misstraut die Wagner-Urenkelin dem Ideal einer weltentrückt-überirdischen, quasi-göttlichen Liebe, in der sich zwei Seelen auf immer vereinen. Für Katharina Wagner ist das ein Ding der Unmöglichkeit, allenfalls eine schöne Illusion. Aber bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt. Bundestagspräsident Norbert Lammert fand die Inszenierung „hochinteressant". Für Kultur-Staatsministerin Monika Grütters war es generell ein „großer Abend, gut für Bayreuth". Sie sprach von einer „ganz ausgezeichneten Vorstellung" – und dies absolut zurecht (siehe ausführlichen Bericht in der BSZ-Ausgabe am kommenden Freitag, 3. August). Bundeskanzlerin Angela Merkel ist bekanntlich etwas einsilbiger. „Es hat mir gut gefallen", kommentierte sie kurz und knapp nach der Premiere. Zuvor war die Kanzlerin über den roten Teppich geschritten, was diesmal durchaus tückisch war. Einige Stars und Sternchen aus Politik, Wirtschaft und Showbiz hatten bisweilen sichtlich Mühe mit „Zeljko": Das Sturmtief hat manche Frisuren zerzaust oder schlimmer noch, Röcke gelüftet. Doch Angela Merkel blieb stoisch gelassen und souverän – wie immer eben, äußerlich jedenfalls. Offenbar hatte sie wohlweislich vorgesorgt. Ihre Frisur war sportlich-frech gekürzt, und der schicke türkisfarbene Zweiteiler saß perfekt. Kein Lüftchen konnte etwas heben. Trotzdem gab es einige Aufregung um Angela Merkel. Der BILD zufolge soll sie in der ersten Pause nach dem ersten Akt von Tristan und Isolde in Ohnmacht gefallen und vom Stuhl gerutscht sein - die Darstellung wurde aber von einem Regierungssprecher sofort dementiert; es hieß, ihr Stuhl sei nur kaputt gewesen sein. (Marco Frei)

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