Kultur

Wilhelm Trübners "Ave Caesar, morituri te salutant" kann als ironischer Kommentar zur Porträtkunst seiner Zeit interpretiert werden. (Foto: Kulturspeicher)

31.01.2014

Einfach, aber wahr

Der Würzburger Kulturspeicher zeigt Gemälde von Wilhelm Leibl und seinen Künstlerkollegen

Die Drei Frauen in der Kirche von Wilhelm Leibl (1844 bis 1900) sind ein Bild schlichten bäuerlichen Lebens, geradezu ein Indiz für die Verwurzelung des Malers in Oberbayern. Wenig geläufig ist, dass Leibl verwandtschaftliche Beziehungen zu Unterfranken hatte, in Würzburg starb und dort auch auf dem Hauptfriedhof begraben liegt – ebenso wie sein engster Künstler-Freund Johann Sperl (1840 bis 1914).
Begrüßenswert ist, dass nun das Würzburger Museum im Kulturspeicher dem Schaffen Leibls eine mit vielen Leihgaben bestückte Ausstellung widmet und den Blick dabei eben auch weitet auf den Kreis um Leibl. Dieser beeinflusste nämlich die lockere Vereinigung seiner Studienkollegen aus der Münchner Akademiezeit ebenso wie spätere Künstler-Bekanntschaften maßgeblich. Zu seinem Umfeld gehörten Theodor Alt, Karl Haider, Rudolf Hirth du Frênes und natürlich Johann Sperl sowie Carl Schuch, Wilhelm Trübner, Fritz Schider, Otto Scholderer, Louis Eysen und Hans Thoma.
Alle diese Künstler einte, auch wenn sie sich später teilweise anders entwickelten, das Bemühen ums „Reinmalerische“, also die Abkehr von Genrebildern und pathetischen, erzählenden Historien-Gemälden. Es zählte nicht das „Was“, sondern das „Wie“, das heißt, wie das Gesehene in Form und Farbe umgesetzt wurde. Porträt, Landschaft und Stillleben traten in den Vordergrund. Das Atmosphärische, die Wirkung von Licht spielte eine größere Rolle.

Immer wieder anfangen

Unumgänglich schien das intensive Naturstudium, die Konzentration auf das Malen an sich, die Vergegenwärtigung des Gesehenen. Die Bilder strahlen oft eine besondere Ruhe, ein Stillestehen aus. Dazu kommt: Leibl malte extrem langsam, nach Vorlage oder Modell „nass in nass“, also ohne Vorzeichnung, ohne Lasur, was oft Korrektur durch einen Neuanfang erforderte. Seine Bilder wirken altmeisterlich und doch neuartig. Das ergibt sich bei den Porträts durch den charakterisierenden Blick, die Haltung des Kopfes, die Hände. Alles Überflüssige ist weggelassen, der Mensch steht im Mittelpunkt – nicht das Repräsentative.
Schon früh zeigte sich Leibls Begabung für solche Bildnisse, etwa beim Selbstporträt als Sechzehnjähriger: selbstbewusst, mit herausforderndem Blick. Bei den Bildnissen von seinen Eltern ist immer neben dem Ausdruck der Strenge eine gewisse Distanz zu spüren.
Auch Leibls Akademiefreunde wollten aus der Farbe heraus den Menschen abbilden; Theodor Alt beispielsweise trug die Farbe fleckig, locker auf, was vor dunklem Hintergrund sehr lebendig wie ein Augenblickseindruck wirkt.
Durch die Bewunderung für Gustave Courbet und durch die Bekanntschaft mit Frankfurter Künstlern bei einem Studienaufenthalt in Paris erhielt Leibl weitere Anregungen. Auch auf Zeichnungen und Radierungen fand sein Bemühen, das „Wahre“ darzustellen, in den 1870er Jahren seinen Niederschlag. So, wenn er Köpfe von Bauern oder Einblicke ins Landleben wiedergibt.
Wie Leibl suchten Carl Schuch und Wilhelm Trübner das „Einfache“ zu erfassen, etwa die Ecke einer alten Schmiede, eine Sägegrube, Pferde. Unspektakulär sollte auch der Landschaftsausschnitt sein. Vielleicht ein ironischer Gegenpart zu gängigen Kunst-Positionen ist Trübners Hund mit den Würsten um die Schnauze. Man opponierte gegen Effekthascherei und Oberflächlichkeit, bewunderte die Alten Meister wegen ihrer handwerklichen Kunst.
Ab den 1880er Jahren ist bei Leibl der so genannte Holbein-Stil zu beobachten: Er malte unglaublich fein, fast fotorealistisch genau, etwa beim Mädchen mit der Nelke. Sperl dagegen gab bei seinen ländlichen Szenen intime Einblicke in bäuerliches Leben und in die unspektakulären Zonen von Garten, Haus und Landschaft. Manches scheint da schon vom Impressionismus gestreift.
In Leibls Spätwerk zeigt sich eine gewisse Freiheit des Mal-Stils; die Lichtgestaltung bei Rembrandt inspirierte ihn – und so entstanden weicher, flüchtiger erscheinende Bildnisse, wie das der Apothekersgattin oder Das Mädchen mit der Pelzhaube, Leibls letztes Bild. Die Ausstellung schließt mit Beispielen, wie sich etwa Trübner oder Schuch weiter entwickelten, und mit fraglichen Zuschreibungen. (Renate Freyeisen) Bis 23. März. Museum Kulturspeicher, Oskar-Laredo-Platz 1, 97080 Würzburg. Di. 13 – 18 Uhr, Mi. 11 – 18 Uhr, Do. 11 – 19 Uhr, Fr./ Sa./ So./ Fei. 11 – 18 Uhr. www.kulturspeicher.de Abbildungen (Fotos: Kulturspeicher):
Altmeisterlich, und doch irgendwie neu. Oben Leibls Bildnis der Frau Apotheker Rieder, unten ein Ausschnitt aus seinem Bild Mädchen mit Nelke. In der Mitte Theodor Alts Leibl im Kreis seiner Freunde. (Fotos: Kulturspeicher)

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