Kultur

Sebastian Arranz gibt den Mafiaboss par excellence. (Foto: Nik Schölzel)

08.05.2015

Explodierende Gewaltorgie auf dem Seziertisch

Das Augsburger Ensemble begeistert in "Playboy"

Von „einfach geil“ bis „zum in die Tonne hauen“ reichten die Publikumsreaktionen auf die Uraufführung der Szenencollage Playboy aus der Feder der serbischen Dramatikerin Marijana Verhoef. Wer sich unter dem Titel etwas yellow-press-Koloriertes im Schicki-Micki-Ambiente von Saint-Tropez oder Sankt Moritz vorgestellt hatte, wurde schnell und brutal eines Besseren belehrt.
Der Playboy Stevan Zecevic ist ein psychopathischer Gangster und sadistischer Geldeintreiber, seine, pardon, Weiber reichen von der schrillen Bordsteinschwalbe bis zum sexuell hochfrustrierten Ehekrüppel, sein Chef ist unter der Maske des seriösen Geschäftsmanns das Bilderbuch-Exempel eines skrupellosen Rotlicht-Tycoons.
Schauplatz ist das Berlin von heute, Drehscheibe nicht nur der großen Politik, sondern auch der großen Geldgeschäfte abseits jedweder Moral und Kultur.
Regisseurin Katrin Plötner zündet im dumpfen Gewölbe des Hoffmannkellers, das von Ausstatterin Anneliese Neudeker lediglich mit einem überdimensionalen metallenen Seziertisch bestückt wurde, ein mitunter schwer erträgliches brachiales Feuerwerk an verbal und nonverbal explodierender Gewalt. Sintflutartige Wogen einer breit ausgewalzten Fäkal-und Sexualrhetorik schwappen über die Zuschauer, zwischenmenschliche Kontakte beschränken sich auf sadomasochistische Spielchen, die das Unterste der menschlichen Seele nach oben spülen.
Bewundernswert ist das zwischen Pole-Dance und wilden Verfolgungsjagden zu akrobatischer Hochleistung auflaufende Ensemble. Alexander Darkow spielt nicht nur den unerträglichen Großkotz und Weiberhelden, sondern auch den im Stile des „Furry-Fetisch“ verkleideten Bunny, der seinen absonderlichen sexuellen Gelüsten frönt und das um sein mieses Leben bettelnde Würstchen und zieht dabei auch einige Register witziger Intelligenz.
Helene Blechinger brilliert in der Dreifachrolle als gebrauchte Ehefrau, perverse Pornokönigin und treudoofe Sekretärin. Sebastian Arranz gelingt der Spagat zwischen dem geschundenen Knecht nach Art von Becketts „Lucky“ und der Prachtausgabe eines Mafiabosses.
Im serbischen Theater, so die Autorin, würden krasse, ernsthafte und kritische Themen vermieden. In seiner deutschen Version, so darf man ihr attestieren, hat sie dies mit aller Gewalt nachgeholt. Riesenbeifall für das Ensemble. (Hanspeter Plocher)

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