Kultur

18.10.2013

Gewaltiges Knirschen

Kurt Faltlhauser legt einen "Werkstattbericht" zu Museumsbauten in der Ära Stoiber vor

Das ist doch mal eine Biografie! Auch wenn sie nicht als solche, sondern als Werkstattbericht deklariert ist. Aber Kurt Faltlhauser bietet ja auch nicht Klatsch aus etwa vier Jahrzehnten Politikerleben, sondern erzählt vom Bauen an politischen Prozessen. Das liest sich nicht weniger unterhaltsam, gar regelrecht spannend. Immerhin geht es um „Publikumslieblinge“, um millionenschwere Museumsbauten, die heute vielbesuchte „Leuchttürme“ der Kunstszene Bayerns sind. Vergessen ist inzwischen meist das Gezerre um sie.
144 Ordner zu neun Museumsprojekten hat Faltlhauser durchgewälzt. Wie er die gar Jahrzehnte währende Genese der Museen aus Verwaltungsakten, Politikerprotokollen und Zeitungsartikeln kompiliert, macht in der komprimierten Rückschau erst eigentlich kulturpolitische Visionen und deren Durchsetzung sichtbar. Beispielhaft wird der Zeitgeist im Umgang mit Großprojekten deutlich. Vor allem dokumentiert dieser Werkstattbericht das gewaltige Knirschen zwischen Politik (auch zwischen Ministerien), Verwaltung und Bürgern. Erinnert sei an Lothar Günther Buchheims Museum der Phantasie: Der Ministerpräsident glättete persönlich die Wogen.
Zeitlicher ebenso wie politischer Dreh- und Angelpunkt ist Edmund Stoiber: Es geht um die Zeit seiner Ministerpräsidentschaft zwischen 1993 und 2007. Genau in dieser Ära hat Bayern mit einer ganzen Reihe von Museumsbauten international Aufsehen erregt.
Stoiber, der „Kunstkönig“ wie weiland Ludwig I.? Nein, diesen Lorbeerkranz windet Faltlhauser ihm nicht in seiner bisweilen doch sehr insistierenden Hommage – die Voreingenommenheit erklärt sich freilich aus dem gemeinsamem Arbeiten an der „Werkbank“: Faltlhauser und Stoiber gehören zu den „84ern“ (beider erste Legislaturperiode im Landtag), Stoiber hat Faltlhauser 1995 aus der Bundespolitik in sein Kabinett geholt.
Nein, Kunstsinn reklamiert Stoiber nicht einmal selbst für sich (in einem der angehängten Zeitzeugengespräche) – was Faltlhauser jedoch rühmt, war Stoibers Gespür für den (sich freilich schon länger anbahnenden) Klimawandel am High-Tech-Standort Bayern. Es ging nicht mehr nur um Industrieansiedlung und Wissenschaft: Kunst macht noch attraktiver, ist eine strukturpolitische Notwendigkeit. Und Stoibers politisches Charakterbild zeichnet der Weggefährte als den eines Machers, der konsequente Umsetzung verlangte. „Bürokratische Widerstände akzeptiere ich nicht!“, lautet ein Stoiber-Vermerk im Zusammenhang mit dem Buchheim-Museum.
Gedankenspiel: Würde die Ära Stoiber noch andauern – wäre dann der zweite Bauabschnitt der Pinakothek der Moderne schon realisiert worden?
(Karin Dütsch) Kurt Faltlhauser, Bauen für die Kunst, Pustet Verlag, Regensburg, 487 Seiten, zahlreiche Fotografien, 32 Euro. ISBN 9783791725475

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