Kultur

Großes Gespür für intelligente Situationskomik zeigen Regisseurin Leonie Kurz und Kameramann Franz Kastner in "Little Che". Der Kurzfilm entstand an der Hochschule für Film und Fernsehen München. (Foto: Thomas Radlwimmer)

08.03.2013

Großer Auftritt für die Kleinen

Immer mehr Genres entdecken den Kurzfilm: Das Landshuter Spezialfestival zeigt vom 13. bis 18. März einen Querschnitt

„Bist du bescheuert?“ – „Nein, ich bin behindert“, entgegnet Emil dem genervten Maik und schmiegt sich wie eine Katze an ihn. Nichts wie raus aus diesem Irrenhaus! Wären da nicht die 300 Sozialstunden, die Maik in der Behinderten-Wohngruppe unter Dauerbeobachtung zweier Softie-Sozialpädagogen abzuleisten hat.
Stufe Drei von Nathan Nill (Jahrgang 1983) ist einer der Filme, mit denen am 13. März das 14. Landshuter Kurzfilmfestival eröffnet werden wird. Auf berührende Art und Weise gelingt es dem Regisseur, seine 30-minütige Komödie immer wieder durch melancholische Momente zu brechen, ohne in melodramatische Gefilde abzugleiten. Erst im Januar war Nills Abschlussfilm an der Hamburg Media School beim 34. Filmfestival Max Ophüls in Saarbrücken mit dem Publikumspreis für den besten mittellangen Film ausgezeichnet worden.
„Die Qualität der Einreichungen ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen“, sagt Michael Orth. Er hat das Landshuter Kurzfilmfestival im Jahr 2000 gegründet. Damals wohnte er in Landshut, drehte selbst Filme und zeigte diese erfolgreich auf Festivals. Dort lernte er viele Künstler kennen und lud sie irgendwann nach Landshut ein, um im Jugendzentrum ein Wochenende lang gemeinsam Filme anzusehen.
Die Begeisterung darüber war so groß, dass Michael Orth die Idee zur Gründung eines neuen Kurzfilmfestivals im nicht gerade für seine Filmszene bekannten Niederbayern kam. Innerhalb weniger Jahre gelang es dem passionierten Cineasten und Filmemacher, das Landshuter Kurzfilmfestival weit über die Grenzen Bayerns hinaus als eines der wichtigsten Kurzfilmfestivals im deutschsprachigen Raum überhaupt zu etablieren. „Ich habe nicht mit diesem großen Erfolg gerechnet, aber ich habe schon darauf hingearbeitet“, sagt Orth, der als festangestellter Produktionstechniker für den Bayerischen Rundfunk arbeitet und immer noch selbst Filme dreht. „Man muss sich irgendwann entscheiden, ob man ein Festival innerhalb eines relativ kleinen Rahmens belässt, oder es so groß aufzieht wie wir es getan haben.“
Mittlerweile kommen jährlich fast 5000 Besucher zum Festival – da ist Michael Orth froh über die Unterstützung durch seine organisatorische Leiterin Birgit Horn. „Unser Kurzfilmfestival ist ein Publikumsfestival, bei dem wir den Spagat zwischen Arthouse-Kino und kommerziell ausgerichteten Filmproduktionen schaffen wollen“, sagt er, das gehe einher mit der zunehmenden Vielfalt der Genres im Kurzfilmbereich. „Viele Leute verbinden zwar mit Kurzfilmen immer noch künstlerisch abgedrehte oder auch langweilige Filme – doch mittlerweile gibt es in diesem Bereich auch viele Komödien, Horrorfilme oder Thriller.“ Für die letzteren hat Orth mit dem sogenannten „Deadline Award“ sogar eine eigene Kategorie eingerichtet.

Kurz und intensiv

Es gibt während des Festivals auch einen Kurzfilmwettbewerb – viele der gezeigten Beiträge sind an einer Filmhochschule entstanden. Es finden sich jedoch auch immer wieder Produktionen frei arbeitender, junger Filmemacher im Programm. Wie das bewegende Drama Karlstod der 24-jährigen Münchner Regisseurin Mariko Minoguchi. In poetischen Bildern erzählt sie die Geschichte einer eingeschweißten Forelle auf dem Vordersitz eines Autos, die zum Symbol für den nahenden Tod eine der beiden menschlichen Protagonisten des Films wird. Innerhalb von nur 14 Minuten entwickelt dieses in der Realität angesiedelte Märchen eine Intensität, von der man bei manchem Langspielfilm nur träumen kann.
Wie beim Kurzfilmwettbewerb kommen auch die Einreichungen für den neuen Wettbewerb „Sprungbrett“ des Festivals aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Michael Orth ließ die jugendliche Zielgruppe dieses Wettbewerbs die Filme gleich selbst auswählen. Little Che von Regisseurin Leonie Kurz und dem Kameramann Franz Kastner ist einer der Filme, die von Schülern aus fünf Gymnasien in Landshut und dem Umland ausgewählt wurden. Als freiwilliges Sonderprojekt entstand Little Che an der Hochschule für Fernsehen und Film München. Der Film ist eine immer wieder durch ernsthafte Szenen gebrochene Komödie über eine ungewöhnliche Ménage-à-trois zwischen einer jungen Linksaktivistin, dem schwulen Vater ihres ungeplanten Kindes und dessen Freund. Ähnlich wie Nathan Nill mit Stufe Drei beweisen auch Leonie Kurz und Franz Kastner ein großes Gespür für intelligente Situationskomik.
Mit der Weiterentwicklung des Landshuter Kurzfilmfestivals um den „Sprungbrett“-Wettbewerb ist es Michael Orth gelungen, das Festival gerade bei der jungen Generation noch stärker zu verorten. Und wer weiß: Vielleicht werden die jugendlichen Jurymitglieder, die derzeit noch die Schulbank drücken, sich bald einmal mit eigenen Filmen dem Wettbewerb stellen. (Lena Kettner)

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