Kultur

Der Kochelsee bei München, gemalt von Wassily Kandinsky in den Jahren 1901/03. Das Bild wurde aus dem Centre Pompidou Paris entliehen. (Foto: bpk)

12.06.2015

Im Rausch der Farben

Das Franz Marc Museum zeigt, wie sich die Künstler des "Blauen Reiters" vom Impressionismus zur Abstraktion entwickelten

Es geht eine regelrechte Prozession hinauf zum „Heiligen Berg“ des Blauen Reiters, will sagen ins Franz Marc Museum. Das Thema der aktuellen Ausstellung ist aber auch zu verlockend: Es lautet Schöne Aussichten. Der Untertitel „Der Blaue Reiter und der Impressionismus“ verspricht einen Rausch in Farben, die sich in Luft und Licht auflösen.
Franz Marc, August Macke, Gabriele Münter und Wassily Kandinsky sind die Protagonisten dieser Schau. Sie haben sich in Frankreich den Fundus der Anregungen geholt, ihn zuhause im bayerischen Oberland umgesetzt – und dann auf dem Weg zu immer mehr Abstraktion hinter sich gelassen.
Diese Entwicklung will die Ausstellung in Kochel beschreiben. Und ist dabei nicht etwa ein kunsthistorisches Seminar, sondern blankes Sehvergnügen. Besonders wenn man sich im Foyer schon mal auf der Landkarte umgeschaut hat, wo einige der vor der Natur gemalten plein-air-Arbeiten entstanden sind: in Kochel, an den Kesselbergfällen, an der alten Kesselbergstraße. Das genau Verortbare wird ergänzt durch eine Grüne Bank, eine Winterlandschaft, durch die Marcs Stehende Frau durch den Schnee stakst – irgendwo da draußen vor den Fenstern des Museums.

Heiter, aber eigenwillig

Bevor der Blaue Reiter überhaupt entstand, sind diese Bilder schon gemalt worden. Wassily Kandinsky zeigt sich noch begeistert von sanftem Renoir-Rosa, wenn er Frühling malt, lehnt sich bei einer Bootsszene am Kleinhesseloher See im Englischen Garten an die in Paris dominierende Mode an – bis hin zu der fast pointillistischen Auflösung einer Landschaft bei Regensburg.
Man empfindet das heute als hinreißend heiter und erfinderisch in der Farbgebung – spürt aber auch, dass ein paar Eigenwilligkeiten schon den Impressionismus hinter sich lassen wollen (etwa bei Alexej Jawlensky). Verschiedentlich lassen sich schon expressive Schwerpunkte ausmachen: steil abfallend, abrutschend sind Waldstücke und Bergwände. Da ahnt man in diesen Jahren nach der Jahrhundertwende, wie sich diese Künstler schon bald vom Impressionismus absetzen werden, von seiner zunehmenden Süßlichkeit sowieso.
Inhaltlich dominiert in diesen Bildern die Idylle, auch bei den Bildern, die Münter und Kandinsky von ihren Malausflügen und -seminaren aus der Oberpfalz mitbringen: einiges aus Regensburg, vieles aus Kallmünz. Mit Maibaum, überhängenden Felswänden ist da die Münter, besonders wenn sie Kandinsky Beim Landschaftsmalen porträtiert, noch dem Grün von Hans Thoma verhaftet. Das Licht spielt eine dominierende Rolle in der changierenden Stimmung einer Landstraße bei Kallmünz: Da meint man, den Staub der Straße zu spüren, genießt das schattenspendende Grün oder die Wärme, die die altväterlichen Mauern aus Jurakalk abstrahlen. Auch bei den Bildern, die Münter und Kandinsky in Paris gemalt haben, gibt es eine Spur idyllisches Biedermeier (In Sèvres), die Pinselführung aber verrät impressionistische Unruhe und Auflösung, Umrisse verschwimmen, gehen im Grün der Grasflächen auf: das macht zumal die Münter den Klassikern des Impressionismus’ perfekt nach.

Den Klassikern auf der Spur

Die Jahre in deren Bann sind eine Lehrzeit in Sachen Farbe; aber auch Max Liebermann zeigt in der Ausstellung, dass die deutschen den französischen Impressionisten keineswegs nachstanden. Zu der vollkommenen Auflösung der Farbflächen wie bei Paul Signac hat man sich allerdings erst später entschlossen. Wohin die Begegnung mit dem Impressionismus führen wird, dokumentiert die wunderbare Ausstellung in Kochel mit ihren vielen Leihgaben in einem Kabinett und besonders bei Gabriele Münter. Lediglich als eine bloße Vorstufe wird man die impressionistische Periode des späteren Blauen Reiters nach dieser umfangreichen Ausstellung nicht mehr empfinden. (Uwe Mitsching) Bis 19. Juli.Franz Marc Museum, Franz Marc Park, 82431 Kochel. Di. bis So. 10 – 18 Uhr. www.franz-marc-museum.de

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