Kultur

Ausschnitt aus Robert Höflingers Assemblage „Christus im Lehnstuhl“. Sehen Sie die Gesamtansicht in der Bildergalerie am Ende des Beitrags. (Foto: Thomas Obermeier)

18.04.2019

Kampf gegen Bigotterie

Das Würzburger Museum am Dom zeigt eine provozierende Schau von Robert Höflings Werken

Schon das gelb-schwarze Plakat mit dem Titel Das hätte Jesus nicht gewollt macht neugierig auf die Ausstellung im Würzburger Museum am Dom über den Künstler Robert Höfling. Dieser wäre heuer 100 Jahre alt geworden. Noch nach seinem Tod 1997 provoziert er mit seiner Kunst. Höfling war ein hochbegabter, vielseitiger, moderner Künstler. Mit viel hintersinnigem Humor wollte er zum Nachdenken anregen. Er stellte das Übliche infrage, etwa auch mit den bewusst verdrehten Buchstaben in der Botschaft „Jeder ist ein Küntsler“.

Die Ausstellung beginnt mit dem Einblick in Höflings Atelier in Hammelburg: Es war die ehemalige Schreinerei seines Vaters, ein grotesker Ort ganz gegen bürgerliche Erwartungen. Im Zwischengeschoss des Museums begegnet man der Bandbreite von Höflings Arbeiten. Die Zeichnungen, Grafiken, Gemälde und Objekte sind in unterschiedlichen Techniken und Stilen geschaffen, von realistisch bis abstrakt, man sieht auch experimentelle Fingerübungen.

Oft nahm sich Höfling kritisch selbst auf die Schippe, zum Beispiel in Selbstbildnissen. Zu seinem Selbstbildnis als Glasfresser schreibt er: „Noch alle Eide die ich je geschworen/ hab’ ich gebrochen und meine/ Weltanschauungen wechsl’ ich wie ein Hemd/ und wenn ich ein Versprechen einhalte/ erregt das allgemeine Verwunderung./ Aber eins versichere ich euch,/ alle Flaschen, die ich in meinem Leben/ ausgetrunken, fress ich auf,/ ich schwör’s!“

Die Akademiezeit in Düsseldorf empfand er als „für die Katz“, kehrte ins beschauliche Hammelburg zurück, wo er sich am heimischen Kosmos und der katholischen Kirche, dem Stimulans seines Arbeitens reiben konnte. Er wollte zur Reflexion über Selbstverständliches wachrütteln. Das erreichte er spektakulär in der Ausstellung Franconia Sacra 1976 in Würzburg mit seinem Streichholzaltar: In dessen Mitte sind schwarze Kreuze, seriell angefertigte Devotionalien, von abgebrannten Streichholzschachteln umkreist. So etwas erregte die Gemüter ebenso wie das Happening mit der Überwalzung von Orgelpfeifen.

In der großen Halle des Museums fallen zuerst oben die riesigen Schwarz-Weiß-Gemälde mit wilden Landschaften und Prozessionen auf. Beim genauen Studium entdeckt man, dass die Kommunionkinder keine Blumen streuen, sondern Hühner rupfen.

Mensch und Glaube

Der Idee des erweiterten Kunstbegriffs folgte Höfling seinen Zeitgenossen Beuys, Mataré oder Falken. Er spielte auch mit Begriffen aus der Kunstgeschichte, etwa wenn er mit Kreuzen aus Massenproduktion rund um einen Christus-Druck ein „Vera Icon“ schafft und so den Sinngehalt religiöser Andachtsgegenstände infrage stellt. Das gilt auch, wenn er zu Francis Bacons Papst Innozenz X. sein von ihm verfremdetes Bild in einen Rahmen mit kitschigen Cowboyfigürchen setzt oder das Bild der Infantin von Velasquez hinter Gittern und mit einer Ehrenschärpe präsentiert.

Hauptthema bei Höfling ist der Mensch und sein Glaube. Zentral im Ausstellungsraum sitzt deshalb sein Christus im Lehnstuhl: gefesselt mit Rosenkränzen, mit ausgestreckten Armen wie um Hilfe suchend. Es ist ein Aufruf, die Bequemlichkeit von Ritualen zu verlassen. Auch die Verklärung Christi, ein schwarz verhüllter, mit Rosenkränzen behängter Jesus, und die Unerhörten Gebete aus Streichholzschachteln enthalten konstruktive Kritik an Bigotterie. (Renate Freyeisen)

Information: Bis 23. Juni. Museum am Dom, Kiliansplatz 1, 97070 Würzburg. Di. bis So. 10-18 Uhr. www.museum-am-dom.de

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