Kultur

Um 1900 erschien eine Flut von Postkarten, die Prinzregent Luitpold huldigten. (Foto: Cornelia Oelwein)

03.09.2021

Luxuriöser Gesundbrunnen

Eine Ausstellung in Bad Kissingen dokumentiert den Aufstieg zum Weltbad und dessen Beziehung zu Prinzregent Luitpold

Prinzregent Luitpold war in seinem über 90-jährigen Leben nur zweimal im unterfränkischen Bad Kissingen – und das jeweils auch nur für wenige Stunden. Und dennoch hat die Kurstadt ihm viel zu verdanken. Mit keinem anderen Monarchen ist der Ort so sehr verbunden wie mit dem Prinzregenten. Hatte König Ludwig I. von Bayern die Weichen für die Entwicklung zu einem luxuriösen Weltbad gestellt, so entstand dessen heutiges Aus- und Ansehen vielfach unter Ludwigs Sohn Luitpold (1821 bis 1912). Regentenbau, Luitpoldpark, Luitpoldbad und viele andere Bauten des beginnenden 20. Jahrhunderts prägen das Stadtbild.

Exquisites Stelldichein

Eine Ausstellung unter dem Titel Weltbad Kissingen und Prinzregent Luitpold dokumentiert die Epoche des Wandels von einem eher biedermeierlich geprägten Kurort zu einem modernen Weltbad, das den Ansprüchen eines an Luxus gewöhnten internationalen Publikums zu genügen vermochte. Kurorte waren im 18. und 19. Jahrhundert nicht nur Refugien für Kranke und Genesende, sondern gleichermaßen – wenn nicht sogar in weit höherem Maße – repräsentative Orte für den gesellschaftlichen Auftritt von Adel und gehobenem Bürgertum. Alles was Rang und Namen hatte, reiste ins Bad, bevorzugt natürlich in die angesagten Kurorte.

Dabei ergab sich nicht selten auch die Gelegenheit, Politik zu machen. Otto Fürst von Bismarck etwa, Mitbegründer des Deutschen Reiches anno 1871 und erster deutscher Reichskanzler, beehrte den Kurort 15 Mal mit einer mehrwöchigen Anwesenheit und richtete dort gewissermaßen einen vorübergehenden Außenposten der Reichshauptstadt Berlin ein.

Bühne für die „Kaiserkur“

In Kissingen begann unter König Ludwig I. von Bayern ein groß angelegter Ausbau. Auch die folgenden Generationen beförderten das Image. Der Kurort avancierte zur gesellschaftlichen Bühne des europäischen Hochadels. Die „fashionable world“ reiste an die Fränkische Saale. Auch König Ludwig II. lud kurz nach seiner Thronbesteigung nach Kissingen ein. Das Treffen ging als „Kaiserkur“ in die Geschichte ein, da im Sommer 1864 nicht nur Kaiser Franz Joseph von Österreich und seine Frau Kaiserin Elisabeth (Sisi) anreisten, sondern auch das russische Zarenpaar, dazu zahlreiche andere Fürstlichkeiten. 1883 verlieh Ludwig II. dem Ort den offiziellen Beinamen „Bad“, als erstem Kurort in Bayern überhaupt.

Die Besucherzahlen stiegen kontinuierlich. 1841 wurde die Tausendergrenze im Jahr überschritten, am Ende des Jahrhunderts waren sie längst fünfstellig. Allein die Zahlen der Kurgäste lassen erahnen: Mit der Zeit waren die Anlagen der 1830er-Jahre hoffnungslos zu klein und zudem teilweise technisch nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Wollte man auch weiterhin als Luxuskurort in der ersten Liga mitspielen, mussten neue Anlagen her. Hatte König Ludwig I. mit Friedrich von Gärtner einen seiner Stararchitekten mit den Neubauten in Kissingen beauftragt, war es unter Prinzregent Luitpold mit Max Littmann wiederum einer der bedeutends-ten Architekten seiner Zeit, der den Auftrag erhielt und kurz nach 1900 einige alte Gebäude durch großartige Neubauten ersetzte, während er anderen umfangreiche Ergänzungen anfügte.

Doch auch die Stadt und ihre Bürger waren nicht untätig. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts befand sich die Stadt Bad Kissingen dank der positiven Entwicklung im Kurwesen selbst in einem strukturellen Umbruch. So kam es, dass das Landstädtchen mit seinen rund 5000 Einwohnern um die Jahrhundertwende eine weitaus modernere Infrastruktur aufwies als manche Großstadt. Bad Kissingen ging mit einigen wichtigen Errungenschaften in Bayern sogar führend voran, sei es in der Wasserversorgung, der Kanalisation oder der Straßenbeleuchtung.
Und wie bei der Wahl des Architekten konnte man auch bei den innovativen technischen Veränderungen im Stadtraum die kompetentesten Fachleute in die Projekte miteinbinden: im Bereich der Elektrizität etwa Oskar von Miller.

Noch vor den großen Umbauplänen hatte sich Prinzregent Luitpold höchstpersönlich ein Bild vor Ort gemacht. Einst war er als Knabe im Alter von zwölf Jahren in Kissingen gewesen. Damals waren gerade die Anlagen Friedrich Gärtners im Entstehen. Fast auf den Tag genau 61 Jahre später, am 2. Juni 1894, reiste er erneut an. Die Kissinger bereiteten ihm einen überwältigenden Empfang.

Den Abschluss der groß angelegten Baumaßnahmen durfte Prinzregent Luitpold nicht mehr erleben. Fünf Monate vor der Fertigstellung des Regentenbaus war er am 12. Dezember 1912 gestorben.

Es blieb seinem Sohn, Prinzregent Ludwig, vorbehalten, den Feierlichkeiten anlässlich der Eröffnung beizuwohnen. Sowohl der Empfang Prinzregent Luitpolds 1894 als auch und vor allem der Besuch seines Nachfolgers, Prinzregent Ludwig, 1913 anlässlich der Kissinger Festtage am Vorabend des Ersten Weltkriegs und dem Ende der Monarchie waren sensationelle Ereignisse, die bis heute ihren Platz in der Geschichte der Stadt einnehmen.

Im Museum in der Oberen Saline wird nun die epochale Entwicklung der Kurstadt anhand von Bilddokumenten, diversen Modellen und Originalen ebenso dokumentiert, wie die großartigen Feierlichkeiten der Jahre 1894 und 1913 sowie die zum Teil bis heute bestehende Verehrung für Prinzregent Luitpold. Die prächtigen Kurbauten der Prinzregentenzeit sind außerhalb der Museumsräume zu erleben. (Cornelia Oelwein)

Abbildungen:
Die Aufnahme entstand beim Festzug 1913 unter Anwesenheit von Luitpolds Sohn Ludwig, hier in der Kutsche mit seiner Frau Therese. Die Kachel mit dem bekrönten „L“ fertigte Villeroy & Boch für den Regentenbau.   (Fotos: Stadtarchiv Bad Kissingen, Cornelia Oelwein)

Information: Bis 7. Februar 2022. Museum Obere Saline, Obere Saline 20, 97688 Bad Kissingen. Aktuelle Öffnungszeiten unter www.badkissingen.de

 

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