Kultur

Sindbad darf am Theater Augsburg durch eine prächtige orientalische Märchenwelt schippern. (Foto: Theater Augsburg)

21.11.2014

Märchenstunde ohne Zeigefinger

"Sindbad der Seefahrer" am Theater Augsburg

Fast schon ein bisschen gemütlich und altmodisch geht’s zu in Sindbad der Seefahrer, dem Weihnachtsstück des Augsburger Theaters: kein aufdringliches Videogeflimmer, kein wildes Gezappe durch explodierende bunte Bildersequenzen, kein ohrenbetäubendes Gedröhne aus überdimensionalen Mega-Boxen. Trotzdem fehlt es nicht, ein fulminantes Bühnengewitter inklusive, an üppigem Krach und Bumm. Was dafür fehlt, ist ein penetrant erhobener didaktischer Zeigefinger, um dem quicklebendigen Grundschul-Publikum ja stets in Erinnerung zu rufen, dass der Spaß seinen Preis hat.
Der Dank dafür besteht in der hoch konzentrierten und aufgeregten Bereitschaft, den Helden „interaktiv“, wie man heute wohl sagen muss, durch martialisches Gebrüll aus jeder noch so aussichtslosen Klemme herauszuhelfen. Regisseur Marcus Mislin hat tief in die orientalische Märchenkiste von Tausendundeiner Nacht gegriffen und die abenteuerliche und manchmal etwas abstruse Geschichte um den tapferen Helden der Weltmeere zusammengebastelt und mit viel Gespür für kindgerechte Wirkungseffekte inszeniert.
Markus Reyhana komponierte dazu eine Handvoll ohrwurmverdächtiger Songs, die von einem stimmlich fast durchwegs gut disponierten Ensemble schwungvoll in das unüberschaubare Wimmelbild der vor Spannung fast platzenden kleinen Hundertschaften geschmettert wurden.
Die geschickt verschiebbare Bühne von Elisabeth Pedross und die opulenten Kostüme von Bettina Werner versetzen in eine bildprächtige orientalische Märchenwelt, leckeres Augenfutter zuhauf für die von TV, PC und i-phone verwöhnten Zuschauer, die alles, was da oben auf der großen bunten Bühne stattfand, „richtig cool“ fanden. Mehr Kompliment geht kaum. Florian Innerebner spielt mit jungenhaft ungelenkem Charme den Titelhelden, Sarah Bonitz seinen getreuen Kumpan, das kurios gewandete Erdmännchen Navid, Helene Blechinger die Karate-erprobte Prinzessin Shirani und Klaus Müller den weiß Gott warum in den Orient verschleppten Hubersepp aus Garmisch mit astreinem alpenländischem Zungenschlag. Da hätte man sich in schwäbischen Gefilden auch den kreuzbraven Milchbauern Köberle Alois aus den Stauden vorstellen können.
Held des turbulenten Geschehens ist jedoch allemal Gregor Trakis in der Doppelrolle als väterlich bekümmerter guter Sultan Alim und abgrundtief böser Sultan Mabaya, dessen rabenschwarz abgefeimter Zwillingsbruder. Soviel diabolische Spiellust inklusive einer variationsreichen Sprech- und Singstimme ragt aus einem durchweg harmonischen Ensemble deutlich hervor. Viel kurzweiliger Spaß also mit einer temporeichen und zügig gespielten anderthalbstündigen Reise in ferne Länder, nach deren logischer Abfolge man sicher nicht immer fragen sollte. (Hanspeter Plocher)

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