Kultur

Ein Hypochonder nervt seine Umwelt: Nikolaus Paryla als eingebildeter Kranker, an seiner Seite Erwin Nowak als Notar Bonnefois. (Foto: Neumann)

19.11.2010

"Mein Ego interessiert mich nicht"

In Molières „Eingebildetem Kranken“ führt Nikolaus Paryla glänzend Regie und spielt auch selbst

Als Theaterbesucher befällt einen mitunter die Angst. Wie viel des krankheitsgeplagten Argan, Hauptfigur von Molières Der eingebildete Kranke, steckt in Nikolaus Paryla? Zur umjubelten Premiere im Theater in Kempten schlüpft er mit Hingabe in diese Rolle, kreidebleich im Gesicht, fahrig in seinen Bewegungen, brüchig in der Stimme. Man ruft sich in Erinnerung: Molière selbst hatte den Hypochonder Argan derart authentisch verkörpert, dass der Autor Stunden nach der Aufführung einen Blutsturz erlitt und starb – im Kostüm.
Keine Angst! Paryla stand beim prasselnden Schlussapplaus lächelnd auf der Bühne und wird mit den Kollegen der Komödie im Bayerischen Hof mit diesem Molière-Stück auf Tournee gehen. Es ist eine Herkulesaufgabe für Paryla, der am heutigen Freitag seinen 71. Geburtstag feiert. Er führt Regie und verkörpert den Protagonisten einer Komödie, die er turbulent, amüsant und effektvoll gestaltet.
Für einen über 70-Jährigen nicht zu viel der Belastung? Na ja, gesteht Paryla, Regie zu führen und selbst auf der Bühne zu stehen, sei schon doppelt anstrengend. Aber er sagt auch: „Es ist ein harmonisches Arbeiten, weil ich mich auf mich verlassen kann und mich nicht mit jemand anderem auseinandersetzen muss.“
Womöglich hätte den Regisseur am Premierenabend gestört, dass Argan wiederholt den Blick nach rechts richtet, um die Stichworte des Souffleurs zu erhaschen. Wie der erfahrene Schauspieler freilich die gelegentlichen Textlücken mit Mimik füllt, spricht wiederum für ihn und seine Gabe, sich in schwierige Charaktere hineinzuversetzen. Beispiel Süskinds Kontrabass: Eine Paraderolle für Paryla, jubelten die Kritiker 1981, als er einen psychisch angeschlagenen Kontrabassisten verkörperte.
Auch Argan hat, salopp ausgedrückt, nicht alle Tassen im Schrank, schluckt im Akkord Tabletten, Tropfen und (aus Versehen) auch mal eine Pipette. Wer ihm nicht abnimmt, dass er todkrank sei, hat es sich bei ihm verscherzt. Wie Haushälterin Toinette (ausdrucksstark: Undine Brixner), Tochter Angelique (Laura Antonella Rauch) oder der Bruder Beralde (sehr präsent: Rudolf Otahal). Argan ist nicht nur ein Hypochonder, sondern auch Egomane.
Ob da womöglich einiges vom Dargestellten in Paryla selbst steckt? „Das weiß ich nicht“, sagt er, „mich interessiert mein Ego nicht.“ Ein Schauspieler habe die Figur zu spielen, sonst nichts. Das gelingt Nikolaus Paryla in Molières Eingebildetem Kranken in bestechender Weise. (Freddy Schissler)

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