Kultur

Die Wahrnehmung der Klang-Licht-Raum-Installation verändert sich mit der eigenen Positionierung im Kunstbau. (Foto: Lenbachhaus/Lukas Schramm)

22.04.2022

Musikalisches Ökosystem

Die Klangausstellung „Spatial Jitter“ von Mouse on Mars im Kunstbau des Lenbachhauses ist ein Rundumerlebnis

Betritt man derzeit den Münchner Kunstbau, diesen in die U-Bahn-Station des Königsplatz eingepflegten und massiven Ausstellungsraum für zeitgenössische Kunst des Lenbachhauses, verschwindet man zunächst in der Dunkelheit. Dann durchfurchen einzelne Lichtkegel den lang gezogenen Raum. Recht große technische Objekte stehen hier und da. Geordnet erscheint das erst mal nicht. Aber man hört etwas. Was genau, hängt vom Zeitpunkt des Besuchs ab. Denn diese Arbeit wiederholt sich wie im Loop alle eineinhalb Stunden.

Was immer wieder zu hören ist, sind impulsive Klänge. Ein riesiges Horn bewegt sich in der Mitte des Raumes automatisch in alle Richtungen und, ja, man muss es schon fast sagen, „schießt“ regelrecht Klänge umher. Und das tut nicht nur das Horn, auch einige Lautsprecher, die eher aussehen wie Empfängerschalen für – welche auch immer – Signale aus dem Weltraum, bewegen sich automatisiert um die eigene Achse und strahlen teils sphärische, teils sehr direkt vor einem auftauchende Klänge ab, die sich schließlich an den Wänden brechen und verändert zurückkommen.

Wechselnde Perspektiven

Es ist ein ständiges Spiel mit Perspektiven, mit Richtungen von Klang und Licht und dem eigenen Standort im Raum. Wann bewegt man sich auf etwas zu, wann davon weg? Auch die Lichtinstallationen verändern sich langsam, kleine Glasscheiben schieben sich programmiert vor einzelne Scheinwerfer und färben Teile einer Wand mal in ein leichtes Rot und Blau, mal ergießt sich eine Flut von Blitzlichtern.

Diese Klang- und Rauminstallation stammt von der 1993 gegründeten und in Szenekreisen kultigen Band Mouse on Mars, namentlich Andi Toma und Jan St. Werner, die sich stetig musikalisch wandelnd, ganz allgemein gesprochen, der Erforschung von Klang widmen. Ihre kreierten Klänge sind mitunter vom Feinsten, vom Ausgesuchtesten. Mit jedem neu erscheinenden Album (bisher insgesamt 16) hört man etwas, das mit Sicherheit vorher noch nicht zu hören war. Alben wie Niun Niggung von 1999 erhielten größeren Bekanntheitsgrad.

Später tourte Mouse on Mars mit dem Goethe-Institut durch die Welt. Andi Toma erlebt man eher im Kontext der Band und dem zugehörigen Label Sonig. Jan St. Werner ist vielseitig unterwegs, eben auch als Installationskünstler, war Professor in Nürnberg und zuletzt auch als Gast in der Akademie der Bildenden Künste in München.

Bildende Kunst und Musik sind bei Mouse on Mars über die letzten Jahre immer näher aneinandergerückt. Der Ausstellungsraum als Aufführungsort wurde wichtiger – nicht nur des Raumes, sondern eben auch der Zeit wegen. Die Öffnungszeiten des Kunstbaus von 10 Uhr bis 20 Uhr stellen einen anderen Modus als bei einem Konzertabend her.

Es ist Musik zum Einhören, zum Zeitnehmen: Grandios, was Spatial Jitter (Räumliches Flackern) in den nächsten Monaten im Kunstbau bietet. Mitgewirkt haben dort einige „Kollaborateure“ wie Michael Akstaller, der die Lautsprecherobjekte baute, Matthias Singer, der das Licht einrichtete, und Moritz Simon Geist, bekannt durch seine elektrisch automatisierten Instrumente, hier an der Decke positionierte Woodblocks.

Verweilt man in Spatial Jitter eine Weile, merkt man, dass die eigenwillige Choreografie, der man beiwohnt, wie ein eigenes Ökosystem funktioniert. Alles hängt miteinander zusammen, reagiert aufeinander: das Licht, die Lautsprecher, das Horn, die Woodblocks. Und irgendwo dazwischen, man kann es kaum in Worte fassen, nehmen die Klänge, die Musik ihren Platz ein. Immateriell und eben doch so physisch und geradezu haptisch präsent, wie selten erlebt. Einige Besucher*innen beginnen mit den Lichtkegeln zu spielen, werfen Schattenfiguren an die Wände, ja tanzen sogar in die Lichtkegel hinein. (Bastian Zimmermann)

Information: Bis 18. September. Kunstbau der Städtischen Galerie im Lenbachhaus, Königsplatz, 80333 München. Di. bis So. 10-20 Uhr. www.lenbachhaus.de In den kommenden Monaten folgen zwei weitere performative Aktivierungen von Spatial Jitter (24. Juni und 29. Juli im Rahmen des Symposiums „Technobodies“) sowie ein abschließendes Konzert von Mouse on Mars im Muffatwerk am 9. September.

 

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