Kultur

25.11.2011

Oratorium übers Seerecht

"Mare Liberum" in deutscher Erstaufführung

Der Papst hatte die Neue Welt samt ihren Meeren zwischen Spanien und Portugal aufgeteilt – ein holländischer Staats- und Seerechtler war dagegen: Hugo Grotius formulierte in seinem Mare Liberum von 1609, dass die Meere internationale Gewässer seien. Das feierten die Niederländer noch 400 Jahre später, und der Haager TonKunstKoor beauftragte den Komponisten Roel van Oosten mit einem Oratorium: Das wurde 2009 uraufgeführt, inzwischen vier Mal gespielt – jetzt fand in Nürnbergs Meistersingerhalle die Erstaufführung durch einen deutschen Chor statt. Es ist eine Kombination von lateinischem Grotius-Text und englischen Gedichten aus dem Ersten Weltkrieg.
Van Oosten gibt zu, er schreibe einen „eklektischen Stil“, will die Aufführung auch gehobenen Laienchören ermöglichen. In Nürnberg ist es der Hans-Sachs-Chor unter Julian Christoph Tölle, der mit Mare Liberum den Publikumsgeschmack trifft. Kein Wunder, man begegnet bestens Bekanntem: Carl Orff in erster Linie, dann musicalhafter Melodienseligkeit und gängigen Pop-Elementen. Die Gedichte im Libretto von Jeroen Vervliet holen die lateinische Vertragslehre in die Gegenwart herüber und in eine kritische Sichtweise samt emotionaler Betroffenheit.
Dem Hans-Sachs-Chor macht es keine Mühe, das „gehobene Amateurniveau“ zu realisieren, die Nürnberger Symphoniker wechseln stilsicher zwischen Orff-Rhythmik und fetzigem Jazz, lassen Schlaghölzer klopfen und entwerfen effektvolle Satzschlüsse. Aus dem juristischen Codex schnitzt van Oosten schwindelerregende Sopranarien (sicher intoniert von Kirsten Drope) und eine Baritonpartie, die prägnante Deklamation mit kantablen Linien verbindet (Jochen Kupfer mit profundem Ausdruck). Tölle formt mit der ihm eigenen Inbrunst die vielfältigen Effekte, mit denen van Oosten die barocke See- und Staatslehre aufmöbelt. Die steuert am Ende einem bürgerlichen „Wohlbehagen“ mit weichen Streicherwolken und melodischem Belcanto entgegen und einem starken Schlusswort zu holländischer Entdeckerlust, Kaufmannsgeist – und letztlich doch wieder Kanonen.
(Uwe Mitsching)

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