Kultur

Für seine Ansicht vom Paniersplatz aus über die Stadt (1825) wählte Johann Adam Kleins einen prominenten Standort auf dem Burgberg: Dort flatterten einst die Fahnen und Banner all der prominenten Gäste, wenn der Kaiser in Nürnberg Hof hielt. (Foto: Museen der Stadt Nürnberg/Kunstsammlungen)

28.08.2020

Phantastischer Perspektivwechsel

Das Nürnberger Fembo-Haus zeigt Stadtpanoramen aus sieben Jahrhunderten

Heute hat man einen weiten Blick per Google Earth, früher waren es die Panoramen, die ihn ermöglichten: zum Beispiel über das alte Nürnberg und den Reichswald, auf die Schokoladenseite der Stadt mit sämtlichen Kirchen, Burg und Wehrtürmen – zwar in größtmöglicher Genauigkeit. Eine solche Ansicht ziert auch einen Keramikteller im Nürnberger Fembo-Haus am Burgberg – der Teller ist so groß, dass man sich wahrscheinlich durch einige Dutzend Bratwürstchen essen müsste, bis zum richtigen Blick auf die Richtstätte vor den Stadttoren oder auf die Pegnitz, wie sie in die Stadt hinein- und wieder herausfließt.

Wichtige Planungshilfen

Der weite Blick heißt die viel besuchte Ausstellung im Fembo-Haus – Perspektiven aus sieben Jahrhunderten werden attraktiv präsentiert und schön beleuchtet. Bekanntere Stücke wie der Nürnberger Waldplan von 1516 (das Original findet man im Germanischen Nationalmuseum) sind unter den Exponaten, auch der Blick auf die Stadt aus den verschiedenen Himmelsrichtungen und mit Betonung der jeweils gewünschten Perspektive: Von Norden her sieht man die Burg ganz unscheinbar in die Stadtmauer integriert (Erhard Etzlaub), eine politische und planerische Entscheidungshilfe für den Rat der Stadt sollte der Waldplan sein.

So sind diese Panoramen offenbar nicht nur gefällige Blicke auf des „Reiches Schatzkästlein“, wie das wohlhabende Nürnberg genannt wurde, sondern geben wirtschaftliche, geografische, religiöse Aspekte schwerpunktmäßig wieder.

Oft wird Nürnberg von Westen her dargestellt, und man sieht bei Johann Friedrich Volckart, wie sich die von der Stadtmauer umgürtete Stadt den Burgberg hinaufzieht, auf dem man auch die vorgeschichtlichen Anfänge der Noris vermutet. Die West-Perspektive dominiert auch ein Gemälde in St. Lorenz, das wohl fälschlicherweise Michael Wolgemut zugeschrieben wurde, ebenso seine hübsche Kopie aus dem 20. Jahrhundert. Oder der echte Wolgemut-Blick, den er zusammen mit seinem Schüler Albrecht Dürer für die Schedel’sche Weltchronik geschaffen hat. Und in einer Marienszene sieht Nürnberg von ferne aus wie eine Stadt im fränkischen Mittelgebirge. Bevor sich die Berge der Fränkischen Schweiz erheben, ist in einem Holzschnitt-Rundprospekt die „Landwehr“ rund um die Stadt herum detailreich dargestellt: Friedhöfe, Gärten, Verteidigungsanlagen.

An solchen Einzelheiten der Panoramen sieht man sich kaum satt, denn sie enthalten in der Regel nicht nur städtische Landmarken und Sehenswürdigkeiten, sondern auch Szenen des urbanen Lebens: Mobilität, Kleidung, Marschordnung des Militärs. Ein Gauner wie Christian Ludwig Kaulitz, dessen Leben im „Männereisen auf der Insel Schütt“ endete, hat seine Panoramen an den Wünschen seiner Auftraggeber orientiert oder in seinen Quodlibets alle möglichen Aspekte etwa des Heilig-Geist-Spitals zusammengestellt – auch das fügt sich zu einer Art Panorama.

Zum Glück hängt irgendwo auf dem Rundgang durch die Ausstellung auch eine Lupe für die vielen winzigen Einzelheiten auf den Aquarellen, Seidenstickereien und Ölgemälden.

Wie ein Bühnenbild

Auch die Phantasie kommt ins Spiel. Die Hirschjagd vor der Stadtsilhouette (1753) sieht so aus, als würde sie gleich in einem Wäldchen hinter der nördlichen Stadtmauer und im Knoblauchsland stattfinden: Die Stadtmauer leuchtet durch den düsteren Mischwald als gehörte sie zu einem Bühnenbild. Man kann sich auch in ein 360-Grad-Panorama hineinstellen: zum Beispiel mitten in die acht Tafeln eines Hauptmarktpanoramas von 1823/24, oder in eines, das Nürnberg von einem der Lorenzer Türme aus darstellt. Gleich vor deren Türen des Fembo-Hauses begegnet man den in der Ausstellung erlebten Panoramen in heutiger Realität. (Uwe Mitsching)

Information: Bis 18. Oktober. Stadtmuseum Fembohaus, Burgstraße 15, 90403 Nürnberg. Di. bis Fr. 10-17 Uhr, Sa., So. bis 18 Uhr.

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