Kultur

Grausamer Schmerz, geschundener Körper: Pfeuffers "Pietà" strahlt nichts Versöhnendes aus. (Foto: Kunsthalle Schweinfurt)

07.11.2014

Retter aus der Tortur

Die Kunsthalle Schweinfurt zeigt Helmut Pfeuffers Bilder von Landschaften und Körpern

Kraft und Ausdruckswille, sehr große Formate, pastose, starke Farben und expressiver Strich ziehen den Besucher sofort in den Bann, wenn er die Kunsthalle Schweinfurt betritt. Dort wird derzeit die Ausstellung Pathos und Verwandlung gezeigt. Mehr als 50 Jahre lang hat Helmut Pfeuffer Ölbilder gemalt, sich dabei an der Figur, der Landschaft, am Gegenstand orientiert, diese aber nicht abgebildet sondern transformiert. Der 1933 in Schweinfurt geborene Künstler stemmte sich beharrlich gegen die allseits herrschende Tendenz zum Ungegenständlichen und entwarf eine ganz eigene Ausdruckswelt – geleitet von einem philosophischen Hintergrund.

Geschundene Körper

Viele seiner Bilder waren bisher nicht öffentlich zu sehen. In der Kunsthalle Schweinfurt sind sie in acht Gruppen eingeteilt und beginnen mit den frühen Landschaften: hier ist die Oberfläche noch stark gespachtelt; plastisch strukturiert, erscheint sie wie ein Relief. Wolkenformationen und Landschaftsanklänge dominieren, ohne Kontur sind die Farben gegeneinander gesetzt.
Mit der Zeit werden in Pfeuffers Werk die Farben heller, verlieren die Schwere. Frühe Figurenbilder setzen sich kritisch mit Vertretern der bürgerlichen Gesellschaft auseinander, zeigen aktuelles Erschrecken vor menschlicher Brutalität. Ganz ruhig dagegen das Doppelporträt des Malers mit seiner Frau als zwei Figuren vor Landschaft: sie hell, er dunkel.
Bei der Darstellung von Körpern hat sich Pfeuffer zwischen 1967 und 1977 mit Krankheiten und gewaltsamen Heil-Maßnahmen auseinandergesetzt, angeregt von medizinischen Fachbüchern und früheren Behandlungsmethoden, die den Patienten mehr quälten als heilten. Pfeuffer geht es um Bilder des geschundenen Körpers. Auch Stiere werden unter diesem Gesichtspunkt dargestellt. Frauen erscheinen auf Pfeuffers Akt-Gemälden nur scheinbar als Sexualobjekte; sie werden vielmehr als verletzte und somit verletzliche Wesen gezeigt. Nicht der schöne, sondern der malträtierte Körper interessiert den Maler.
Eines ist fast immer zu beobachten: Figur und Landschaft wachsen zusammen. Landschaften erscheinen organisch, dramatisch und traumatisch geprägt – und erinnern darin an Körper: so der Eisbach an einen weiblichen Schoß. Und dass Pfeuffer sich von Mahlers Lied von der Erde zu geradezu rauschhaften Gemälden inspirieren ließ, ist bei dieser Auffassung vom engen Zusammenhang zwischen Körper, Natur und Schöpfung nicht verwunderlich. Davon angeregt, schuf er zum Beispiel 1993 das Triptychon Metamorphosen mit erschreckenden Sturzfiguren. Äußerst dramatisch wirkt auch das stürzende Pferd in Passion oder die nach unten fallende Alma. Die Pietà hat schließlich überhaupt nichts Tröstliches mehr an sich, sondern zeigt fast gespenstisch Körper in Bedrohung und Tod.
Pfeuffer sieht die Welt dialektisch, als Kampf; Natur kann aber auch Retter aus zivilisatorischer Tortur bedeuten. In den Gemälden wird dieser Prozess formuliert. (Renate Freyeisen) Bis 22. Februar. Kunsthalle, Rüfferstraße 4, 97421 Schweinfurt. Di. bis So. 10 – 17 Uhr, Do. 10 – 21 Uhr.
www.kunsthalle-schweinfurt.de Abbildung (Foto: Kunsthalle Schweinfurt)
In Pfeuffers Landschaftsbildern finden sich oft Anklänge an Menschliche Körper. Der Eisbach (1986) zum Beispiel erinnert an einen weiblichen Schoß.

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