Kultur

Charles Vetter, ein Mitbegründer der Münchener Secession, war bekannt für seine Großstadtszenen wie hier am Münchner Promenadeplatz (1914). (Foto: Gemäldegalerie Dachau)

27.08.2021

Späte Entdeckungen

Die Gemäldegalerie Dachau zeigt Werke des lange verkannten süddeutschen Impressionismus

Kunsthistorisch gesehen spielt der Impressionismus in drei Ligen: An der Spitze steht die französische, danach kommt die Berliner Secession, und vom süddeutschen Impressionismus war bisher im öffentlichen Bewusstsein nur selten die Rede – leider. Sollte er nur in der dritten Liga spielen? Das zeitgenössische Urteil in Deutschland über die neue Kunstrichtung war zunächst polemisch: „Überhaupt kann man sagen, dass wenn ein Bild weder gut empfunden noch gezeichnet oder gemalt sei, so nennt man das Impressionismus“, schrieb noch vor der Jahrhundertwende der Kritikerpapst Friedrich Pecht. Lovis Corinth, Max Liebermann und Max Slevogt haben ihm gründlich unrecht gegeben. Und auch eine Ausstellung tut dies jetzt. Im Anschluss an die Konstanzer Wessenberg-Galerie zeigt die Gemäldegalerie Dachau unter dem Titel Licht, Luft und Farbe, wie Maler*innen, ausgehend von den damals prägenden Akademien in München, Stuttgart und Karlsruhe, sich den Impressionismus, seine Themen und Techniken angeeignet haben. 80 Bilder sind in der lichtdurchfluteten Galerie in der Dachauer Altstadt zu sehen. Sie füllen – wie man schuldbewusst zugeben muss – eine Bildungslücke.

Dunkel und schwer

„Der süddeutsche Impressionismus ist dunkel und schwer“, sagt Museumsleiterin Elisabeth Boser. Nicht ohne Grund ist die Da-chauer Galerie Teil der Ausstellungsreihe „Landpartie“ rund um München, die sich diesmal dem Thema Hell & Dunkel widmet. Tatsächlich strahlt einem beim Ausstellungsrundgang als erstes nichts Dunkles, sondern Robert Weises Frau in Bodenseelandschaft von 1904 an: in flatterndes Weiß gekleidet, in überwältigendem Licht – Impressionismus pur.

Aber die thematische Hängung in Dachau hat auch Kapitel für das Dunkle, besonders bei der Darstellung der fortgeschrittenen Industrialisierung, der Großstadt mit ihren Bahnhöfen: Friedrich Kallmorgen und Hermann Pleuer sind eindrucksvolle Vertreter dieser regen- und rußverhangenen Stimmungen, wo nur beleuchtete Uhren und ein paar Gesichter unter Regenschirmen oder Straßenlaternen Lichtpunkte setzen.

Dachauer Kunstschaffende haben oft Karlsruhe als Akademieort bevorzugt, hatten wie Adolf Hölzel Ausstellungen in Berlin, waren geschäftlich erfolgreich und gut vernetzt, weiterhin auch mit ihrer Heimatstadt Dachau. Zudem hat sich, wer in der wichtigsten Zeit des Impressionismus von 1880 bis 1914 in München tätig war, auch im Dachauer Moos umgeschaut. So zum Beispiel Max Liebermann und Lovis Corinth, der 1893 ein Waldstück bei Dachau gemalt hat.

Bemerkenswert ist auch eine Art Künstlerkolonie in Dachau mit der Malschule von Adolf Hölzel, an der sogar Emil Nolde gelernt hat und wohin Schülerinnen und Schüler aus England oder Schweden kamen.

Galerieleiterin Elisabeth Boser hat eine Reihe besonders wichtiger Werke des Impressionismus zusammengestellt: von Max Slevogt, Hermann Pleuer, Wilhelm Trübner und Maria Caspar-Filser. Zu sehen sind weniger die großen Sehenswürdigkeiten in Italien oder die Landschaften an der Nordsee, sondern Genreszenen in der Lagune, in engen Gassen, auf den Fischkuttern. Wie ein zeittypischer Kontrapunkt hängen Christian Landenbergers Bilder nackt badender Knaben im blassen Blau von Himmel und See daneben.

Parallelen zu Frankreich

Der aufwendig gestaltete Katalog zur Ausstellung stellt mit seinen aufschlussreichen Aufsätzen diesen süddeutschen Impressionismus in den Kontext der Rezeptionsgeschichte. Erst seit 2009 haben Ausstellungen in Bielefeld und mit vermehrten Leihgaben aus Privatbesitz ihn in seinen Verbindungen zur französischen „en plein air“-Malkultur und zu Claude Monets „Impression – soleil levant“ bekannter zu machen versucht. Und wem wäre in gegenwärtigen Zeiten nicht nach Licht, Luft und Farbe zumute? (Uwe Mitsching)

Information: Bis 10. Oktober. Gemäldegalerie Da-chau, Konrad-Adenauer-Straße 3, 85221 Dachau. Aktuelle Öffnungszeiten unter www.dachauer-galerien-museen.de und www.landpartie-museen-muenchen.de

 

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