Kultur

Illustration: Rosemarie Zacher

26.04.2013

Sturm auf die Bastion des Machotums

Was Bernhard Setzwein beim diesjährigen Maibaumaufstellen erwartet

Es ist wieder soweit: In den nächsten Tagen werden überall im weiß-blauen Freistaat Maibäume aufgestellt werden. Laut Wikipedia wird dieses Brauchtum, das ja angeblich bis zu den Germanen und ihren Waldgötter-Huldigungen zurückreicht, von „relativ lose gebundenen Junggesellengruppen“ gepflegt, die „in früheren Jahrhunderten oftmals weniger gebildet waren und über die entsprechend weniger berichtet wurde“.
Ach so, wenn depperte Dorf-Dödis eine Waldstange in die Senkrechte bringen, das lohnt kaum einer Meldung. Wenn aber Mädls, die – längst ist es wissenschaftlich erwiesen – sowieso die Viferen und Schlaueren sind, ihre hübsch manikürten Hände an ein hölzernes Fruchtbarkeitssymbol anlegen, um es hoch zu bringen, ja dann ist sie zur Stelle, die Journaille. „CSU-Frauen wuchten wieder Maibaum“, titelt zum Beispiel die Mittelbayerische Zeitung in ihrer Regensburger Lokalausgabe, um anzukündigen, dass auch dieses Jahr wieder zwölf Damen der Großprüfeninger CSU sich unerschrocken in eine absolute Männerdomäne hineindrängeln. Sogar die Frauenzeitschrift Emma soll sich akkreditiert haben, um darüber zu berichten, wie eine der letzten Bastionen mitteleuropäischen Machotums geschleift wird.

Frauen als schönes Beiwerk

Hängt die gesteigerte Publicity wirklich mit dem sicher gegebenen höheren Bildungsgrad der Damen zusammen? Oder leistet da jemand unfreiwillige Schützenhilfe, mit einem locker herausgehauenen Spruch von fast schon rainer-brüderle’schem Format?
Erich Tahedl, seines Zeichens Erster Vorstand des Gauverbandes Oberpfalz im Bayerischen Trachtenverband e.V., ließ sich jedenfalls mit folgenden Überlegungen auf dem Feld der „Gender studies“, deutsch: Geschlechterforschung, vernehmen. Er meinte zum Geschehen des Maibaumaufstellens auf jedem x-beliebigen, ja sogar Großprüfeninger Dorfplatz: „Frauen können drumrum ein schönes Bild abgeben, am Rand stehen und applaudieren und bei der Brotzeit den Männern lobende Worte spenden.“
Nun muss man sagen: Es gibt Männer, die können jederzeit, ganz egal, um welches Thema es sich handelt, drumrum um dieses Thema höchst bemerkenswerte Offenbarungseide ihres geistigen Horizontes darbieten. Allerdings: Reicht das? Einfach nur so am Rand stehen, das Gegenteil von applaudieren, nämlich rumstän-kern, ansonsten aber seiner Gesinnung keine Taten folgen lassen.
Die Großprüfeninger Damen sind da, fast möchte man sagen, aus anderem Maibaumholz geschnitzt. Die packen an, sagen zu den Männern, „gehtz moi aufd Seit’n“, und machen das, was ihrer Überzeugung nach unbedingt auch zum Frausein dazugehört: Maibäume wuchten eben.

Nackte Tatsachen

Und die männlichen Pendants vom Schlage eines Erich Tahedl? Wenn es schon ihre Überzeugung ist, dass Frauen partout nichts zu suchen haben auf diesem besonderen Feld des bayerischen Brauchtums, dann sollten sie vielleicht ähnlich tatkräftig dagegen einschreiten.
Man müsste eine Idee haben. Eine, die den Frauen ähnlich stinken tät, wie manchen Männern weibliche Hineinpfuscherei ins Handwerk des Maibaumaufstellens. Man müsste gewissermaßen denen einmal ins Gäu kommen, so wie die das dauernd bei uns tun: Aufsichtsratsvorsitzende wollen die werden, Kickboxen und demnächst vielleicht bei Fingerhakl-Weltmeisterschaften mitmachen.
Ich hab einen Vorschlag! Warum gründet Herr Tahedl nicht ein männerbündisches Pendant zu jener Aktivistinnenbewegung, die in letzter Zeit wiederholt großes mediales Aufsehen erregte. Ich meine die auf ukrainische Frauenrechtlerinnen zurückgehende Gruppe der „Femen“, die mit barbusigen Schreiattacken schon Wladimir Putin und Silvio Berlusconi erschreckt haben.
Tahedl könnte seine Kampfgenossen ja „Mannen“ nennen. Und dass nicht nur Frauen schockierende nackte Tatsachen hervorzukehren haben, das könnte man ihnen auch gleich einmal demonstrieren. Für den Fall, dass die Maibaumwuchterinnen ernst machen mit ihrer Ankündigung, schlage ich ein Dazwischenspringen schreiender Brauchtumspfleger mit entblößten Oberkörpern vor. Ein paar wohl gestaltete Bier-wampen oder gar von den Weibshormonen des Hopfen hervorge-tretene Männerbrüste werden sich doch in Gottsnamen finden las-sen! Und die gehören dann mit Kampfparolen bepinselt, wie die normalerweise nur ranken, schlanken Körper dieser Weibsbilder. Vorschlag: „Finger weg von unseren Maibäumen!“

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