Kultur

Pavol Breslik als Bauer in "Tagebuch eines Verschollenen". (Foto: Wilfried Hösl)

30.06.2020

Verbotene Liebe

Janáčeks "Tagebuch eines Verschollenen" als halbszenischer Liederabend an der Bayerischen Staatsoper

Der Stoff hat alles für eine Minioper. Es geht um einen Bauernburschen in Mähren, der spurlos verschwindet. In seiner Kammer findet sich sein Tagebuch, das in lyrischer Form von dessen Liebe zu einem Zigeunermädchen erzählt. Der soziale Widerstand gegen diese verbotene Liebe ist groß. Da die junge Frau von ihm ein Kind erwartet, bleibt dem Paar nur die Flucht.

Diese Geschichte behandelt das Tagebuch eines Verschollenen von Leoš Janáček. Es ist ein Liederzyklus, der zwischen 1917 und 1919 entstanden ist. Die Verse entdeckte Janáček in einer Zeitung.

Für das Münchner Nationaltheater hat Friederike Blum, seit 2019 Spielleiterin an der Bayerischen Staatsoper, ein halbszenisches Konzept ausgeklügelt. Das hat vor allem deswegen funktioniert, weil Pavol Breslik ein echter Sängerdarsteller ist. Der Tenor aus der Slowakei übernahm die Rolle des Bauern.

Blums Konzept passt vortrefflich, zumal es schon kurz nach der Uraufführung des Werks erste Bühnenfassungen gab. Dafür wurde der Klavierpart sogar für Orchester bearbeitet. Auch Janáček selbst hat die Vertonung größer gedacht als einen normalen Liederzyklus. So lassen sich die insgesamt 22 Stücke in vier Teile gliedern: von der ersten Begegnung über das Liebesspiel bis hin zu Zweifel und schlussendlicher Flucht.

Noch dazu spielt das Klavier ein ausgedehntes Solo-Stück (sehr differenziert in Anschlag und Ausdruck: Róbert Pechanee). Neben dem Tenor hört man stellenweise eine tiefe Frauenstimme: das Zigeunermädchen. Sie gestaltet einige Solo- und Zwiegesänge. Als klanglicher Hintergrund kommen drei weitere Frauenstimmen hinzu. Sie verdeutlichen die Liebesszene.

Für die Münchner Aufführung hat Blum die Frauenstimmen auf Raumwirkung hin platziert. Das Publikum saß auf der großen Hauptbühne im Nationaltheater. Hinter dem Publikum sang dunkel timbrierend Daria Proszek auf einem Podest. Die Mezzosopranistin aus Polen ist ebenso wie das Trio Mirjam Mesak, Sarah Gilford und Noa Beinart derzeit im Opernstudio am Nationaltheater engagiert.

Szenisch hat Blum moderat agiert, um vor allem den Zuschauerraum wirken zu lassen. Auf ihn schauen die Besucher*innen frontal von der Hauptbühne. Denn natürlich weiß auch Blum, dass Liederzyklen eben keine Miniopern sind. Dafür aber machte die überaus intensive, packende Darstellung von Breslik vollends deutlich, wie sehr ein normaler Opern- und Konzertbetrieb derzeit fehlt. (Marco Frei)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Ist die geplante neue Kindergrundsicherung sinnvoll?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.