Kultur

Im Nürnberger Barbier geht es so turbulent zu, dass sogar die Häuser schief stehen. (Foto: Jutta Missbach)

16.05.2018

Wenn aus Spanien Italien wird

Im "Barbier von Sevilla" am Staatstheater Nürnberg verirrt sich der Regisseur im Mittelmeerraum

Eigentlich wollte Opernregisseur Josef Ernst Köpplinger seine Variante von Rossinis „Barbier von Sevilla“ ins Spanien der Francozeit verlegen. Doch herausgekommen ist eine teils saukomische Persiflage auf Mentalität und Lebensstil der Italiener. Das goutierte das fränkische Premierenpublikum im Staatstheater Nürnberg mit tosendem Beifall.

Da fliegt ein buntes, schäbiges Häuschen mit großer Staubwolke vom Schnürboden. Ein anderes, ebensfalls nicht gerade statisch auf höchstem Niveau  beflindliches Häuschen, kippelt hin und her. Das darin befindliche Bügelbrett vollführt ob der Schwankungen ein lustiges Eigenleben. Und nebenan dreht sich unaufhaltsam ein alter Ventilator, um den heißen Abenteuern der Kunden im Club Eros ein kühles Lüftchen zuzufächern. All das erinnert mehr an die Erdbeben in Mittelitalien (das tragische Ereignis von Amatrice vor zwei Jahren lässt grüßen) als an den wirtschaftlichen Verfall Spaniens unter der Tyrannei des Generalísimo Francisco Franco.

Aber das ist nicht schlimm, denn es geht ja um eine Liebesgeschichte mit diversen Intrigen. Die ist perfekt in Szene gesetzt und wer schon immer einmal wissen wollte, wie man eine kleine Verleumdung lanciert, bekommt in dieser Oper die Anleitung dazu gratis.

Das einzig Spanische an Köpplingers Barbier-Variante sind die Soldaten und der ungeschickte Diener Ambrosio (genial gespielt von Dieter Fernengel), der geflissentlich das Konterfei Francos zur Schau trägt oder es mit ordentlich Spucke sauber wienert, wenn es denn öffentlich präsentiert werden muss. Selbst Graf Almaviva (schwacher Tenor: Martin Platz) ist kein stolzer Vertreter des Machismo, sondern eher ein blasses Jüngelchen mit ebenso blasser Stimme, das um die Gunst von Rosina nicht lange buhlen muss.  Titelheld Figaro (stimmgewaltig: Ludwig Mittelhammer) sorgt mit etlichen Kniffen dafür, dass Doktor Bartolo (Jens Waldig mimt gekonnt den alten Zausel) sein Mündel nicht heiraten kann, sondern Almaviva zum Ziel kommt.

Unter der musikalischen Leitung von Volker Hiemeyer erlebt das Publikum eine rasante Opernkomödie mit unzähligen Slapstick-Einlagen. Sehenswert!
(Ralph Schweinfurth)

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