Landtag

Vertrockneter Mais: Die Auswirkungen des Klimawandels waren in den vergangenen Sommern immer wieder zu spüren. (Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand)

28.05.2020

96 Maßnahmen zur Klimarettung

Bayerisches Klimaschutzgesetz der Staatsregierung: verbindliche Ziele, aber wenige verbindliche Vorgaben

Spätestens 2050 soll Bayern klimaneutral sein und der Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent gesenkt werden. Doch ob die dazu geplanten Maßnahmen ausreichen, bezweifeln Grüne und SPD. Besonders enttäuschend aus ihrer Sicht: Die erneuerbaren Energien bekommen keine Vorfahrt.

Mit einem halben Jahr Verspätung hat die Staatsregierung den Entwurf für ein bayerisches Klimaschutzgesetz in den Landtag eingebracht. Es sieht vor, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um mindestens 55 Prozent zu senken. Richtwert ist dabei eine maximale CO2-Emission von fünf Tonnen pro Einwohner*in. Dies würde nach aktuellem Stand die Reduzierung um gut eine Tonne bedeuten. Spätestens 2050 soll Bayern klimaneutral sein. „Wir legen mit diesem Gesetzentwurf einen Fahrplan zur CO2-Absenkung in Bayern vor“, erklärte Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler). Zusammen mit den bereits beschlossenen Investitionen in ökologische Zukunftstechnologien verbinde die Staatsregierung ökologische und ökonomische Herausforderungen.

Erreichen will die Staatsregierung ihre Klimaschutzziele vor allem durch Energieeinsparung, die effiziente Bereitstellung, Umwandlung, Nutzung und Speicherung von Energie sowie den Ausbau erneuerbarer Energien. Dem Staat komme dabei eine Vorbildfunktion zu, weshalb die Staatsverwaltung bereits 2030 klimaneutral sein soll, betonte Glauber. Zudem sollen staatliche Grundstücke, insbesondere Wald- und Moorflächen sowie Gewässer, in Übereinstimmung mit den Zielen des Gesetzes bewirtschaftet werden. Den Kommunen wird empfohlen, sich die staatlichen Ziele ebenfalls zu eigen zu machen. Um die Bevölkerung zu verstärktem Klimaschutz zu motivieren, soll die Umweltbildung entsprechend intensiviert werden.'

Als Hausaufgabe erteilt sich die Staatsregierung den Auftrag, ein konkretes Klimaschutzprogramm zum Erreichen der Reduktionsziele sowie eine Strategie zur Anpassung an die absehbaren Folgen des Klimawandels zu erarbeiten und regelmäßig fortzuschreiben. Über die Fortschritte muss der jeweilige Umweltminister alle zwei Jahre Bericht erstatten. Auch die staatlichen Förderprogramme sollen laut Gesetzentwurf auf die Klimaschutzziele ausgerichtet werden. Im Interesse eines effektiven Einsatzes von Haushaltsmitteln gelte es grundsätzlich zu vermeiden, dass Zuwendungen für Zwecke fließen, die den Zielen des Klimaschutzes zuwiderliefen, heißt es.

Florian von Brunn (SPD): "eine Mogelpackung"

Harsche Kritik an der Vorlage übte Martin Stümpfig (Grüne). Von den „großspurigen Ankündigungen“ der Staatsregierung in Sachen Klimaschutz finde sich in dem Gesetzentwurf so gut wie nichts. Er zeichne sich vielmehr durch „maximale Unverbindlichkeit“ aus. Als besonders enttäuschend bewertete Stümpfig, dass es keine Vorfahrt für die erneuerbaren Energien gebe und dass der Klimaschutz nicht einklagbar sei. „Ohne rechtlich bindende Vorschriften lassen sich die Klimaziele nicht erreichen“, sagte Stümpfig. Diese seien zudem zu wenig ehrgeizig, um die Folgen des Klimawandels in Bayern zu minimieren. Stümpfig forderte die Halbierung des CO2-Ausstoßes auf drei Tonnen pro Kopf bereits bis 2030 und Klimaneutralität bis 2040. Glauber müsse seinen Entwurf zurückziehen und überarbeitet noch einmal vorlegen.

Lob für den Entwurf kam von Martin Huber (CSU). Er zeige zusammen mit den erhöhten Haushaltsansätzen im ökologischen Bereich, dass die Staatsregierung trotz Corona-Krise ihre Bemühungen im Umwelt- und Klimaschutz nicht zurückfahre. Die Kritik Stümpfigs bezüglich der Unverbindlichkeit wies Huber zurück. Schließlich werde das Gesetz durch ein 96-Maßnahmen-Paket mit konkreten Vorhaben unter anderem für die Bereiche Wald, Moore, Wasser, Landwirtschaft, Energie und Mobilität ergänzt. Benno Zierer (Freie Wähler) betonte, das Gesetz sei genau auf die Bedürfnisse Bayerns zugeschnitten. Um die Akzeptanz bei Unternehmen, Landwirten und Bürgern zu erhöhen, verzichte der Entwurf Glaubers auf „diktatorische Vorgaben“, sondern nehme die Menschen beim Klimaschutz mit.

Ganz anders sah das Ingo Hahn (AfD). Der Gesetzentwurf bringe mehr Planwirtschaft und sorge für Wohlstandsvernichtung, urteilte er. Die Kosten seien unkalkulierbar, die Umweltwirkungen nicht nennenswert. Vor dem Hintergrund, dass es – so Hahns Behauptung – keine Beweise für einen vom Menschen mitverursachten Klimawandel gebe, müsse diese „ökologische und ökonomische Amokfahrt“ beendet werden. Mehr Engagement beim Klimaschutz forderte dagegen Florian von Brunn (SPD). Glaubers Gesetzentwurf komme zu spät und dann auch noch als „Mogelpackung“ daher. Die von der Weltgemeinschaft vereinbarten Klimaziele von Paris ließen sich damit nicht erreichen. Christoph Skutella (FDP) lobte die Grundausrichtung des Gesetzes, sah aber Verbesserungsbedarf. So wäre es aus seiner Sicht effektiver, Kompensationsmaßnahmen für den bayerischen CO2-Ausstoß durch ökologische Hilfsmaßnahmen in Entwicklungsländern zu ermöglichen.
(Jürgen Umlauft)

Info: Klimaprognose für Bayern
Das Klimaschutzgesetz gründet auf der wissenschaftlich abgeschätzten Prognose, dass die Jahresdurchschnittstemperatur in Bayern ohne Klimaschutzmaßnahmen bis 2050 um bis zu 2,1 °C und bis 2100 um bis zu 4,8 °C steigt. Das würde bedeuten, dass die Zahl heißer Tage (über 30 °C) um bis zu 36 höher liegen könnte als heute, die Zahl der Sommertage (über 25 °C) um bis zu 73. Umgekehrt könnte es bis zu 81 weniger Frosttage (Tagestiefsttemperatur unter 0 °C) geben. Zur Folge hätte dies nach den Projektionen eine deutlich längere Vegetationsphase, kaum noch Schnee in mittleren und tiefen Lagen sowie deutliche Verschiebungen im Wasserhaushalt Bayerns mit einer Zunahme von Winterhochwassern und extremen Trockensommern. (jum)

Kommentare (1)

  1. Andreas V. am 29.05.2020
    Viele Wörter, quasi kein Inhalt.
    Wo ist denn der Link zum 96 Punkte umfassenden bayerischen Klimaschutzprogramm?
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