Landtag

Die CSU macht die Gewährung von Intensiv-Sprachkursen und Eingliederungshilfen in den Arbeitsmarkt von einer guten Bleibeperspektive abhängig. (Foto: dpa)

13.07.2018

Alles hängt an der Bleibeperspektive

Die Debatte zum Abschlussbericht der Enquetekommission Integration macht einmal mehr die unterschiedlichen Positionen der Fraktionen in der Asylpolitik deutlich

In der Debatte um den Abschlussbericht der Enquete-Kommission zur besseren Integration von Zuwanderern aus dem Ausland in Bayern wurden trotz der Einigung auf zahlreiche Handlungsempfehlungen noch einmal die unterschiedlichen Positionen von CSU und weiten Teilen der Opposition deutlich. So bedauerte der Vorsitzende des Gremiums, Arif Tasdelen (SPD), den „mangelnden Kompromisswillen“ der CSU. Diese habe oft ideologisch geprägt argumentiert und unter Verweis auf bestehende Maßnahmen weiteren Handlungsbedarf abgelehnt. Dabei hätten gerade ehrenamtliche Helfer und Experten aus der Praxis immer wieder ein stärkeres Engagement des Freistaats gefordert. Tasdelen sah in den beschlossenen Empfehlungen einen klaren Arbeitsauftrag für die Staatsregierung. Vor allem brauche es ein überarbeitetes Integrationsgesetz, das nicht spalte, sondern die Menschen zusammenführe.

CSU findet: Die Integration läuft super in Bayern

Sein Stellvertreter Thomas Huber (CSU) betonte dagegen, Bayern könne „auf Jahrzehnte der gelungenen Integration“ zurückblicken. Auf diesen Erfahrungen könne die Eingliederung der zuletzt im Zuge der großen Flüchtlingswelle nach Bayern gekommenen Menschen aufbauen. Dabei müsse der Fokus auf diejenigen gelegt werden, für die es eine längerfristige Bleibeperspektive gebe. Huber verteidigte den Grundsatz des „Förderns und Forderns“, der Integrationsverweigerer mit Sanktionen belege, und die Durchsetzung einer Leitkultur als Basis für Integration und ein friedliches Miteinander.

„Leitkultur ist die Anwendung von geltendem Recht plus Werte, Tradition und Brauchtumswahrung“, sagte Huber. Um Integration zu ermöglichen, müsse die Zuwanderung auch begrenzt werden.

Die Grüne Christine Kamm warf der Staatsregierung vor, die Hauptlast der Integration auf Kommunen und ehrenamtliche Helfer abzuwälzen. Diese bräuchten mehr staatliche Unterstützung. Zudem lehnte sie eine Beschränkung der Integrationshilfen auf Personen mit längerer Bleibeperspektive ab.

Sprachkurse und Eingliederungshilfen in den Arbeitsmarkt bräuchten alle Zuwanderer, zumal viele aus verschiedenen Gründen eine längere Duldung erhielten. Diese auszuschließen, beschwöre soziale Konflikte herauf, warnte Kamm. Integration sei eine „Querschnittsaufgabe der Politik“. Kamm bedauerte deshalb die weitgehend leeren Plätze auf Seiten der CSU und der Regierungsbank während der Debatte. Ihren Antrag auf eine Herbeizitierung von Regierungsmitgliedern aus allen Ministerien konnte die CSU erst per Hammelsprung abwehren.

Der Bericht darf nicht zur  Bettlektüre verkommen

Hans Jürgen Fahn (Freie Wähler) erklärte, in Bayern gebe es bei der Integration noch viel zu tun. Es brauche ideologiefreie wie pragmatische Lösungsansätze und Planungssicherheit sowohl für die betroffenen Migranten als auch für die aufnehmende Gesellschaft und die nach Arbeitskräften suchende Wirtschaft. Mit dem Beschwören einer nicht näher definierten Leitkultur sei es nicht getan. Dass die CSU auf diesem „politischen Kampfbegriff“ bestanden habe, der von einer Mehrheit der Experten und beratenden Verbände abgelehnt worden sei, habe die Arbeit in der Kommission erschwert, klagte Fahn. Auch er forderte die rasche Umsetzung der Empfehlungen. Der Abschlussbericht dürfe nicht „zur Bettlektüre verkommen“. (Jürgen Umlauft)

INFO: Enquetekommission Integration
Als Folge der Flüchtlingskrise und der danach aufgeflammten Debatte um eine verbindliche Leitkultur in Bayern hat der Landtag Mitte 2016 auf Druck der Opposition die Enquete-Kommission „Integration in Bayern aktiv gestalten und Richtung geben“ eingesetzt. Neben zehn Abgeordneten – sechs von der CSU, zwei von der SPD und je einen von Freien Wählern und Grünen – gehörten dem Gremium neun externe Experten an, darunter der Islamforscher Professor Georges Tamer, die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Ausländer-, Migranten- und Integrationsbeiräte Bayern, Mitra Sharifi Neystanak, und der Fürstenfeldbrucker Landrat Thomas Karmasin.

Die Kommission traf sich zu 28 ordentlichen Sitzungen, 12 Fachgesprächen mit wechselnden Experten aus Wissenschaft und Praxis sowie mehreren Arbeitsterminen. Den Vorsitz führte der SPD-Abgeordnete Arif Tasdelen, der als Kind aus der Türkei nach Bayern gekommen war.
Der mehr als 200-seitige Abschlussbericht enthält 345 Handlungsempfehlungen aus einem Dutzend Themenbereichen, von denen allerdings nur knapp die Hälfte einstimmig beschlossen wurden.Die Opposition scheiterte mit gut 100 Vorschlägen an der CSU-Mehrheit, zudem setzte die CSU eigene Anliegen vor allem gegen den Widerstand von SPD und Grünen durch. Wichtigste Empfehlungen sind die Ausweitung der Angebote zum Erwerb der deutschen Sprache sowie zur möglichst dezentralen Unterbringung von neu zugewanderten Migranten. (JUM)

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