Landtag

18.01.2019

Arbeitsagenda fürs kommende Jahr

Klausurtagungen | Was CSU, Grüne, FW, AfD und FDP beschlossen haben

Auf ihren Winterklausuren haben die Landtagsfraktionen ihr Arbeitsprogramm für die neue Legislaturperiode abgesteckt. Nachdem in der Vorwoche bereits Freie Wähler (wir berichteten) und FDP getagt hatten, zogen nun CSU, Grüne und SPD von unterschiedlich großem Medieninteresse begleitet nach. Die AfD-Fraktion traf sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit in einem Hotel im oberbayerischen Kreuth.

Die CSU drückt bei den Plänen zur Aufnahme des Klimaschutzes als Staatsziel in die Bayerische Verfassung aufs Tempo. Um die dafür nötige Volksabstimmung gleichzeitig mit der Europawahl am 26. Mai durchführen zu können, soll sich der Landtag bereits in der kommenden Woche in erster Lesung mit dem dafür nötigen Gesetzentwurf befassen, kündigte CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer in Kloster Banz an. Für eine Änderung der Verfassung ist neben der Zustimmung der Wähler auch eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag erforderlich. Dafür braucht die Koalition aus CSU und Freien Wählern die Unterstützung weiterer Fraktionen.

Nach den Plänen der CSU, die von den Freien Wählern mitgetragen werden, soll der Klimaschutz in den vorhandenen Artikel 141 der bayerischen Verfassung eingefügt werden. Einzelheiten zum Erreichen des neuen Verfassungsziels soll laut Kreuzer ein anschließend zu erarbeitendes Klimaschutzgesetz regeln. Dieses müsse realistische Ziele vorgeben, die auch eingehalten werden könnten. Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann erklärte dazu auf der Grünen-Klausur in Regensburg, der Klimaschutz dürfe nicht nur als „Worthülse“ in der Verfassung stehen. Nötig seien konkrete Vorgaben. Er warnte CSU und Freie Wähler davor, das Thema mit unnötiger Eile und ohne die notwendige Ernsthaftigkeit durch den Landtag drücken zu wollen. Die nötige Volksabstimmung könne auch zusammen mit der Kommunalwahl 2020 erfolgen.

Auch SPD-Fraktionschef Horst Arnold wollte sich mit einer reinen Verfassungsergänzung nicht zufrieden geben. Er forderte, den Klimaschutz mit einer sozialen Komponente auszustatten. Nach seinen Vorstellungen sollten einkommensschwache Haushalte Energiesparprämien sowie Zuschüsse für die Anschaffung klimafreundlicher Haushaltsgeräte erhalten. Die für den Klimaschutz notwendigen Maßnahmen müssten „sozial gerecht gestaltet“ werden. Nach Angaben ihres Umweltsprechers Florian von Brunn müsse es das Ziel Bayerns sein, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 zu halbieren. Dazu müsse die Energiewende vorangetrieben und der Schadstoffausstoß aus dem Verkehr deutlich reduziert werden. Bayern könne hier mit einer „Ausbauoffensive für Bus und Bahn“ sowie den Einstieg in den kostenfreien Nahverkehr Akzente setzen. Geld, das in den Klimaschutz gesteckt werde, sei bestens investiert, weil es hohe Folgekosten verhindern helfe, betonte von Brunn.

Streitpunkt Klima

Die SPD beschloss auf ihrer Klausur in München zudem einen erneuten Anlauf zur Durchsetzung eines Tariftreue- und Vergabegesetzes für den Freistaat. Dieses soll einen bayerischen Mindestlohn in Höhe von 11,72 Euro vorschreiben, der damit deutlich über dem bundesweit gültigen Satz von 9,19 Euro läge. Erhalten sollen ihn alle Beschäftigten in Betrieben und bei Dienstleistern, die einen staatlichen Auftrag annehmen oder Fördergelder des Freistaats bekommen, sowie Mitarbeiter bei deren direkten Zulieferern. Der Wert entspricht der untersten Entgeltgruppe im Tarifvertrag für Beschäftigte im öffentlichen Dienst, dem auch der Freistaat zugestimmt hat. Ein eigener Mindestlohn sei wegen der hohen Lebenshaltungskosten im Freistaat gerechtfertigt, erklärte die SPD-Sozialpolitikerin Doris Rauscher.

Zudem fordert die SPD einen „Pakt für anständige Löhne“ in Bayern. Auf dessen Basis sollen wieder mehr Unternehmen in die Tarifbindung geholt werden. Derzeit werden nur noch 53 Prozent der bayerischen Arbeitnehmer nach Tarif bezahlt – nach Angaben der SPD oft mit schlechterer Entlohnung und geringerer sozialer Absicherung. Gemeinsam mit dem Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter erörterte die SPD-Fraktion Maßnahmen zur Förderung des Baus von mehr bezahlbarem Wohnraum. Die SPD will dazu das Bodenrecht reformieren und die Kommunen rechtlich und finanziell stärker beim sozialen Wohnungsbau unterstützen.

Die CSU verzichtete dieses Mal bei ihrer Klausur auf einen thematischen Schwerpunkt. Stattdessen setzte Kreuzer einen breiten politischen Dialog an. So schloss sich der Vorstellung der Arbeitsprogramme aller Facharbeitskreise eine Debatte in sieben Workshops an, die in eine allgemeine Aussprache im Fraktionsplenum mündete. Konkrete Beschlüsse wurden nicht gefasst. Dafür nutzte Ministerpräsident Markus Söder die Klausur, um eine umfassende Reform des Föderalismus in Deutschland vorzuschlagen. Die deutschen Länder sollten wieder mehr Kompetenzen erhalten, forderte er. Um dabei leistungsschwächere Länder nicht zu überfordern, sprach sich Söder für einen „Föderalismus der zwei Geschwindigkeiten“ aus. Es solle deshalb keine Pflicht zur Übernahme von Zuständigkeiten geben.

Nach Söders Einschätzung löse Zentralismus keine Probleme. „Vielfalt ist immer besser als Einfalt“, erklärte er und beklagte eine schleichende Abwanderung von Kompetenzen an den Bund. Die Länder seien jedoch keine nachgeordnete Behörde des Bundes, sondern befänden sich mit diesem nach seinem Verfassungsverständnis auf Augenhöhe. Söder sprach sich deshalb im Sinne der Länder für eine im Grundgesetz verankerte Kompetenz-Schutzklausel aus. Auf der anderen Seite sollte es neue Freiräume und Öffnungsklauseln geben, etwa bei regionalen Themen wie Brauchtum oder Kleingewerbe. Außerdem sollten nach Söders Vorstellungen mehrere Rechtsbereiche komplett auf die Länder übertragen werden. Er nannte unter anderem Aspekte im Umwelt- und Jagdrecht, den Nahverkehr, die Jugendhilfe sowie die Grund- und Erbschaftsteuer. Zudem sollten die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern weiter entflochten werden.

Auch bei den Grünen stand die strategische Aufstellung der auf das Doppelte angewachsenen Fraktion im Mittelpunkt. Neben dem Klimaschutz befasste man sich mit der Europapolitik. Co-Fraktionschefin Katharina Schulze bezeichnete die Grünen als „absolut proeuropäische Partei“ und warnte vor einem Rückfall in den Nationalismus. Die Fraktion beschloss deshalb einen Antrag zur Abschaffung der als Folge der Flüchtlingskrise wiedereingeführten Grenzkontrollen zu Österreich. Um den europäischen Gedanken zu fördern, soll der Freistaat nach Ansicht der Grünen Projekte zum Jugendaustausch deutlich ausbauen.

In der Sozialpolitik fordern die Grünen bei der Auszahlung des neuen bayerischen Familiengeldes für mehr Gerechtigkeit. Zum einen beklagen sie die in bayerischen Kommunen unterschiedlich angewandte Praxis der Leistungsanrechnung auf Hartz-IV-Zuwendungen, zum anderen soll das Familiengeld nach den Vorstellungen der Grünen auch allen Pflegeeltern zustehen. Demonstrativ rührten die Grünen in Regensburg die Werbetrommel für das von der ÖDP initiierte Volksbegehren „Rettet die Bienen“, dessen Eintragungsfrist Ende Januar beginnt. Es enthalte viele wichtige Aspekte zum Schutz der Artenvielfalt in Bayern, erklärte Hartmann.

Die FDP hatte sich bereits Ende vergangene Woche in Beilngreis auf ihrer Klausur vorwiegend mit Themen der Wirtschaftspolitik befasst und dazu ein Positionspapier verabschiedet. „Die Politik muss sich wieder auf die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Bayerns konzentrieren“, erklärte Fraktionschef Martin Hagen. Im Einzelnen forderte die FDP unter anderem mehr Elan beim Kampf gegen den Fachkräftemangel, flexiblere Renteneintritte, ein Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild sowie bessere Kinder- und Pflegebetreuungen. Zudem brauche Bayern eine leistungsfähige digitale Infrastruktur. In dem Papier spricht sich die FDP für den Bau der dritten Startbahn am Münchner Flughafen und gegen Diesel-Fahrverbote in Städten aus. Für Unternehmen verlangten die Liberalen niedrigere Steuern und weniger Bürokratie.

Die AfD nutzte ihre Klausur laut einer Mitteilung für die Klärung organisatorischer Fragen beim Neuaufbau der Fraktion. Die Abgeordneten ließen sich demnach zudem von einem externen Sachverständigen über die möglichen Folgen der Einstufung der Partei als „Prüffall“ durch das Bundesamt für Verfassungsschutz informieren und diskutierten über mögliche Gegenmaßnahmen. Nach Angaben von Fraktionschefin Kathrin Ebner-Steiner sei das Treffen der 22 Abgeordneten „sehr harmonisch und konstruktiv“ verlaufen. (Jürgen Umlauft)

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